Zauberei! Im französischen Saint-Germain-en-Laye lassen Hertweck Devernois Architectes Urbanistes den Erweiterungsbau eines Einfamilienhauses unter der Erde verschwinden. Das Haus PLJ ist das erste realisierte Projekt des Büros mit Sitz in Versailles und Remagen.
Unweit der Altstadt betteten die Architekten ihren Neubau unmerklich in das 2.400 Quadratmeter große Gartengrundstück des Bestandshauses. In der historisch gewachsenen 40.000-Einwohner-Stadt, die außerdem von einem großen Waldgebiet geprägt ist, gelang es Hertweck Devernois, scheinbar widersprüchliche Anforderungen umzusetzen: Natur erhalten und gleichzeitig bauen, Wohnfläche schaffen.
Die Idee „Architektur verschwinden zu lassen“ reizte die Architekten besonders. In ihrem Entwurf sehen sie Parallelen zu den Arbeiten des italienischen Avantgardekünstlers Lucio Fontana, der durch seine Schnittbilder weltbekannt wurde. Wie Fontana in Oberflächen schnitt, schnitten die Entwerfer hier in die Erde, um das Raumprogramm in der Topografie zu integrieren. Visuell greifen Sie so kaum in den Bestand ein. Nur dadurch, dass die Erweiterung weder vom öffentlichen Raum noch von Google Earth aus zu sehen sei und dass außerdem keine versiegelten Flächen entstünden, hatten die jungen Architekten das Bauamt überzeugen können.
Ihr Vorgehen erinnert an das Prinzip eines beliebten Gestaltungsmittels der englischen Gartenkunst des 18. Jahrhunderts: der Ha-Ha oder auch Aha. Ein trockener, deutlich unter dem Geländeniveau liegender Grenzgraben mit steiler Böschung, der von der Ferne aus nicht erkennbar sein sollte, um das Landschaftsbild nicht zu stören. Beim Herantreten sorgte er regelmäßig für Verblüffung bei Besuchern, die die Konstruktion erstaunt mit „Aha“ bzw „Ha-Ha“ kommentierten.
Das Haus mit „Aha“-Effekt erweitert den Bestandsbau von knapp 100 Quadratmeter auf 420 Quadratmeter Wohnfläche. Unter einer mit 60 Zentimetern Erde überschütteten Stahlbetondecke beherbergt es einen fließenden Wohnraum- mit Koch-, Ess- und Spielbereich. Getragen wird die Konstruktion von 25 schlanken Stahlstützen, die in die insgesamt 32 Meter lange Fassade integriert wurden. Die Spannweite beträgt bis zu acht Metern. Klar, dass auch die Bewohner in die Erde abtauchen müssen, wenn sie das Haus erschließen. Dies geschieht direkt von der Straßenseite aus über eine Treppe. Erst durch den Anbau gelangen sie in das bestehende Haus, in dem Schlafbereiche und Badezimmer untergebracht sind. (lr)
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ile wile | 06.06.2014 14:35 UhrBaumhaus
@ georg:
Es ist wohl die Rede von nicht vorhandenen, versiegelten Oberflächen. Die Grünflläche wurde ja nicht reduziert, nur wird da nun kleineres wachsen können.
Ein stimmiges Konzept und eine schöne Geste um den Baum. Da würde ich sofort wohnen wollen. Nur der Eingangsbereich scheint mir nicht sehr gelungen: Zu kleine Vorzone, und man steigt hinab ins dunkle Loch.