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04.07.2019

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Frontalangriff auf die Baukultur

Europäischer Gerichtshof kippt HOAI


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Seit 2015 haben die Bundesarchitektenkammer und die Bundesregierung im Vertragsverletzungsverfahren mit der EU gekämpft, jetzt ist die Sache gegen die Hoffnung vieler Planer*innen und auch gegen die Baukultur in Deutschland ausgegangen: Mit seinem heutigen Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht mehr verbindlich vorgeschrieben werden dürfen.

Wie die Bundesarchitektenkammer (BAK) mitteilt, begründet der Gerichtshof seine Entscheidung mit der 2006 verabschiedeten EU-Dienstleistungsrichtlinie. Gemäß dieser Richtlinie solle in einem freien europäischen Binnenmarkt der Wettbewerb grundsätzlich auch über den Preis möglich sein. Etwas anderes gelte nur, wenn das verbindliche Preisrecht zwingend erforderlich ist, um höherrangige Güter wie Leben oder Gesundheit zu schützen. Dass eine verbindliche Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen genau diese Anforderungen erfüllt und somit ein wichtiger Bestandteil einer ganzen Reihe qualitätssichernder Regelungen ist, hatte, so die BAK, die Bundesregierung in ihren Verhandlungen mit der EU ausführlich dargelegt. BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann verspricht, „die Gespräche mit dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium fortzuführen, um die Leistungsbilder und Honorarsätze der HOAI mit Zustimmung der Bundesländer zumindest als abgeprüften Referenzrahmen zu erhalten“.

Wie erwartet, hagelt es nun vielstimmige Kritik aus der Branche gegen die Entscheidung des Gerichtshofes. Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, sagt: „Das Urteil ist nicht nur ein herber Schlag für den Berufsstand der Architekten und Ingenieure, sondern auch für alle Verbraucher und Auftraggeber von Planungsleistungen“. Für Christoph Schild, den Präsidenten des Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V. (BDB) ist die Gefahr nun groß, dass sich Planende einen „ruinösen Unterbietungswettbewerb“ liefern. „Der deutsche Markt wird für Billiganbieter geöffnet. Man mag sich gar nicht ausdenken, wo und auf wessen Kosten seriöse Planungsbüros künftig sparen sollen, um diesen Wettbewerb zu bestehen.“, so Schild.

Wie fatal diese Entscheidung auch für kleinere und mittelständische Büros sein wird, hat der Architekt Eike Becker  in seiner lesenswerten Kolumne für den Baumeister zusammengefasst. „Viel zu häufig hat die Berufung auf diesen Schutzheiligen aller Architekten und Ingenieure unsere schüttere Verhandlungsposition in Vertragsgesprächen gestärkt und uns ein halbwegs auskömmliches Honorar beschert.“, schreibt er und nennt die Entscheidung „eine kolossale Fehlinterpretation der tatsächlichen Verhältnisse und ein wirtschaftspolitischer Frontalangriff auf die hiesige Baukultur“. Deutlicher kann man es nicht sagen. (fm)


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

18

solong | 11.07.2019 10:00 Uhr

pat - die unwissenden ...

... ewigen nörgler ... fakt ist eike becker engagiert sich über ..."das reine geld verdienen hinaus" ... für gute architektur ... und mit gut 30 mitarbeitern ... nun wirklich kein ..."planungskonzern" ... wie SOM, sweco, Aedas, Foster mit jeweils mehr als 1000 MA - also was sollen solch völlig unfundierte "neidkomentare" ??

17

Pat | 09.07.2019 12:46 Uhr

winkender Eisbär

ich bin immer noch ganz baff... da verlinkt das Baunetz auf einen Kommentar von Eike Becker, der sich jetzt zum Hüter der HOAI aufspielt. Als ob Planungskonzerne mit Projekten in einer Größenordnung, in der man Honorare frei verhandeln kann, deutscher Planeralltag wäre...
Da winkt der gut genährte Eisbär aus seinem Gummiboot seinen ausgehungerten Artgenossen auf der schmelzenden Eisscholle grinsend zu und paddelt erwartungsvoll in den HOAI-freien Sonnenuntergang.

