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17.10.2016

Vermarktungsbedenken aus dem Off

Europacity-Wettbewerb in Berlin entschieden


Europacity Riverside: Was Marketingnarrative betrifft, wird an den Ufern des „Rivers“ – dem Spandauer Schifffahrtskanal im Zentrum Berlins – aus dem Vollen geschöpft. Eigentlich unnötig übertriebene Werbung, denkt man, hier sollte es doch keine Vermarktungsbedenken geben: Attraktive Wasserlage, optimale Verkehrsanbindung, Innenstadtlage in Berlins fiktivem Zentrum um den Hauptbahnhof sowie mit dem Hamburger Bahnhof Berlins Museum der Gegenwart in der Nachbarschaft – die Europacity gehört für Investoren zweifelsohne zu den attraktivsten Entwicklungsgebieten der Stadt.

Anfang 2016 kauften die britische Beteiligungsfirma Benson Elliot und der Berliner Immobilieninvestor Kauri CAB Development in einem Joint Venture acht Grundstücke im nordöstlichen Wohngebietsteil der Europacity. Auf den insgesamt vier Grundstücken ihres als „Riverside“ vermarkteten Teilprojekts soll ein Mix aus 700 neuen Wohnungen (44.000 Quadratmeter), Büros (10.000 Quadratmeter), Einzelhandel, Restaurants und einer Kindertagesstätte entstehen – ein „lebendiges Quartier mit urbanem Charakter im Herzen von Berlin“, wie es im Marketingjargon heißt.

Für drei Baufelder – ein Baufeld ist Gegenstand eines anderen Wettbewerbsverfahren – lobten BE und KCD im März 2016 einen Wettbewerb aus, dessen Ergebnisse nun bekanntgegeben wurden. Unter den 13 Einreichungen der 14 geladenen Büros hat die Jury unter dem Vorsitz der Architektin Ulrike Lauber (Lauber + Zottmann) für die einzelnen Baufelder folgende Preise vergeben:
 
Bearbeitungsbereich A – „Block am Park“

 
Bearbeitungsbereich C – „Block am Stadtplatz“
 
Bearbeitungsbereich D – „Haus am Wasser“
 
Dass die Europacity kein Testfeld für experimentellen Wohnungsbau ist und hier für eine möglichst risikofreie Vermarktung eher der Massengeschmack einer internationalen, wohlhabenden Mittelstandsklientel bedient werden muss, ist offensichtlich und wird nicht nur im Projekttitel manifest. Die Rahmenbedingungen der Auslobung und die Auswahl der Projekte sprechen konsequenterweise nicht unbedingt für Experimentierfreude und Risikobereitschaft des Auslobers. Eine Innovation für den Berliner Wohnungsbau, die sich der eine oder die andere in der Jury sicher gewünscht hätte, war hier auch nicht zu erwarten.

Vor diesem Hintergrund wirkt es fast etwas kühn, sich im Bearbeitungsbereich „Block am Stadtplatz“ für den Entwurf von Robertneun Architekten mit seiner unfertigen Sichtbetonskelett-Ästhetik und seinem modularen Ordnungssystem zu entscheiden. Das fanden wohl auch Vertreter auf Seiten der Investoren, denn nach einer Überarbeitung und ersten Verhandlungen mit dem Preisträger entschieden sich die Auslober, die bis dahin drittplatzierten KSP Jürgen Engel Architekten für den Block am Otto-Weidt-Platz zu beauftragen. Den Block am neu entstehenden Park werden gemäß dem Urteil der Jury Cramer Neumann Architekten weiter bearbeiten, den Solitär am Wasser zanderroth architekten.

Wie kam es zur Entscheidung des Auslobers, der Richtlinie für Planungswettbewerbe, nach welcher der Wettbewerb ansonsten minutiös durchgeführt wurde, in letzter Konsequenz nicht zu folgen? Nils Buschmann vom Büro Robertneun nennt die Unzufriedenheit des Endkunden mit dem ästhetischen „Ausdruck ihres Entwurfes“ als Möglichkeit. „Sachlich zwingende Gründe“, die laut der Richtlinie zur Abweichung vom Urteil der Jury nötig wären, wurden dem Büro nach Aussage von Buschmann bisher jedenfalls nicht differenziert mitgeteilt.

Eigentlich sollten solche Gründe nach einem sachkundigen Preisgericht auch ausgeschlossen werden können. Für die Jury, der unter anderen die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, Matthias Sauerbruch (Sauerbruch Hutton), Ingo Kanehl (ASTOC Architects and Planners), und Dörte Gatermann (Gatermann + Schossig) angehörten, ist der Ausgang des Verfahrens damit sicherlich eine etwas unglückliche Angelegenheit.

Dass ein Projekt, das vom Preisgericht im Kontext des Berliner Wohnungsbaus als vielversprechend beschrieben wird und das laut Protokoll deutlich aus dem Feld der Arbeiten hervorsticht, trotz eines 1. Preises ausscheidet, ist nicht nur schade für das Projekt. Dass die Regeln eines Wettbewerbs anscheinend aus  Vermarktungsbedenken ausgesetzt werden, ist höchst bedenklich und untergräbt die Legitimität von Auswahlverfahren und Preisgerichten. (df)


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„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

„Block am Park“, 1. Preis: Cramer Neumann Architekten

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