Zum zehnten Mal wurde gestern, am 20. Juni 2018, der European Prize for Urban Public Space verliehen. Im Zwei-Jahrestakt zeichnet er räumliche Situationen aus, die ein harmonisches Miteinander, Funktionsmischungen, nachhaltige Mobilität und partizipative Gestaltung ermöglichen. Nach Spanien und Polen, die sich den Preis 2016 mit den Obstgärten am Rand von Caldes de Montbui und dem Solidarność-Platz in Stettin teilten, geht der Preis dieses Mal nach Albanien. Gewinner der 279 Kandidaten aus 32 Ländern ist der Skanderbeg Platz in Tirana.
Der 100.000 Quadratmeter umfassende Platz ist 1939 zur Zeit der italienischen Besatzung Albaniens entstanden und nach dem Spitznamen des albanischen Nationalhelden Georg Kastriota benannt ist. Die Geschichte seiner Umgestaltung ist bewegt. Nachdem der Bürgermeister Edi Rama sie 2008 in Auftrag gab, dass der Platz nur noch für Fußgänger und öffentliche Verkehrsmittel zugängig sei, revidierte sein Nachfolger Lulzim Basha dies und ließ Fahrzeuge sogar die grüne Zone rund um das Reiterstandbild von Skanderbeg zerstören. 2016 ließ Bürgermeister Erion Veliaj den Vorschlag von Edi Rama mit einem neuen Projekt wiederbeleben, das von Kuwait finanziert wurde und drei Hauptziele hatte: Erstens eine Fußgängerzone zu schaffen und die Fahrzeuge in einer Tiefgarage zu verstecken. Zweitens alle denkmalgeschützten Gebäude rund um den Platz herauszustellen und drittens mehr Grün anzupflanzen.
Heute ist der Skanderbeg Platz eine reine Fußgängerzone, belegt mit Pflastersteinen in verschiedenen Tönen und aus verschiedenen Teilen Albaniens. Er hat eine leicht pyramidenartige Form, kleine Fontänen, deren Wasser das identitätsstiftende Farbspiel der Pflastersteine betont, sowie zwölf Gärten, die mit beweglichem Stadtmobiliar ausgestattet sind. Die Planung stammt von 51N4E (Brüssel).
Neben dem Preis vergab die Jury, der unter anderem der Direktor des Deutschen Architekturmuseums Peter Cachola Schmal angehörte, fünf Auszeichnungen an folgende Projekte:
- Die Cuypers Passage am Hauptbahnhof in Amsterdam (Niederlande) von Benthem Crouwel Architects (Amsterdam, Düsseldorf), wo ein neuer Fußgänger- und Fahrradtunnel mit verschiedenen Atmosphären – schwarz für die schnelle Durchwegung und bemalte Fliesen für die Stadtflaneure – entstand.
- Das Pilotprojekt „Poblenou Superblock“ in Barcelona, das Teil des Urban Mobility Plans (PMU) ist, der vom Stadtplanungsamt initiiert wurde. Dieser Plan beinhaltet die Neuorganisation des bekannten Stadtrasters von Ildefons Cerdá zu Mobilitätsräumen, die zugleich Raum für soziale Interaktion bieten. Der Bereich in Poblenou ist die erste praktische Umsetzung des Projekts. Spiel- und Sportplätze sowie temporäre Märkte und Stadtmobiliar wurden hier in Zusammenarbeit mit den Anwohnern realisiert.
- Eine temporäre Bühne in Dnipro (Ukraine), die in Zusammenarbeit der Bewohner mit mehreren Ngo‘s unter der Dachvereinigung STAGE СЦЕНА_community (Dnipro) auf dem ehemaligen Standort eines Theaters von 1930 entstand. Bezeichnend ist hier vor allem der Entstehungsprozess des sozialen Treffpunkts im Taras Shevchenko Park: in Selbstorganisation, durch Crowdfunding und Koproduktion.
- Der Zollverein Park Essen der Planergruppe Oberhausen, der seit mehr als zwanzig Jahren entwickelt wird und nun für die Öffentlichkeit zugängig ist. Geprägt von einer Landschaftsgestaltung, die wilde Vegetation zulässt, wurden in dem Park bestehende Industriebauten für kulturelle Zwecke saniert sowie Fahrradwege und Eisbahnen integriert.
- Die PC Caritas in Melle von De Vylder Vinck Taillieu (Gent) und BAVO (Gent), ist ein Freiraum, der eine psychatrische Klinik umgibt und als öffentlicher Raum genutzt wird. Hier wird durch verschwimmende Grenzen zwischen Innen und Außen ein ungewöhnliche Zugang und Gemeinschaftsraum für Angestellte, Besucher und Patienten geschaffen. Als räumliche Installation ist das Projekt aktuell auch auf der Biennale in Venedig zu sehen. (rc)
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