16

joscic | 09.07.2019 08:49 Uhr

@@Josef Georg - Vielleicht erst mal bei sich selber anfangen

Vollste Zustimmung! Ich war vor nicht allzu langer Zeit (aber nicht lange) in einem Büro angestellt, wo der Inhaber im Stil eines Patriarchen seine eigenen Mitarbeiter und Partner regelmäßig einschüchterte und beschimpfte. Ich hätte nicht gedacht, daß es das noch so gibt! Schlechter Umgang ist anscheinend immer noch Teil der sogenannten "Deutschen Baukultur"

15

Josef Georg | 08.07.2019 20:44 Uhr

FRONTALANGRIFF AUF DIE BAUKULTUR!!!!!

Liebe Architekten,
ich sehe und höre euch nicht wenn ich auf eine regionale Baumesse gehe, der Bürgermeister durch ein geplantes Industriegebiet führt, ich bei der Infoveranstaltung zum neuen Infrastrukturprojekt bin. Streiter für die Baukultur? Nicht zu sehen, nicht zu hören. Ein Einwand zum Thema Baukultur wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan aufstellt? Noch nie gehört, es könnte sich daraus ja ein Auftrag ergeben, genug der Baukultur.
Vorschlag, Kulturvolk: Vielleicht erst mal bei sich selber anfangen. Wie wäre es mit regulären Arbeitszeiten? Einer gleichberechtigten Bezahlung von Frauen und Männern? Der Abschaffung des AIP/SIP-Ausbeutertums? Nein, bestimmt auch das ein Frontalangriff auf die Baukultur.
"Frontalangriff auf die Baukultur. Europäischer Gerichtshof kippt HOAI". Eine Zeile wie aus der Bild-Zeitung. Baukultur hat es außerhalb des Geltungsbereichs der HOAI nie gegeben, zu keiner Zeit. Immer noch verwundert, dass Ihr gesellschaftlich keine Rolle spielt, euch trotz solcher famosen Aussagen keiner hört? Na dann, Friede eurer Asche.
Josef Georg, Architekt

14

teuber, thomas | 08.07.2019 15:43 Uhr

volle Zustimmung

@mies antroph
Sehr guter Kommentar, allerdings mache ich mir wenig Hoffnungen, dass es in unserem Berufsstand zu einem Umdenken kommt.
Zu viele Idealisten die, in der Hoffnung zu großem Ruhm zu gelangen, Leistungen erbringen ohne sie sich honorieren zu lassen und damit bei Bauherren und Investoren den Eindruck verfestigen, dass der Architekt mit dem Mindesthonorar immer noch überbezahlt ist.

13

mies antroph | 05.07.2019 17:04 Uhr

das Schweigen der Lämmer

Die Mehrheit der Kommentatoren sind politische Analphabeten. Sie haben gar nichts verstanden. Der Wegfall der HOAI, die demnächst sinkende Baukonjunktur wird die Überpopulation der kleinen und Mittleren Büros vom Markt fegen. Es wird eine grausamen Verdrängungswettbewerb geben, wie in allen Ländern, die ihre Honorarordnungen abgeschafft haben, nur wird die Öffentlichkeit kein Notiz davon nehmen. Ihr werdet noch davon träumen Mindestsätze zu erhalten. Auch die großen Büros kommen demnächst in Schwierigkeiten, weil sie in den Preiskämpfen um lukrative Aufträge unterboten werden. Wenn es ums Geld geht, sinkt die Bedeutung von Referenzen. Leider werden Architekten offenbar nicht ausgebildet logisch zu denken, ganz zu schweigen davon politisch zu denken und zu handeln. Solidarität ist für uns ein Fremdwort. Die Ärzteschaft dürfte verständnislos den Kopf schütteln über soviel Naivität eines freien Berufsstandes.

