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15.09.2021

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Weimarer Birkenhäuschen

Erlebnisportal von Helga Blocksdorf


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Sie waren immer schon als Kulisse gedacht, die Torbögen des klassizistischen Architekten Clemens Wenzeslaus Coudray an den Holzställen des Roten Schlosses in Weimar. Auch das unweit entfernte Borkenhäuschen, das Johann Wolfgang von Goethe 1778 im angrenzenden Park an der Ilm errichten ließ, ist eigentlich nur ein Bühnenarrangement.

Vom Borkenhäuschen zum Birkenhäuschen: Helga Blocksdorf (Berlin) hat nun den Coudray’schen Bögen einen zeitgenössischen Portalbau mit einer Verkleidung aus Birkenborke hinzugefügt – sozusagen in Kontinuität der örtlichen Kulturgeschichte der Staffage. Mit ihrem Entwurf für ein Aussichtstor auf der bestehenden Mauer von Coudray, das durch eine große Freitreppe erschlossen wird, gewann Helga Blocksdorf 2019 den Wettbewerb der Klassik-Stiftung Weimar für ein Kulturportal. Mit solch temporären „Erlebnisportalen“, so mittlerweile die offizielle Bezeichnung des Projekts, will man die Wahrnehmung eher unbekannter Sehenswürdigkeiten verbessern. Sie stehen an viel besuchten Stellen der touristischen Landschaft und sollen auf weniger populäre Orte und Bauwerke verweisen.

Die Idee eines Schaustücks führt Blocksdorf mit ihrem Team auch baukonstruktiv fort. Das Projekt ist ein Experiment mit dem historischen und heute recht ungewöhnlichen Baumaterial Birkenrinde. Eine helle und leichte Hülle aus natürlich gebogenen Borkenscheiben bildet die Außenhaut des Gebäudes. 225 Quadratmeter Fassadenfläche wurden so verkleidet. Die Wände dahinter sind aus 16 bis 18 Zentimeter breitem Kreuzlagenholz, das Pultdach ist aus dem gleichen, nur etwas breiteren Holzlamellensystem und mit Blech abgedeckt.

Das Material ließ Blocksdorf mit einer transparenten Lasur zur Verbesserung des Brandschutzes behandeln. Diese simple, leicht de- und remontierbare Konstruktion ragt in einer Breite von 16 Metern über der Coudray’schen Mauer hervor. Für bis zu fünf Jahre und ganzjährig nutzbar soll das Kulturportal sein. Ein Ausstellungsraum bietet 78 Quadratmeter Fläche. Dessen Decke reicht gut zehn Meter in die Höhe, in die sich effektvoll die umwölbte Ausstellungsplattform schiebt.

Wie sich die Birkenrinde im Laufe der Jahre in Kombination mit der Massivholzkonstruktion als Baustoff verhält, wird ein Forscher*innenteam der TU Braunschweig evaluieren. Beteiligt sind Mike Sieder vom Institut für Baukonstruktion und Holzbau, Elisabeth Endres vom Institut für Bauklimatik und Energie der Architektur sowie Blocksdorf selbst (Institut für Baukonstruktion). Das Team strebt dabei auch an, eine solche Konstruktion aus Birkenrinde auf Holz ohne zusätzliche Bauteilschichtungen in die gültigen Normengerüste zu integrieren. Aus dem temporären Schaustück an den Coudray’schen Staffagebögen soll also zumindest im Regelwerk auch ein dauerhaftes werden. (sj)

Fotos: Simon Menges, Ruben Beilby


Anm. der Redaktion: Die Coudray'sche Mauer ist zwar unweit des Stadtschlosses, jedoch befindet sie sich vor dem Roten Schloss, nicht vor dem Stadtschloss wie ursprünglich angegeben. Ebenso muss präzisiert werden, dass Clemens Wenzeslaus Coudray mit dieser einst Holzställe umhegen wollte, nicht Stallungen. Zudem hat sich die Redaktion verrechnet: Selbstverständlich ist der Dachfirst nur zehn Meter hoch, keine 15. Alle Fehler wurden korrigiert und es wurde die offizielle Bezeichnung „Erlebnisportal“ in den Artikel eingeführt.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

17

h.b. - baukultur in thüringen | 08.02.2023 17:53 Uhr

ein update aus weimar

als ob man es nicht hätte vorhersehen können, keine 15 monate nach fertigstellung des so hoch gepriesenen grotesken treppenbauwerks, ist selbiges schon wieder ein sanierungsfall. architektur ist (auch) kampf gegen das wasser. mfg, h.b.

16

JWvG | 04.12.2021 09:03 Uhr

Baukonstruktion

"Nichts ist schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß als das, was die Schüler wissen sollen."

15

dipl.-ing. dieter mueller | 07.10.2021 12:57 Uhr

manifestus

Ich sehe hier einen Baukörper, der mich mehr an Hermann Giesler als an Étienne-Louis Boullée erinnert.
Dieser Baukörper sucht selbst nach seinem Sinn. Er findet diesen womöglich im Weitblick, welchen er nicht allen Besuchern gestatten mag (DIN18040).
Mit seiner Konstruktionsweise versucht er sich in allem was aktuell Thema ist. Konstruktiver Holzbau, Nachhaltigkeit, Abstraktion der Historie.
Andere erkennen hier den Versuch des "green washing" und der "Geschichtsverfälschung". Egal, der Entwurf ist manifestus.

14

hans | 04.10.2021 21:47 Uhr

heiter

eine heiter priese weht von fern herüber - Mokkaduft im Birkenkleide.

