Von Nadin Heinich
Schon von weitem fällt der goldene Turm ins Auge. Am 9. Mai eröffnet die Fondazione Prada in Mailand, für die Rem Koolhaas eine ehemalige Destillerie im Süden der Stadt umgebaut hat. Sieben bestehende Gebäude wurden um drei Neubauten erweitert: Podium, Cinema und Torre – eine zweigeschossige Halle, in der zur Eröffnung antike Skulpturen gezeigt werden, ein Kino, das innerhalb von zwei Tagen und mit zwei Personen in eine offene Bühne umgewandelt werden kann, und ein noch im Bau befindlicher Turm, in welchem die dort gezeigten Ausstellungen durch große Fenster in den obersten Geschossen weit in die Stadt hinein sichtbar sein sollen. Der goldene Turm – the Haunted House – ist ein Teil des Bestandes, an dem abgesehen von der Fassade so wenig Veränderungen wie möglich vorgenommen wurden.
Die komplexe Anlage eröffnet eine Vielzahl kuratorischer Möglichkeiten, das Raumprogramm wurde in enger Zusammenarbeit mit Prada entwickelt. Dabei wurden die meisten Räume nicht für spezielle Kunstwerke konzipiert – abgesehen von einigen Arbeiten von Robert Gober im Haunted House und der großartigen Installation „Processo grottesco“ von Thomas Demand im Untergeschoss des Cinema, die nicht nur die Fotografie „Grotto“, sondern auch seine umfassenden Recherchen zu Grotten mit Fotos, Büchern etc. und dem beeindruckenden, 36 Tonnen schweren Papiermodell umfasst.
Aluminiumschaum, Glas, schwarzer Travertin, ein in Gold verkleideter Turm – Koolhaas ging es bewusst nicht um einen Kontrast, sondern um die kontinuierliche Überlagerung der Interaktion von Alt und Neu. So ist der goldene Turm auch eher ironisch zu verstehen – er ist eine billigere Lösung im Vergleich etwa zu Marmor oder manchen Farben. So wie Prada nicht Versace oder Gucci ist. Es geht Miuccia Prada nie darum, eine Frau „schön“ anzukleiden, ihre Kollektionen sind vielmehr intellektuelle Reflektionen über die Rolle der Frau heute. Von Saison zu Saison erschafft sie ihre eigene Welt und führte Prada, gemeinsam mit ihrem Mann Patrizio Bertelli, zu einem der wichtigsten, tonangebenden Modehäuser unserer Zeit.
Die spannende Frage ist, was die Fondazione Prada in Zukunft alles sein wird. Geplant sind, neben Ausstellungen, unter anderem eine Kinderakademie und eine Bibliothek. Zu wünschen ist, dass die Fondazione zu einem Motor für Mailand wird, eine Stadt, die nicht nur in der Mode von Paris und London überholt wurde. „It’s time to be bold“ war das Motto von Miuccia Prada für ihre leuchtende Frühjahr-Sommer Kollektion 2011, angesiedelt irgendwo zwischen „minimal Barock und Josephine Baker“.
Fotos: Bas Princen & Attilio Maranzano, Courtesy Fondazione Prada
Zum Thema:
Fondazione Prada, Largo Isarco 2, 20139 Mailand
www.fondazioneprada.org
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