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09.02.2021

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Zwischen Satire und Effekthascherei

Entwürfe für Amazon-Zentrale in Arlington von NBBJ


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Seit seiner Gründung im Jahr 1994 hat Amazon seinen Stammsitz in Seattle. Mit 40.000 Angestellten beeinflusst der Konzern von hier aus nicht nur den Onlinehandel, sondern auch die Stadtentwicklung. Er unterstützt medienwirksam soziale Projekte, zahlt aber kaum Steuern und erwirtschaftet seine Milliardengewinne nicht zuletzt auch auf dem Rücken der Kommune. Umso erstaunlicher wirkte das Schaulaufen von über 200 Städten in Nordamerika, die sich 2017 als Standort für die von Amazon geplante, zweite Unternehmenszentrale HQ2 beworben hatten. Weil die Auswahl als Wettbewerb angelegt war, überboten sie sich gegenseitig mit Versprechungen zu beschleunigten Baugenehmigungen, Steuervergünstigungen, und flankierenden Infrastrukturmaßnahmen. Immerhin waren 50.000 Jobs und Bauinvestitionen in Höhe von fünf Milliarden Dollar versprochen.

Ende 2018 gab Amazon dann bekannt, an zwei Standorten für jeweils 25.000 Mitarbeiter bauen zu wollen – in Arlington im Bundesstaat Virginia und in Long Island City im New Yorker Stadtteil Queens. Doch der Widerstand von Anwohner*innen und Lokalpolitik in New York war so hoch, dass erstmal nur in Arlington geplant wird. Vergangene Woche, mitten ins unfreiwillige Homeoffice vieler Menschen, drangen nun erste Entwürfe. Sie stammen von NBBJ, einem Planungsbüro, das mit über 800 Angestellten an 12 Standorten weltweit tätig ist und für Amazon bereits in Seattle geplant hat: Unter anderem drei kugelförmige Wintergärten mit vielen Pflanzen, Besprechungsräumen und Geschäften, die der Unternehmenszentrale ein naturverbundenes Gesicht geben sollen.

Mit dem Schlagwort „Natur“, vor allem aber mit architektonischer Effekthascherei will man nun Arlington erobern. Flankiert von drei 22-geschossigen Bürotürmen visualisieren NBBJ dort nämlich eine gläserne Doppelhelix, die mit den vielen buschigen Bäumen eher wie Satire wirkt. Doch die Zuschreibungen des Architekturbüros verorten den 22 Meter hohen, begehbaren Haufen an der Straßenecke im bierernsten Mediensprech: Das Projekt stelle das gesunde Arbeiten in den Vordergrund, feiere die Natur und beziehe die „Community“ auf mehreren Ebenen ein – von den Gehwegen bis zum Gebäude selbst, heißt es im Pressetext. Die bepflanzten Bereiche mit Wasserspielen sollen den Mitarbeiter*innen Naturerlebnisse bescheren sowie Kreativität und Wohlbefinden fördern. Dabei ist die baumbewachsene Helix nur der Pausenort, gearbeitet wird in den Bürotürmen drum herum. Diese wiederum sollen LEED Platinum-zertifiziert sein und zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. 2022 will Amazon mit dem Bau beginnen und 2025 fertig sein.

Für das Gelände sind ein 2,5 Hektar großer, öffentlicher Park mit einem Amphitheater und einem Artist-in-Residence-Programm angekündigt. Schließlich ist die Rede von Pavillons für kleine Läden und einem Food-Truck-Bereich, einer Kindertagesstätte, einem Hundeauslauf und einem 20.000 Quadratmeter großen Gemeinschaftsraum für Bildungsinitiativen samt individueller Nutzungen. Amazon inszeniert sich als verantwortungsvolles Gesamtpaket, als menschenzugewandter Glücksfall für die 240.000 Einwohner-Stadt Arlington, die nur eine Flussbreite von Washington D.C. entfernt liegt. Doch welchen Preis werden sie und ihre Bewohner*innen dafür bezahlen? Die Washington Post berichtet von 750 Million US-Dollar Subventionen, die Amazon vom Bundesstaat Virginia erhalten soll. Eine Baugenehmigung für die Doppelhelix ist noch nicht erteilt. (fm)

Zum Thema:

Mehr zum Thema in der BAUNETZWOCHE #546 „Amazon: Vom Buchhändler zum Städtebauer“.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

12

Rolf Battaglia | 20.02.2021 10:42 Uhr

Kommentarqualität

Da kommt nun mal tatsächliche Architektur auf den Tisch und erhält, wahrscheinlich eher politisch motiviert, miserlable Kommentare. So funktioniert die mitteleuropäische Mentalität!