12

AdrianF | 05.07.2019 12:33 Uhr

Chance

Eben....wieso nicht das ganze als Chance begreifen, dass gute Architektur und gute Baukukltur eben auch mehr Geld in der Planung bedeutet!

Jetzt werden wieder alle gegenhalten " am Ende entscheidet eh nur der Preis"...nein eben nicht, es gibt noch Menschen(auch potentielle Bauherren) die begreifen, dass hohe Qualtät Geld kostest und sich langfristig auch auszahlt.

Das erleben wir doch bei vielen anderen "Produkten" , wieso also nicht in der Architektur.

11

solong | 05.07.2019 10:12 Uhr

...jämmerliches...

... gejammer, derer die sich nie in der standesvertretung einbringen ... ja noch nicht mal das bisschen zeit aufbringen diese zu wählen ... ansonsten ist ja nicht die HOAI sondern lediglich die Mindest- und Höchst- Satz festlegung als nicht konform ... abgeurteilt worden ... übrigens von einem mitglied, das aus einem land kommt, in dem das organ durch und durch korrupt ist ... hilft aber nichts ... ist halt so ... habe immer noch die hoffnung, dass unsere zunft es irgendwann schafft ... zusammen zu stehen ... und nicht einige "schwarze schafe" für dumpinghonorare ... irgendetwas ..."hinzuhuddeln" ... you get what you pay for ...

10

Mitglied | 05.07.2019 09:57 Uhr

Kammer

Dann müssen jetzt die Kammern (auch BDA) eben mal ihre Arbeit machen und einen Entwurf bringen, wie die Baukultur trotzdem erhalten und den ArchitektInnen ein ordentliches und vor allem faires Einkommen gesichert werden kann.
(Wozu sind die eigentlich da?)

9

Anne | 05.07.2019 09:28 Uhr

Baukultur = Honorar?

Ich glaube nicht, dass man Baukultur an der Höhe der Honorare festmachen sollte. Seit vielen Jahren schon steht die HOAI als Grundlage zur Honorarberechnung meistens nur auf dem Papier, auf dem das Angebot geschrieben wird. Die ermittelten Werte werden möglichst niedrig pauschaliert, um im Wettbewerb bestehen zu können. Hier sollten wir die Lage wirklich als Chance begreifen und uns gemeinsam nicht regelmäßig runterhandeln lassen, weil ein anderes Büro es doch wieder billiger macht (und höchstwahrscheinlich kaum noch etwas daran verdient).

8

Florian Höll | 04.07.2019 22:15 Uhr

HOAI

aus sueddeutsche online:
"Für die Richter in Luxemburg ist klar, dass das deutsche System mit EU-Recht beziehungsweise mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht vereinbar ist. Demnach dürfen Mindest- und Höchstpreise nur unter bestimmten Bedingungen gelten. Sie müssen zwingend notwendig sein, etwa um höherrangige Güter wie Leben oder Gesundheit zu schützen. Sie müssen verhältnismäßig sein, sie dürfen andere nicht diskriminieren. Die Richter sehen in der HOAI jedoch einen Widerspruch. Einerseits könne diese dabei helfen, die Qualität am Bau zu sichern und einen ruinösen Preiskampf zu vermeiden. Andererseits könnten in Deutschland ja auch andere Dienstleister und nicht nur Architekten und Ingenieure die entsprechenden Leistungen erbringen, ohne ihre fachliche Eignung nicht nachweisen müssten. Die Richter denken dabei offenbar an Bauträger und Generalplaner. Wolle man aber die Qualität am Bau sichern, müsse man nicht die Preise regulieren, sondern regeln, dass alle Bauplaner einen bestimmten, garantierten Wissensstandard vorweisen können. Es reiche aus, Listen mit üblichen Preisen für bestimmte Leistungen zu veröffentlichen, um Verbraucher zu schützen. Dann könnten Kunden vergleichen, was auf dem Markt gezahlt wird (Rechtssache C-377/17)."

