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08.01.2024

Wohnhöhle aus Beton

Einfamilienhaus in Leipzig von Atelier ST


Im äußersten Nordosten Leipzigs, wo die Stadt in Felder, Wiesen und Gewerbegebiete übergeht, liegt der Stadtteil Portitz. Dort, am Rande eines Wäldchens konnten Atelier ST (Leipzig) ein Einfamilienhaus realisieren. Im Entwurf kommt Gegensätzliches zusammen: „Ziel war es“, schreibt das Büro, „aus den Ambivalenzen der Umgebung ein eigenständiges Gebäude zu entwickeln.“

Dies beginnt mit der äußeren Form aus zwei länglichen, zusammengeschobenen Satteldachhälften. Der Neubau passt sich so den Baufluchten und der Körnung seiner Umgebung an und stellt eine Verbindung zur Typologie der Doppelhäuser her, die in dem Stadtteil dominieren. Gleichzeitig kann das geforderte Raumprogramm auf einer Wohnfläche von 204 Quadratmetern untergebracht werden. Das Haus orientiert sich auf einem langgestreckten Ost-West-Grundstück insbesondere zu Straße und Wäldchen im Osten sowie zum eigenen alten Obstgarten im Westen hin. Die Seitenfassaden zu den Nachbarn im Süden und Norden bleiben mit kleineren Fenstern weitgehend geschlossen.

Das Haus wurde als Stahlbetonkonstruktion errichtet. Ins Auge fallen sowohl das Material der Fassaden als auch die großen, bogenförmigen Fenster und Türen. Die Gebäudehülle zeigt „als Referenz an den umgebenden Wald“ das unregelmäßige Bild der sägerauen Bretterschalung, so die Architekt*innen. Innen liegt an den Wänden eine 18 Zentimeter starke Dämmschicht aus Hanfkalksteinen und einem atmungsaktiven Lehmputz. Nur an der Kaminwand des Wohnzimmers und der Wand zwischen Elternschlaf- und Badezimmer im Obergeschoss tritt die raue Betonoberfläche auch innen in Erscheinung. Das Wohnzimmer macht zudem mit einer Raumhöhe bis unters Satteldach auf sich aufmerksam.

Die auffälligen Türen und Fenster deuten bereits auf die Gestaltung der Innenräume hin. Man betritt das Haus von Osten durch eine weit geschwungene Bogentür neben der Doppelgarage. Eine ebensolche Tür öffnet auf der anderen Gebäudeseite die Küche zur Gartenterrasse. Wohnzimmer und Elternschlafzimmer verfügen über große Fenster mit ebenfalls halbkreisförmigem Bogen. Hinzu kommen noch kreisrunde Fenster über dem Eingang (Arbeitszimmer) und über der Küche zum Garten (Kinderzimmer). Atelier ST sprechen von einem „geheimnisvollen, bergenden Höhlenraum“, der als weicher, wohnlicher Kern einen Gegensatz zur „harten, äußeren Schale“ formuliert.

Betont wird diese Spannung zwischen Ecken und Rundungen, innen und außen durch die Bögen von Türen, Schiebetüren und Durchgängen im ganzen Haus. So ist aus der ambivalenten Umgebung ein ambivalentes Haus entstanden, das von der Spannung seiner Gegensätze und Merkwürdigkeiten lebt – bis hin zu den zwei Stahlstützen, die in der Küche für eine leichte, optische Teilung von Koch- und Essbereich sorgen. Hier hätte es auch ein konventioneller Unterzug getan, sagt Sebastian Thaut vom Atelier ST. Aber gemeinsam mit der Bauherrenfamilie habe man sich für die Stahlstützen entschieden, die man noch mit Fuß- und Kopfplatte versehen habe, um einen Verweis auf die Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts zu setzen. (fh)

Fotos: Clemens Poloczek


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Clemens Poloczek

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