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18.03.2015
Nach dem Gemüse kommt das Geld
EZB von Coop Himmelb(l)au eröffnet
Von Polina Goldberg
Der dekonstruktivistische Einschlag von Wolf D. Prix lässt sich nicht verkennen. Wie ein stumpfes Messer durchsticht der horizontale Keil die ehemalige Großmarkthalle, darüber trumpfen die Bürotürme mit 185 und 163 Metern auf, die Dieter Bartetzko im Feuilleton der FAZ mit furchteinflößenden Gestalten der griechischen Mythologie vergleicht. Der Gebäudekomplex der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main, den das Wiener Enfant terrible mit seinem Büro Coop Himmelb(l)au nach etwa vierjähriger Bauzeit am Osthafen fertig gestellt hat, eröffnet heute.
Von etwa rund 1.400 beteiligten Arbeitern und 200 planenden Architekten und Ingenieuren spricht Projektkoordinator des Neubaus, Werner Studener. Im gleichen Atemzug erwähnt er auch die erfolgreiche Einbeziehung der Denkmalschutzbehörden, die eine „sorgfältige“ und „nachhaltige“ Renovierung und Erhaltung der 1929 von Martin Elsaesser errichteten, ehemaligen Großmarkthalle ermöglichte. Der Haken an der Geschichte manifestiert sich allerdings schon auf der Fassade, in jenem neuen Keil, der frech aus der alten Halle ragt. Trotz aller behaupteten Sorgfalt entging dieses Denkmal der Moderne nicht dem Schicksal eines Teilabrisses – allein dem Willen geschuldet, hier ein Zeichen zu setzen.
Wie dem auch sei, der Ausbau der Großmarkthalle, die seit 1972 denkmalgeschützt ist, gehört zum Objekt: Neben der Lobby wurden hier nach einem Haus-im-Haus-Prinzip Nutzungen wie Konferenzbereich, Bibliothek, Mitarbeiterrestaurant, Cafeteria und Besucherzentrum eingerichtet. Die neue Konstruktion aus Glas und Metall setzt sich bewusst gegen die alte Substanz ab, die allerdings partiell weiterhin erlebbar ist, so die EZB. Im auskragenden Baukörper befindet sich das Pressezentrum mit der gekrümmten Fensterfront.
Zwischen den beiden gefalteten und verdrehten Teilvolumen des Hochhauses fungiert ein Atrium als verbindendes Element. Zahlreiche Plattformen und Brücken bieten hier spektakuläre Ausblicke auf die Stadt. Alle Büros sind raumhoch verglast, verfügen aber, im Vergleich zu den repräsentativen Bereichen, über einen eher konventionellen Charakter. Hier oben spürt man recht wenig von der ungestümen Energie des Architekten, der sich sonst so gern in schrägen Linien auslebt. Und noch weniger sinniert man hier womöglich über den Sinn des Einschnitts in die Großmarkthalle, der leider wie eine leere Geste wirkt.
Zum Thema:
www.ecb.europa.eu
„Das Frankfurter Kristallriff“ – Dieter Bartetzko über die Eröffnung der Europäischen Zentralbank in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
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