Carl Krayl? Wer ist das eigentlich? Die Antwort, den die erste Monografie im Deutschen Kunstverlag gibt, ist treffend: Ein faszinierender Architekt der frühen Moderne, den die Geschichtsschreibung ganz zu Unrecht vergessen hat. Er hatte bei Paul Bonatz in Stuttgart studiert und gehörte, wie Walter Gropius und Hans Scharoun, zum prominenten Kreis deutscher Architekten, die alle Phasen der klassischen Moderne gestalteten. Carl Krayl (1890-1947) war das Multitalent im Schatten von Bruno Taut. Für ihn schuf er ab 1921 expressiv-kristalline Gesamtkunstwerke im Geist der „Gläsernen Kette“ und er baute das bunte Magdeburg. So bunt, wie man sich das heute gar nicht mehr vorstellen kann: Innenräume und Fassaden gemustert in Blau, Rot und Gelb – futuristische Manifeste der Farbe!
Spannend sind auch seine stadtplanerischen Entwürfe zum „Neuen Bauen“ mit Bauten der Gemeinschaft und mit innovativen Wohnbauprojekten ab 1929. Bis heute ist in Madgeburg sein vorbildlicher Wohnungsbau – die Siedlungen Curie und Cracau – zu bewundern. Unter dem Nationalsozialisten galt Krayl als „Kulturbolschewist“ und erhielt keine Aufträge mehr. Ab 1938 kam er als technischer Angestellter in der Bauabteilung der Reichsbahndirektion Berlin unter; nach dem Krieg hatte er das Glück, für kurze Zeit mit Hans Scharoun zusammenzuarbeiten. Das Buch mit klugen Texten unter anderem von Wolfgang Pehnt und Regina Prinz ist schön gemacht und präsentiert den Architekten Carl Krayl als echte Entdeckung. Schade ist nur, dass das Cover so Grau in Grau daherkommt. Das hätte dem Magier der Farbe Carl Krayl überhaupt nicht gefallen.
Bunte Stadt – Neues Bauen. Die Baukunst von Carl Krayl
herausgegeben von Gabriele Köste und Michael Stöneberg
Deutscher Kunstverlag, Berlin 2016
216 Seiten, 200 Farbabbildungen
39,90 Euro
www.deutscherkunstverlag.de
Zum Thema:
Bis 12. Februar zeigt das Kulturhistorische Museum Magdeburg unter dem gleichen Titel wie die Publikation eine Ausstellung zu Carl Krayl: www.khm-magdeburg.de