Am nördlichen Ufer des Bodensees, direkt gegenüber der Insel Mainau liegt das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen. Gegründet 1922, gehört es zu den ältesten Freilichtmuseen in Europa. Die rund 300.000 Besucher*innen jährlich können hier 23 rekonstruierte Pfahlbauten besichtigen sowie eine Ausstellung über die unterschiedlichen Bautechniken und das Leben in der Stein- und Bronzezeit sehen.
Der erste Museumsbau stammt aus dem Jahr 1934. Ihm wurde 1996 ein zweites Gebäude mit Ausstellungs- und Depotflächen, Büro-, Forschungs- und Vortragsräumen zur Seite gestellt. Der Entwurf stammt von Ellensohn Architekten aus Friedrichshafen. Nun ist ein drittes Gebäude von a+r Architekten (Stuttgart) hinzugekommen, das aus einem Wettbewerb von 2018 hervorgegangen war.
Der Neubau erweitert das Ensemble nach Osten. In einer ersten Bauphase waren die bestehenden Gebäude saniert und so umgebaut worden, dass das Volumen direkt daran andocken konnte. Eigentlich sieht der Entwurf von a+r zwei Gebäude vor, die sich um einen mittigen Museumshof legen. Für diesen zweiten Neubau fehlt allerdings aktuell noch die Finanzierung, sodass zunächst nur einer der beiden Flügel realisiert werden konnte. Der Museumshof bleibt also erst einmal nach Osten hin offen. Auch der flache Foyerpavillon wird noch nicht – wie vorgesehen – von beiden Seiten durch Neubauten gerahmt. Der Museumsdirektor Gunter Schöbel spricht zuversichtlich von einem „Schmetterling“, dem vorerst ein Flügel fehle.
Folgt man jedoch den Erläuterungen der Architekt*innen, diente nicht etwa ein Schmetterling als Hauptinspiration, sondern jene prähistorischen Einbaum-Boote, mit denen man von Pfahlbau zu Pfahlbau paddelte. So wie die Menschen früher ihre Boote an Land zogen und umdrehten, um Ausrüstungsgegenstände unter ihnen zu schützen, so sei jetzt die große Ausstellungshalle zu lesen, die den Ausstellungsobjekten Witterungsschutz gebe, erläutern a+r.
Tatsächlich offenbart sich diese Assoziation im Inneren, wo sich unter dem zwölf Meter hohen Holzdach – partiell mit Stahlträgern und Stahlstützen verstärkt – eine lange, helle Halle mit Galeriegeschoss öffnet. Das Gebäude musste speziell gegen Hochwasser gesichert werden und steht auf 81 Betonpfählen, die bis zu 25 Meter tief in die Erde gegraben sind. Das Fundament besteht aus Beton, der Hochbau fast vollständig aus Holz, was neben einer ökologischen Bauweise auch ein hohes Maß an Vorfertigung und damit eine Bauzeit von nur 18 Monaten möglich machte.
Mit dem Museumsbau von 1934, der auf einem Streifenfundament steht, und dem schlanken Museumsbau von 1996 habe man nun ein „gewachsenes Ensemble, das glücklich funktioniert“. Satte 1.300 Quadratmeter Nutzfläche hat man so hinzugewonnen, zudem eine verbesserte Besucherführung, da der Rundgang durch die Ausstellungen und über das Gelände nun in der großen Halle beginnt und auf dem Galeriegeschoss darüber endet.
Obwohl das Pfahlbaumuseum mit dieser Erweiterung bestens funktioniert, soll der noch fehlende zweite Flügel doch gerne noch folgen – falls man ihn finanzieren kann. Von den bisherigen Baukosten in Höhe von 14,4 Millionen Euro hat der private Trägerverein über Spenden 12 Millionen Euro selbst getragen. Im Bebauungsplan jedenfalls ist der zweite Schmetterlingsflügel bereits genehmigt. (fh)
Fotos: Werner Huthmacher, Achim Mende
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Olli | 13.07.2024 10:16 UhrRealität?
Warum müssen solche Fotos so aussehen als sind es Renderings?
Ist es notwendig das wir bauen?
Wo bleibt der Dreck dieser Welt?
Alles sauber und jetzt?