Wie kein anderer hat Egon Eiermann die Nachkriegszeit geprägt. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass von keinem anderen Architekten mehr Bauten akut bedroht sind. Zwar konnten das Stadthaus in Krefeld und das Totalwerk in Apolda gerettet werden, erwischt hat es dagegen schon vor einiger Zeit das Hochtief-Verwaltungsgebäude in Frankfurt am Main. Nun sind mit der IBM-Hauptverwaltung in Stuttgart-Vaihingen und der Neckermann-Zentrale (ebenfalls Frankfurt) zwei Bauten bedroht, die zu seinen wichtigsten gehören.
Über den denkmalgeschützten Stuttgarter Bau von 1972 (Google-Maps) schreibt der BDA Baden-Württemberg in seinem Aufruf zum Erhalt, es „handle sich um einen Meilenstein in der Entwicklung moderner Bürogebäude.“ Und in der Begründung der Denkmalschützer heißt es, dass „Egon Eiermann mit der IBM-Hauptverwaltung einen Höhepunkt seines Schaffens erreichte.“ IBM zog schon 2007 aus. Der neue Besitzer ging bald pleite, weshalb das Gebäude nun langsam verfällt und von den Insolvenzverwaltern inzwischen offen zur Disposition gestellt wird.
Ähnlich ergeht es auch dem Neckermann-Bau von 1960 (Google-Maps), seit der Versand-Händler nach seinem Quasi-Bankrott 2012 ausgezogen ist. Auch hier erscheint eine Nachnutzung fragwürdig und wird ein Abriss diskutiert. In einem öffentlichen Aufruf sprechen sich hier die Architekten Ard Bosenius und Thilo Hilpert zusammen mit der Kunstgeschichtlerin Gabriele Kiesewetter für den Erhalt des Gebäudes aus und vergleichen es in der Qualität mit Martin Elsässers Großmarkthalle. Pikant ist dabei insbesondere, dass der Abriss der Hochtief-Verwaltung im Jahr 2000 auch damit begründet wurde, dass es mit der Neckermann-Zentrale und den Olivetti-Türmen zwei bessere Eiermann-Bauten vor Ort gebe.
Bemerkenswert sind die Parallelen zwischen den beiden Gebäuden, die jeweils für große Einzelnutzer mehr oder weniger auf der grünen Wiese errichtet wurden. Hier stellt sich auch die Frage, was aus solchen Gebäuden wird, wenn die Wirtschaft eher wieder kleinteiliger wird und der Trend zurück zur Innenstadt geht. Innovations-Zentren für Startups? Oder „Kulturmaschinen neuer Art“, wie Bosenius, Hilpert und Kiesewetter fordern? Vielleicht werden es sogar Wohnungen, als Teil neuer Siedlungen, die dann auch eine Erschließung per öffentlichem Nahverkehr denkbar werden ließe? Da sind neue Ideen gefragt.(Stephan Becker)
Fotos: Horstheinz Neuendorff, Artur Pfau
Zum Thema:
www.egon-eiermann-gesellschaft.de
Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau
„Kompromiss in weiter Ferne", Stuttgarter Zeitung
Aufruf zum Erhalt der Neckermann-Zentrale
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S. Wenz | 14.05.2013 20:39 UhrSo ist es
Für Eiermann-Bauten musste unter anderem das Kaufhaus Schocken in Stuttgart weichen, ander hats wohl auch getroffen. Nun ist eben mal Eiermann dran, das ist der Zeiten Lauf...
Es findet sich bestimmt bald ein staatlicher Betrieb, der die altmodischen Bauten auf Kosten des Steuerzahlers nutzen wird.