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13.02.2003
Kirchen nicht zu Kaufhäusern machen
Erzbistum Berlin plant Abriss von Düttmann-Kirche
Große Aufregung in Berlin: Der örtliche „Tagesspiegel“ hatte in seiner Ausgabe vom 13. Februar 2002 gemeldet, die katholische Kirche plane, im Zuge von Sparmaßnahmen 97 Kirchen in Berlin abzureißen. Um eine zweckentfremdende Nachnutzung, etwa als Diskothek oder Kaufhaus, nicht dulden zu müssen, wolle man die Kirchen lieber vor dem Verkauf abreißen. Dies hatte zu Empörung und der Befürchtung geführt, die Kirche wolle eine Vielzahl stadtbildprägender Gotteshäuser zerstören.
Der Pressesprecher des Erzbistums Berlin, Andreas Herzig, bezeichnete gegenüber dem BauNetz diese Tendenz als großes Missverständnis der „Tagesspiegel“-Autorin. Richtig sei, dass die Anzahl der katholischen Pfarrgemeinden in Berlin von 207 auf 110 reduziert werden solle, diese Zahl hätte die Autorin auf 97 Kirchengebäude hochgerechnet. Die Zusammenlegung von Gemeinden werde hauptsächlich aus Gründen der Personaleinsparung verfolgt; es müssten wegen der schlechten Haushaltslage des Bistums ca. 300 Stellen in den Gemeinden abgebaut werden. Die zusammengelegten Gemeinden sollten jedoch in der Regel die bisherigen Kirchengebäude in Benutzung halten; es sei nichts Ungewöhnliches, dass eine Kirchengemeinde mehrere Kirchen besitze. Bei zu verkaufenden Grundstücken handele es sich vielmehr hauptsächlich um Wohnhäuser und Gemeindezentren.
In Ausnahmefällen könnten allerdings bei schrumpfender Gemeindeentwicklung auch Kirchengebäude aufgegeben werden. Als Beispiel nannte Herzig die Situation in Berlin-Kreuzberg, wo vier große Kirchen „in Sichtweite“ zueinander stünden. Da bei der Kirche St. Agnes Sanierungsbedarf bestehe, werde man hier wegen der negativen Entwicklung der Gemeinde keine Millionenbeträge investieren. Auf Nachfrage des BauNetz konkretisierte Herzig, dass man plane, diese Kirche abzureißen.
Die Kirche St. Agnes wurde 1964-66 vom damaligen Senatsbaudirektor Werner Düttmann errichtet und ist in allen einschlägigen Berliner Architekturführern als herausragendes Beispiel modernen Kirchenbaus verzeichnet. Sie steht allerdings nicht unter Denkmalschutz. Das Kirchenschiff ist Teil eines Ensembles aus Gemeindehaus und Kindergarten.
Zur Weigerung, eine Umnutzung aufgegebener Kirchen zu Diskotheken oder Kaufhäusern zuzustimmen, führte Herzig gegenüber dem BauNetz aus, man wolle „diesem Reiz nicht nachgehen“, weil man in anderen Diözesen damit schlechte Erfahrungen gemacht habe. Dies sei inhaltlich gemeint und in keinster Weise auf ein bestimmtes Kirchengebäude gemünzt gewesen.
Inzwischen habe er auch durch hausinterne Kunsthistoriker den Hinweis erhalten, dass der Abriss von Kirchen unter Umständen mit dem Denkmalschutz kollidiere.
Fotos: Werner-Düttmann-Archiv der Akademie der Künste, Lücking/Lommatsch
Zum Thema:
Homepage des Erzbistums Berlin mit aktueller Erklärung auf der Startseite www.erzbistumberlin.de
Artikel des Tagesspiegel „Bistum opfert seine Kirchen“
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