Es ist der erste seiner Art – dafür kommt der Architekturpreis für den ältesten Baustoff der Welt wirklich ganz schön spät: Mit dem Terra-Award wird tatsächlich 2016 zum ersten Mal ein internationaler Preis für zeitgenössische Lehmarchitektur verliehen. Die Jury unter Vorsitz von Wang Shu vergab unter den 40 Finalisten neun Preise und 20 Anerkennungen – darunter nur wenige der üblichen Vorzeigeprojekte. Vielmehr vereint die ersten neun Terra-Award-Projekte eine unaufgeregte Selbstverständlichkeit, als wären sie schon immer dagewesen:
- 21th Century Vernacular House, Wohnhaus in Ayerbe, Spanien, 2014
von Angels Castellarnau Visus
- Great Wall of WA, Pilbara, West Australien
von Luigi Rosselli
- Gymnasium in Païamboué, Neukaledonien
von André Berthier, Joseph Frassanito und Espaces Libres (K’ADH)
- Ambepussa Bibliothek und Gemeindehaus, Ambepussa, Sri Lanka
von Robust Architecture Workshop
- Zentraler Markt in Koudougou, Burkina Faso
von Laurent Séchaud und Pierre Jequier
- Jahili Fort, Instandsetzung und Umnutzung, Al Ain, Abu Dhabi
von Ziegert | Roswag | Seiler Architekten Ingenieure (ehemals Roswag & Jankowski Architekten)
- Himmelstreppe und Stadt des Orion, Marokko
von Hannsjörg Voth
- SECMOL Schulneubau in Leh, Indien
von Sonam Wangchuk und Studenten
- Wiederaufbau eines vom Erdbeben zerstörten Dorfes, Ma’anqiao, China
von Mu Jun, Edward Ng, Zhou Tiegang, Wan Li, Ma Jie
Einer fehlt noch: Lehmbauexperte
Martin Rauch vom Vorarlberger Studio Lehm Ton Erde Baukunst (Schlins) wird für seine Stampflehmfassade des Ricola-Kräuterzentrums von Herzog & de Meuron in Laufen mit einem Sonderpreis in der Kategorie Technische Innovation ausgezeichnet. In Elementen in einer benachbarten Halle vorfabriziert und getrocknet, wurde die selbsttragende Stampflehmfassade vor Ort zusammengefügt. Der Ton stammte aus einem Umkreis von zehn Kilometern und wurde in einem mechanisierten Verfahren verdichtet. Martin Rauch sei ein „Zauberer des Stampflehms“, der mit seiner Arbeit neue Perspektiven eröffne.
Dass der Preis längst überfällig war, zeigt vor allem Preisträger
Hannsjörg Voth mit seiner Himmelstreppe (1980–1987) und der Stadt des Orion (1997–2003), in diesem Sinne zwei fast schon historische Lehmbauten. Der deutsche Künstler hat 25 Jahre in der marokkanischen Wüste gelebt und dort faszinierende Groß-Kunstwerke aus Stampflehm errichtet, die eigentlich zerfallen sollten. Seit 2011 setzt sich Voth für ihre Erhaltung ein.
Auch die Anzahl der Bewerbungen (357 aus 67 Ländern) beweist das weltweite Interesse. Koordiniert wurde der Terra-Award übrigens von der Architektin, Autorin und Kuratorin Dominique Gauzin-Müller, die sich auf Holzbau und Nachhaltigkeit in der Architektur spezialisiert hat. 2007 erhielt sie für ihre Forschung den Prix Dejean der französischen Architekturakademie.
Die Preisverleihung fand im Juli auf dem Terra-Weltkongress in Lyon statt. Hoffentlich wird auf dem nächsten Kongress, der in vier bis fünf Jahren stattfinden soll, der zweite Terra-Award verliehen. Auf der Webseite sucht man immerhin schon nach neuen Projekten.
Zum Thema:
www.terra-award.org
Mehr über die neuen Möglichkeiten im Lehmbau in der Baunetzwoche#267 „Die Lehmmoderne“ und über die Bauskulpturen in der Wüste von Hannsjörg Voth in der Baunetzwoche#222
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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gerard | 17.08.2016 16:26 Uhrvoth
der fairness halber sollte man noch anmerken, dass die Idee von voth war, geplant hat aber sein schwiegervater amslinger, architekt in muenchen.