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28.11.2017

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Palladio im Sturm

Einfamilienhaus in Ostwestfalen


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„Wann beginnt das Digitale in der Architektur?“, fragte kürzlich in einem dicken Essay-Band das Canadian Center of Architecture mit Blick auf die frühen Jahre des Entwerfens am Computer, das oft auch erstaunlich analog vonstatten ging. Dieses Einfamilienhaus im Ostwestfälischen lässt sich da passenderweise wie eine Meditation zum Thema lesen. Die Formfindung wäre vielleicht auch noch am Zeichenbrett zu bewerkstelligen gewesen, aber die noch junge Geschichte der digitalen Architektur ist trotzdem unverkennbar präsent.

Was ist hier geschehen? Die Büros One Fine Day (Düsseldorf) und architektur-werk-stadt Balhorn Wewer Karhoff (Paderborn) haben den Grundtypus des historischen Hallenhauses zunächst in eine Flügelanlage transformiert und diese schließlich mittels Software derart gedehnt und gedreht, bis inmitten einer lose besiedelten Auenlandschaft dieses so wunderbare wie wundersame Wohnhaus entstand. Einiges an Architekturtheorie ließen die Büros dabei in ihr Gebäude einfließen: Das Grundmodul des Hauses soll Palladios Neun-Quadrat-Raster nach Rudolf Wittkower entsprechen, wobei das Zentrum des Gebildes wie bei einem historischen westfälischen Hallenhaus als Gemeinschaftsraum ausgeformt ist. Von dieser Mitte aus entwickeln sich die Flügel der Anlage, was wirkt, als sei ein Sturm in die Mauern gefahren.

In Grundriss und Schnitt ist das soziale Zentrum des Hauses komplex gedacht, hier befinden sich die Küche und der gemeinsame Wohn- und Essbereich. Er reicht über zwei Etagen und ist mit großen Fenstern zum Garten geöffnet. Als geometrischer Schnittpunkt der ausschlagenden Flügel verfügt er außerdem über eine verwinkelte Dachstruktur, die dank scharfer Kanten im weißen Putz auch an der Decke zu erkennen ist. In den gebogenen Extremitäten sind wiederum die intimeren Bereiche des Wohnhauses untergebracht, was anhand von kleinen Fensteröffnungen auch auf der Fassade ablesbar ist.

So vielschichtig die Gebäudefigur, so einfach ihre Hülle: Gemäß örtlicher Bauart haben die Architekten das Einfamlienhaus aus Backstein errichten lassen und es – als Anspielung auf die weiße Moderne – schließlich weiß geschlämmt. Auch Fenster, Rahmungen, Geländer sind simpel gehalten. Lediglich das Dach offenbart mit seiner ungewöhnlichen Lamellenstruktur aus Zedernholz auch materiell die Vielschichtigkeit dieses schönen Baus. (sj)

Fotos: Christian Richters


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

8

Fritz | 29.11.2017 16:20 Uhr

Kopfgeburt

das will alles nicht so richig zusammenpassen. Auch wenn es noch so klangvoll untermalt ist.

7

peter | 29.11.2017 11:34 Uhr

wenig überzeugend

hier wurde ein großer aufwand getrieben, um satteldächer zu "morphen" - aber warum? was im grundriss noch eine erstaunliche klarheit hat, präsentiert sich im gebauten mit all seinen details und schraubflächen als eher krampfhafte "hirngeburt". das einzige, was man diesem haus bescheinigen kann, ist, dass bisher noch niemand ein deutsches standardhäuschen derart durch den wolf gedreht hat. aber ist das jetzt innovativ? ist solch eine "innovation" erstrebenswert?

zudem sind die materialien und das erscheinungsbild der hauses samt fassade viel biederer, als ein derart gewagter grundansatz erwarten (und hoffen) ließe.

6

pagy | 29.11.2017 09:36 Uhr

Sichtbar etwas Anderes

Mir gefällt es. Ich finde schon, dass man die Dachlandschaft sowohl von außen als auch von innen gut erkennen kann. Aus meiner Sicht muss auch nicht jede Villa (und ja, das ist hier kein Durschnittsbau für Jedermann) aussehen muss wie eine vergoldete Schachtel oder ein Case Study House mit EnEV-Mantel.
Ich finde den Eingang lediglich etwas mau und zu klein und nicht einladend. Die Geländer sind ebenfalls aus dem Standard-Detailkatalog... aber auch nicht schlecht. Auch diese Kameras an der Fassade sind nicth gerade schön und wohl eher der Lage mitten in der Pampa geschuldet.
Was mir wiederum gefällt ist, dass hier die Baunetz Redaktion wieder Architektur im kleineren Stile in Deutschland zeigt. Ich würde mir mehr europäische Architektur aus öffentlichen und privaten Bauten in vergleichbaren Größen wünschen, damit man auch mal ein gutes Gefühl bekommt was unsere Nachbarn machen und auch in Deutschland geschaffen wird.

5

Johann Maier | 29.11.2017 07:12 Uhr

Palladio?

Sieht für mich aus wie vier hässliche Häuser. Da hilft auch das Konzept nichts.

4

reiner | 28.11.2017 21:16 Uhr

palladio?

Wo ist denn da der Palladio? Ist nur modernes Gequetsche zu erkennen. Spontan möchte ich an Sullivan erinnern: "... Less Is More! ..." Schade, dass der nicht mehr kollektiv erinnert wird.

3

Davide | 28.11.2017 19:45 Uhr

Gimmick

Irgendwie lustig, dass das Gebäude von dem gemorphten Dach kein bisschen profitiert. In der Iso sieht es nicht naheliegend aus, das Konzept ist darauf nicht angewiesen und selbst dem Raum darunter gibt es nichts. Warum hat man nicht einfach ein herkömmliches Dach gewählt? Der ungewöhnliche Grundrisse hätte sich auch dann in einer ungewöhnlichen Dachlandschaft gezeigt.

2

balina | 28.11.2017 18:46 Uhr

Evolution

Sehr schönes Projekt mit Ideen, viel liebe zum Detail und einer Ausführungsqualität, die man sich nur wünschen kann.
Und das auch noch in Ostwestfalen, als gepimpter Satteldach-Klinkerbau ist ein sehr beindruckendes Beispiel dafür, sich unverkrampft an die innere und äußere Logik eines Einfamilienhauses beispielhaft zu wagen und staubfrei in ein zeitgemäßes Gebäude zu formen.
Man hört aus eigener Erfahrung die Unternehmen raunen, "das geht so nicht, das haben wir aber schon immer anders gemacht" oder "das ist zu teuer und aufwendig". Dass dieses Projekt kein sozialer Wohnungsbau ist, sollte jedem doch klar sein.

Gratulation an das Architektenteam und Auftraggeber, viel Vergnügen mit diesem Haus-Tesla!

1

staubmeier | 28.11.2017 16:41 Uhr

von ...

... hinten

durch die brust

ins auge.

gute architektur geht zudem preiswerter.

und weniger hirnverkrampft.

 
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