Von außen sieht das von Tato Architects (Kobe) in Osaka projektierte House in Miyamoto völlig unspektakulär aus. Orientiert man sich an den Fensterbändern des schlichten grauen Quaders, scheint er aus herkömmlichen zwei Geschossen zu bestehen. Wer allerdings einen Blick hineinwirft, dem wird direkt ein wenig schwindlig – denn die Innenraumgestaltung dieses Heims für eine dreiköpfige Familie ist alles andere als konventionell.
Der experimentelle Entwurf erinnert sehr an einen Miniwohnturm, den das Büro von Yo Shimada 2013 für eine andere Kleinfamilie in der Region realisierte. Bereits hier nahm die Treppe als choreografisches Element räumlicher Erfahrung eine zentrale Funktion ein. Diesen konzeptuellen Ansatz haben Tato Architects nun zur Vollendung getrieben. Beim aktuellen Projekt füllt eine riesige treppenförmige Stahlrahmenstruktur mit vielen Absätzen und Ebenen das gesamte Innere des Baukörpers aus: Auf ihr wird gewohnt.
Die Architekten kamen auf diese Weise dem von der Familie geäußerten Wunsch nach, einander nahe zu sein, egal wo im Haus sich die einzelnen Mitglieder gerade aufhalten – sie setzten ihn in eine absolute räumliche Offenheit um. Es gibt in diesem Gebäude mit Ausnahme der direkt unter dem Dach liegenden Badezimmer keine inneren Wände, der Blick wird lediglich durch die einzelnen Stufenflächen nach oben und unten eingeschränkt.
Private, abgeschlossene Rückzugsräume – andernorts ganz oben auf der Prioritätenliste – wollten die Bauherren ganz explizit nicht haben, denn die räumliche Trennung voneinander scheint ihnen eine eher traurige Angelegenheit, so beschreiben die Architekten die Ausgangslage. Ganz ähnlich erklärt sich der Verzicht auf den Flächen für das Abstellen und Aufbewahren von Dingen: Der komplette Hausrat sollte in der Wohnumgebung immer präsent sein, sodass ein großes Ganzes entsteht, in dem sich die Familie wiedererkennt.
Daher besteht das auf einer Grundfläche von knapp 50 Quadratmetern erbaute Haus nun also aus einem einzigen, von 13 verschiedenen Bodenflächen durchzogenem Raum mit einer Gesamtgeschossfläche von 94,5 Quadratmetern. In zwei Spiralen angeordnet schrauben sich die Stufen empor, treffen sich im „Wohnzimmer“ und teilen sich dann wieder, bevor sie die dreieckigen Dachterrassen erreichen. Die oberen sieben Ebenen sind über Stahlstangen mit dem Dachbalken verbunden, die unteren sechs werden von Vierkantstahlrohren gestützt.
Tato Architects rufen im Hinblick auf ihren Entwurf auch das Bild einer „Echokammer“ auf: So, wie diese in der Tontechnik der Erzeugung und Verstärkung des Halls dient, erzeuge und verstärke die Wiederholung der simplen raumbildenden Elemente dieses Wohnhauses den spezifischen Lebensstil seiner Bewohner. (da)
Fotos: Shinkenchiku Sha
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eccomi | 26.08.2018 01:07 UhrKönnte ich so wohnen?
Ich könnte so nicht wohnen, glaube ich, weil ich so gerne die Tür hinter mir zu mache bzw. gerne die Möglichkeit dazu habe...
Aber es ist so genial, dass ich mir mal Gedanken über mich machen muss! Wirklich richtig schön!