Genau so ist es! Bauträger und Generalplaner erbringen Dienstleistungen. Architekten erbringen Planungsleistungen. Und das hat unsere Standesvertretung sehenden Auges verkackt.

7

Isabell | 04.07.2019 19:26 Uhr

An einem Strang

Vielleicht muss man auch einmal das Positive sehen: Wenn jetzt alle Architekten an einem Strang ziehen und sich nicht auf faule Honorare einlassen, sondern kollektiv 20Prozent draufschlagen, wird es vielleicht nur besser. Unsere Nachbarländer haben alle keine Honorarvereinbarungen und dort gibt es trotzdem so etwas wie Baukultur. Und die Architektur die dort entsteht ist oftmals besser als hierzulande.

6

rabl | 04.07.2019 19:14 Uhr

frontalangriff ad 2 dom

ja, "ab und zu nebenbei etwas architektur".
der beruf ist eine totale herausforderung, die architekt//inn/en voll fordert und der dom offensichtlich nicht gewachsen ist. und die zu errwartenden ergebnisse von "ab und zu nebenbei" sind dann schlichtweg dilettantisch und und belasten das öffentliche bild der architekten zusätzlich. da sind mir ein paar beispiele von kolleg/inn/en bekannt.

5

ixamotto | 04.07.2019 19:11 Uhr

angestellte architekt*innen

den angestellten architekt*innen ist jetzt nur zu raten, sich endlich gewerkschaftlich zu organisieren, betriebsräte zu wählen (wo es die bürogröße des arbeitgebers zuläßt) und für tarifvertraglich gesicherte arbeitsbedingungen und löhne zu streiten. einfach absurd, wie viele immer noch an das "gemeinsame projekt" glauben oder daran, dass sie es schon schaffen werden, sich auch mal selbstständig zu machen, während sie sich in wirklichkeit in einem klassischen ausbeutungsverhältnis befinden und die träume und profite anderer aufs papier bringen. solidarisiert euch als das, was ihr seid: arbeitnehmer*innen.

4

Markus | 04.07.2019 17:43 Uhr

Österreich war da früher dran

Immerhin hat Deutschland 13 Jahre länger durchgehalten als Österreich. Die HOA wurde hier bereits mit Ende 2006 auf Druck der EU Kommission außer Kraft gesetzt. Wäre interessant zu wissen wie sich die Honorare tatsächlich seit damals entwickelt haben.

3

Davide | 04.07.2019 17:32 Uhr

Chance

Hoffentlich begreift man den Moment als Chance, generell neu über die finanziellen Rahmenbedingungen des Berufsstandes nachzudenken.

Am Besten zur Abwechslung auch mal unter Berücksichtigung der Situation der angestellten Architekten, der immer umfangreicher werdenden Leistungen, dem Verhältnis zu anderen Baubeteiligten usw. Da liegt generell einiges im Argen.

2

Dom | 04.07.2019 17:06 Uhr

Adé

Zum Glück bilde ich mich gerade aus, um den Beruf eines Architekten zu verlassen. Zu viele Stunden, viel zu wenig Honorar dafür. Leider lachen alle anderen Branchen, wenn man denen erzählt man würde 3 Monate lang einen Wettbewerbsentwurf erarbeiten, wird dann natürlich nicht ausgewählt, und die ganze Arbeit und hundert bzw. tausende Stunden Architektenarbeit wird in die Tonne geworfen, natürlich ohne jegliche Entschädigung. Welch anberer Beruf lässt sich so veräppeln? Na prost und dankeschön, ich mach lieber Berufswechsel und mach ab und zu nebenbei etwas Architektur.

1

Meyer, Hans | 04.07.2019 16:08 Uhr

EUROPA

Na dann mal gute Nacht, Baukultur du warst eh schon am Boden. Jetzt gibt man dir den Rest.

 
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