Dieses abstruse Bauwerk in Albaniens Hauptstadt Tirana hat eine satte und dunkle Geschichte: Zu Ehren des eisernen Staatslenkers Enver Hoxhas planten seine Tochter Panvera Hoxha und ihr Ehemann Klement Kolaneci 1987 das Gebäude als Ort des Personenkults um einen Diktator, der sein Land während des Kalten Krieges in die totale Isolation gebracht hat. Das ungewöhnlich prunkvolle Gebäude an einem zentralen Boulevard Tiranas, aus weißem Marmor, kühl verspiegeltem Glas und rotem Stahl bildet eine breite Pyramide nach. Ursprünglich sollte von ihrer Spitze aus noch ein roter Stern auf Albaniens Hauptstadt leuchten. Doch nachdem 1990, fünf Jahre nach Hoxhas Tod, auch das sozialistische Regime in Albanien fiel, wurden die strahlenförmigen Marmorverkleidungen vielmehr zur beliebten Rutschbahn für Kinder, der Bau wurde mehrfach umgewidmet, diente mal als Nato-Lager während des UN-Einsatzes im Kosovo, mal als Nachtclub. Seit einigen Jahren steht er leer.
Nachdem es Bestrebungen gab, die seltsame Pyramide einfach abzureißen und an seiner Stelle ein symbolisches neues Parlamentsgebäude zu setzen, für dessen Bau bereits Coop Himmelblau einen Wettbewerb gewonnen hatten, konnte der seit 2015 amtierende Bürgermeister Erion Viliaj diese Pläne wieder kippen. Nun soll ein Kulturzentrum für die Jugend in der verfallenden Pyramide eingerichtet werden. Viliaj, der sich als weltgewandter Stadtentwerfer zeigt und bereits BIG nach Tirana geholt hat, beauftragte nun MVRDV für die Umgestaltung der Pyramide.
Die Rotterdamer ändern gar nicht so viel. Vielmehr planen MVRDV, das schwere Erbe des ehemaligen Hoxha-Museums durch einzelne architektonische Gesten aufzulockern. Sie möchten die untere Ebene des Baus öffnen und das abriegelnd wirkende Spiegelglas durch transparente Fenster ersetzen. Der Innenraum soll geleert werden und mit Bäumen bepflanzt werden. 11.800 Quadratmeter bespielbare Fläche sollen so innen für das Jugendkulturzentrum entstehen.
Vor allem soll das seltsame Gebäude von der Bevölkerung neu angeeignet werden und das wollen MVRDV nicht mit einer Rutsche auf der Marmorverkleidung bewerkstelligen, aber so ähnlich: Wie bereits bei ihrer spektakulären Treppeninstallation in Rotterdam soll man in Zukunft von außen das Gebäude erklimmen können. Die flache Steigung der Außenmauer wollen sie teilweise zu einer Stufenanlage umwandeln – bis zur Spitze der Pyramide, wo einmal der Stern angebracht werden sollte. (sj)