Utrecht gilt als fahrradgerechte Stadt. Bereits 2017 wurde entschieden, das historische Zentrum als „Zero Emission“-Zone umzuplanen. Trotzdem blieb die mehrspurige, innerstädtische Autobahn, die an der Stelle des Catharijnesingel Kanals entstanden war, mehr als 50 Jahre bestehen. Seit September 2020 fließt nun wieder Wasser durch den Kanal. Das langjährige Projekt, das nach Plänen von OKRA Landscape Architects (Utrecht) umgesetzt wurde, erhielt am 15. November 2022 den European Prize for Urban Public Space.
Der Preis wird zweijährig und nun schon zum elften Mal vergeben. Er würdigt „alle Arten von Arbeiten zur Schaffung, Wiederherstellung und Verbesserung des öffentlichen Raums in europäischen Städten“. Unter den prämierten Projekten war unter anderem 2018 der Skanderbeg Platz in Tirana. In diesem Jahr gab es eine Rekordsumme von 326 Einreichungen aus 35 Ländern. Der Fokus lag wie in so vielen Bereichen auf dem Thema Nachhaltigkeit. Die internationale Jury unter Vorsitz von Landschaftsarchitektin Teres Galí-Izard entschied sich dabei für die Wiederbelebung des Catharijnesingel Kanals in Utrecht.
Nach Angaben der Jury sei das Projekt ein Vorzeigebeispiel, wie europäische Städte zukünftig dem Klimawandel begegnen könnten. Durch die Wiederbelebung des Kanals wie auch dessen Ufer mit grünen Räumen wurden innerstädtische Frischluftschneisen wie auch CO2-Speicher generiert. Mehrere Holzplattformen ermöglichen die spontane Begegnung zwischen den Bewohner*innen, wodurch der Kanal als Aufenthalts- und Aktivitätenort belebt wird. Die 40 Millionen Liter Wasser auf 6 Kilometer Länge sollen nicht nur für den Menschen gestaltet werden, auch soll damit die Biodiversität zurück nach Utrecht gebracht werden. Das Büro berücksichtigte bei der Wahl der Bäume beispielsweise die Attraktivität für Bienen.
Die Jury würdigte neben dem Projekt in Utrecht vier weitere Arbeiten:
- Das Projekt FLOW kennzeichnet seit 40 Jahren das erste Freibad in Brüssel. Zusammen mit 50 jungen Menschen plante das Büro Decoratelier Jozef Wouters (Molenbeek-Saint-Jean) einen Ort, der ebenfalls einen öffentlichen Raum am Wasser schafft – und zwar durch Bottom-Up-Strukturen.
- Brendeland & Kristoffersen Architects (Trondheim) und die Ingenieure Price & Myers (London) stellten sich der Herausforderung der schnellen Urbanisierung unserer Städte. Indem sie den offenen Garten Hage als „hortus inclonclusus“ entwarfen, versuchten sie bereits vor der Entstehung eines neuen Viertels einen öffentlichen Treffpunkt zu ermöglichen.
- Zuvor von unzähligen Fahrzeugen bedeckt, wurde der Place Saint Sernin in Toulouse von neu gesetzten Bäumen in einer verkehrsberuhigten Zone befreit. Joan Busquets und Pieter-Jan Versluys von BAU (Barcelona) haben mit ihrem simplen Entwurf einen Katalysator für öffentliche Events hervorgebracht, der zudem das historische Erbe des Ortes zeigt.
- Der Community Garden Sporta pils darzi in Riga wurde von Artilerijas darzi (Riga) geplant. Das Büro verwandelte ein verlassenes Grundstück in einen Garten. Neue Typologien für kulturelle, soziale und produktive öffentliche Orte in Riga werden hier zum Best-Practice-Beispiel. (lb)
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Mehr Informationen zum Preis gibt es hier: European Prize for Urban Public Space