13

fritz the cat | 20.09.2021 10:46 Uhr

nice

ein wirklich gelungenes Gebäude innen und außen finde ich.
Sehr schön entworfen und ausgearbeitet.
Bedenken über die Haltbarkeit kann ich nicht teilen, ich denke es altert auch in Würde wenn die Birkenhaut teilweise abgezupft wird.
Gratulation an das Team für die gelungene Umsetzung!

12

STPH | 16.09.2021 13:07 Uhr

....

Revolutionsarchitektur besteht gerne aus geometrischen Elementarkörpern. Hier der Kreis der Tonne und der diagonal geschnittene Würfel. Der ist hier nicht ganz erreicht in der Höhe, also einen entsprechenden Zipfel höher? Ein autonomer Birkenwürfel als Supermasse an sich, reduziert um...
Der würde das hin und her von vertikal und horizontal mit einem Schlag beenden und ganz frech alles beherrschen, so als wäre er zuerst da gewesen.

11

Ansgar Huckepack | 16.09.2021 11:49 Uhr

Sauber

Oh wie. schön das ist.

Eine wahre Poesie ist hier entstanden:
Ein verführerisch abstraktes Volumen setzt sich mit seiner samtweichen Haut dezent auf die Mauer.

Es lockt die neugierigen Passanten an und begleitet sie mit einer geschickt inszenierten und wunderschönen Treppe nach oben.
Die Öffnungsverhalten passen sich gekonnt dem Bestand an und machen den Innenhof zum erlebbaren Raum.

Das so etwas in Deutschland noch gebaut wird macht mich fast positiv sprachlos!!!

10

auch ein | 16.09.2021 08:11 Uhr

architekt

man läuft in einer schönen umgebung und umfeld in ein formal ganz seltsames teil rein um dann das drumherum auf bildschirmen zu sehen und eine treppe hochzugehen um das drumherum dann live zu sehen?

das ist schon sehr eine kopfgeburt. geschmackssache und wahrscheinlich auch daraus entstanden, dass -zig parteien mitreden durften....

die birkenfassade ist ja ganz nett aber eher für einen temporären bau geeignet. bis ca kopfhöhe wird es in kürzester zeit abgeratzt sein weil jeder dran rumfummelt (würde ich auch tun...) was es ist. und darüber hält es vermutlich auch nur ein wenig länger.

also BAUNETZ: nächsten september nochmal hin. dann wird man auch erfahren, wie das gesamte konstrukt (aus gebäude und idee) angenommen wurde.

9

Eidinger | 16.09.2021 06:52 Uhr

Weimar

Also wie jetzt, ist es temporär oder soll es "über die Jahre" evaluiert werden? Das passt irgendwie nicht zusammen. Was heißt denn "temporär", nur so 20 Jahre?

Als temporären, komplett reversiblen Aufbau finde ich es großartig. Als dauerhaften Buckel des Revolutionsgebäudes fände ich es sehr aufdringlich und in Sachen Proportion gänzlich unpassend.

8

genius loci | 15.09.2021 22:15 Uhr

Wunderbar

Ich gratuliere - sehr schöner Entwurf und sehr interessante Fassade.

7

Wirkung | 15.09.2021 21:35 Uhr

Wirkung

Warum musste jetzt hier auf einmal eine Wirkung erzeugt werden, die sehr viele Fragen aufwirft? Fragen auf Szenarien in Bezug auf die Maßstäblichkeit z.B, und deren Wirkungen aus drum herum. Man kann ja auch eine Wirkung erzeugen, wenn man das denn unbedingt so möchte, aus welchen Gründen auch immer, mit Kurven und Geraden in unterschiedlichsten Winkelstellungen, ohne dass danach viele Fragen aufkommen. Es ist nicht so ganz, was es sein hätte können. Kann man ja so denken :)

6

Marc Laugier | 15.09.2021 19:59 Uhr

Drauf und doch daneben

Coudray, war es als Durand-Schüler, dessen Lehrer wiederum Boullée war, verspätet gelungen hier auf deutschem Boden ein Stück Revolutionsarchitektur zu realisieren. Dieses Meisterstück ist nun komplett verschandelt. Sowohl Maßstab, Funktion und vor allem die Materialien sind dem Ort vollkommen unangemessen. Aber das Holz ist ja zum Glück eh dann bald durch...

5

kde | 15.09.2021 18:11 Uhr

klasse!

tolles Material für die Fassade, ich bin gespannt, wie es sich "entwickelt".
Kompliment!

4

Peter | 15.09.2021 17:38 Uhr

Außen hui - Innen...

Von außen sehr gelungen, inklusive der ungewöhnlichen "Fassade".

Aber der Innenraum wirkt merkwürdig und eher zufällig entstanden. Die fragwürdige "Möbelierung" tut ihr übriges dazu.

3

.,- | 15.09.2021 16:11 Uhr

Tolles Haus

Tolles Haus, tolles Konzept, tolles Material!
Bis in den Innenraum toll und konsequent durchgearbeitet.

Herzlichen Glückwunsch ans Team!

2

schlawuki | 15.09.2021 16:04 Uhr

oh!

oh, das ist aber schön!
jetzt kann der feinspitz natürlich meckern, das passt da nicht drauf und überhaupt...
ich finde es sehr gelungen, auch mit den materialien, der birkenrinde und den blickbeziehungen.

1

romanesco | 15.09.2021 15:52 Uhr

Birke

*MAGIC!*

 
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