11

latimer | 11.02.2021 18:48 Uhr

Greenwashing

Das ist doch wirklich absurd. Da bastelt sich Bezos ein Haus, das für ein paar hundert Angestellte einen extremen Aufwand betreibt, der woanders, in mindestens ebenso guter Art und Weise, mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze unterbringt.

Zwar bin ich nicht der Meinung, dass sich Architektur wegrationalisieren sollte, finde auch grüne Archietktur hochspannend, mag grüne Hochhäuser und grüne Interiors. Aber dieser Bau ist wirklich die absolute Spitze an "Greenwashing", die ich bis heute gesehen habe.

10

Christian Kringeldreher | 11.02.2021 08:33 Uhr

Architekturmodelle

Prix hätte noch eine Wolke oben drauf gesetzt - aber der Bauherr will ja zu den Sternen!
Genial das Forschungslabor auf Bild 2:
Hier werden jeden Tag frische Ideen für weitere Bauwerkskonstruktionen durch empatische Mitarbeiter aufs Tableau gelegt.
Hoch effizient, genial! Ich bestelle mir gleich bei Amazon ein Sack Hundeleckerli!

9

umba | 10.02.2021 13:45 Uhr

Doppelhelix

Hoffe Bezos bekommt trotz Abgang ein Büro in der Turmspitze. So können die unterbezahlten Arbeitskräfte ihm von allen Seiten beim Geldverdienen zuschauen.

Immerhin sorgt der neue Turm zu Babel schon hier für sprachliche Verwirrung…

8

Pekingmensch | 10.02.2021 09:05 Uhr

Samarra

Ich muss bei dieser Form weder an eine (Doppel-)Helix, noch an einen Hundehaufen denken, sondern eher an das Minarett der Grossen Moschee von Samarra im heutigen Irak. Ich glaube aber kaum, dass diese Assoziation so beabsichtigt war...

7

STPH | 10.02.2021 08:39 Uhr

sprechende Architektur,


ist ja heute üblich den Städtebau neben der Nutzlast zu gestalten, siehe Turm des neuen Bauhausarchivs in B. Da können dann hier die Büroturmwände umso kompakter und glatter ausfallen, ja müssen geradezu gesichtslos sein als Spiegel. Auf diese Arbeitsteilung fällt man leicht rein. Funktioniert also.
Die Büroturmwände sind mir fast noch zu zappelig.

Immerhin kann man einen Dialog erkennen. Warum nicht viel mehr Dialog zwischen verschiedenartigen Gebilden.

6

rabl | 09.02.2021 18:29 Uhr

neue realität?

ist das die neue realität für after-corona aus der sicht der krisenprofiteure des online-handels und ihrer willfährigen helfer:
- ein new tower of babylon mit phalluspotenzial
- die konsumverweigerer auf ihren bmx eingezäunt
- die wahrem consumer geniessen auf holzdecks die eleganten flaneure

5

auch ein | 09.02.2021 17:23 Uhr

architekt

das mit dem schaulaufen macht doch auch in D jedes kaff wenn sich ein ALDI ankündigt und platz will, "sonst gehen wir ins nachbardorf" und schon klappts.

aber sinnvoll wäre ja nicht nur 800 arbeitsplätze (was mir angesichts des bauvolumens komisch wenig vorkommt) sondern halt auch nen wohnungsschlüssel in die baumasse reingehört.

aber auch DAS funktioniert in D genausowenig obwohl gesetzlich verankert.für besondere gäste gibts besondere vergünstigungen.

und bei dem glashaufen denke ich auch eher an einen hund der noch nicht alles grüne fertigverdaut hat.....

4

Lars K | 09.02.2021 16:30 Uhr

Die Mechanismen

Das mit dem Schaulaufen der 200 Städte ist das unglaubliche daran. Wie ist Tesla nochmal nach Grünheide gekommen? Geht diese Rechnung für die Kommunen eigentlich jemals auf?

3

Selten | 09.02.2021 16:06 Uhr

kritisch

Über den Entwurf kann man ohne Frage vortrefflich streiten.

Spannend ist, dass dieser von Seiten der Redaktion so kritisch beurteilt wird. Gerne würde ich in Zukunft auch zu anderen Bauvorhaben/ Meldungen mehr derart kritische Statements zu gern verwendeten überhöhten Eigendarstellung und Prosatexten der Entwurfsverfasser wünschen. Vielen Dank.

2

alumnus TUBS | 09.02.2021 16:00 Uhr

Doppelhelix?

Hm.... also bei der Doppelhelix habe ich spontan irgendwie eine ganz andere Assoziation...

Kann aber auch daran liegen, dass wir sei ein paar Wochen einen Hund haben, wer weiß....

1

peter | 09.02.2021 15:38 Uhr

was für ein unglaublicher haufen

sch&$%&.

 
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