Es ist eine spezielle Typologie, die ab Mitte des 20. Jahrhunderts weltweit in vielen Stadtteilzentren gebaut wurde: mehrteilige Komplexe, die Gewerbeflächen mit öffentlichen Einrichtungen kombinieren. Einkaufsbummel im Bürgeramt sozusagen. Heute gähnen aus diesen Betonanlagen oftmals leere Schaufenster, wenn sie nicht, ähnlich wie in München, aufwendig umgebaut und aufgehübscht wurden.
Im australischen Ringwood, einem wohlhabenden östlichen Vorort von Melbourne, der in den vergangenen Jahren rasant gewachsen ist, versucht man sich an Letzterem, um den schachtelartigen Ursprungsbau des Eastland Town Centre aus den 60er Jahren zu neuem Leben zu erwecken. Geplant hat den Umbau das Melbourner Büro von ACME, die fast zeitgleich auch in Brisbane an einem Stadtteilzentrum gearbeitet haben. Anders als dort, wo es um eine Ergänzung ging, stand in Ringwood die vollständige Umgestaltung des Bestands auf dem Programm.
Grundlage ist ein Masterplan, der Ringwood mit einer „echten Stadtmitte“ ausstatten will: modernisierter Bahnhof, öffentlicher Platz, Restaurants, Stadtbibliothek, Kunstgalerie, Bildungsgebäude. 21 Millionen australische Dollar investierte der öffentliche Auftraggeber, die Queensland Investment Corporation. Entstanden ist ein 120.000 Quadratmeter großer Mischnutzungskomplex mit öffentlichem Platz, dem Eastland Town Square. In dessen Mitte ist, als Eyecatcher, ein Bau postiert, dessen Form an eine Tonscheibe erinnern soll. Er führt direkt in die unterirdischen Ebenen des Shoppingcenters.
Eingerahmt wird der Platz von zweigeschossigen Ladenfronten, an die sich ein 7.000 Quadratmeter großes Kaufhaus und am Kopfende die 3.100 Quadratmeter große Bibliothek mit Café und Galerie anschließen. Deren Fassade ist als Mosaik wabenförmiger Öffnungen arrangiert, sodass sie sich bei Dunkelheit in eine leuchtende Laterne verwandelt – ein optischer Ankerpunkt für das neue Herz von Ringwood.
Rundherum sind Parkhäuser mir 5.600 Parkplätzen angeordnet – wichtig für den Erfolg von Eastland, heißt es in der Projektbeschreibung. Zwar gibt es von öffentlicher Seite explizit den Wunsch nach einer fußgängerfreundlichen, weniger autozentrierten Struktur, doch wird in ganz Melbourne noch immer alles mit dem Auto erledigt. Zusätzlich zum Umbau des Bestands ist auf dem südlich gelegenen, fünfstöckigen Parkhaus ein Hotel entstanden. (kat)
Fotos: Michael Gazzola, ACME
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Mick | 05.04.2018 09:34 UhrAutofrei???
Aus den Bildunterschriften entnehme ich, dass »Der autofreie Komplex den Mittelpunkt des Stadtteils bildet, der fußgängerfreundlicher werden soll.« und dass »Rings um die Anlage ein Parkhaus hinter weißen Lamellen versteckt ist, damit die Anwohner ihr Auto stehen lassen.«.
Ein banales Einkaufszentrum mit riesigem Parkhaus somit als »Autofrei« zu deklarieren, ist ja wohl schon eine ziemliche Frechheit. Oder ist es in Melbourne derzeit (noch) üblich, mit dem Auto direkt durch das Einkaufszentrum und in die einzelnen Läden zu fahren?!
Am Rande noch ein Übersetzungsvorschlag für »Eyecatcher«: Auf gut Deutsch sagt man dazu »Blickfang«.