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25.10.2021
Wohnen im Hässlich-Parkhaus
Duplex Architekten gewinnen Wettbewerb in Hamburgs Innenstadt
Mitten in der Hamburger Altstadt plant die Genossenschaft Gröninger Hof ein gemischt genutztes Wohnhaus. Dafür soll ein in die Jahre gekommener Parkhauskomplex umgebaut werden: Leben statt Parken, Grünflächen statt Grau, in genossenschaftlicher Organisation und mit sozial verträglicher Vergabepolitik. Nun wurde der Wettbewerb entschieden. Ein Pilotprojekt für Karstadt und Co.?
Von Kathrin Schömer
„Hässlich-Parkhaus“, so bezeichnete die Bild-Zeitung das ehemalige Parkhaus Katharinenkirche der Sprinkenhof AG in der Neuen Gröninger Straße in Hamburg. Mitten in der Hamburger Altstadt bot die Hochgarage seit 1963 Stellflächen für 550 Autos, doch schon 2008 bemängelte ein ADAC-Test die marode Fassade des achtstöckigen Bauwerks. 2018 schrieb der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen das Gelände im Rahmen einer Konzeptvergabe mit den Schwerpunkten Energieeffizienz, Klima und Nachhaltigkeit aus. Den Zuschlag erhielt 2020 die Genossenschaft Gröninger Hof, die sich aus der Bürgerbewegung Altstadt für alle! entwickelt hatte und den Komplex zu einem durchmischten Wohn- und Gewerbeobjekt umbauen will. Ende 2021 läuft die Betriebsgarantie des der Genossenschaft im Erbbaurecht anhandgegebenen Parkhauses ab, dann soll der Umbau starten. Im kooperativen hochbaulichen Realisierungswettbewerb konnten sich im Juni 2021 Duplex Architekten (Zürich/Hamburg) gegen fünf weitere eingeladene Büros durchsetzen:
- 1. Preis: Duplex Architekten (Zürich/Hamburg)
- 2. Preis: blauraum Architekten (Hamburg)
- 3. Preis: Atelier Kempe Thill (Rotterdam)
zuvor ausgeschieden: Spengler Wiescholek Architekten + Stadtplaner (Hamburg), Hütten und Paläste (Berlin), zillerplus Architekten und Stadtplaner (München)
Mit ihrem Vorschlag, das Parkhaus zur Neuen Gröninger Straße auf vier und im hinteren Teil auf zwei Geschosse rückzubauen sowie um mehrere Stockwerke in Holzbauweise aufzustocken, überzeugten Duplex Architekten die Jury um Nils Buschmann. Der in zwei Gebäudeteile mit sich nach oben hin öffnendem Lichthof unterteilende Ansatz ließe sich auch bei verändertem Bestandserhalt leicht adaptieren, so die Begründung. Die Erschließung erfolgt im Zentrum und soll so die gewünschte Belebung der Sockelzone ermöglichen. Zudem lobte die Jury, dass gartenähnliche Terrassen, Laubengänge und Loggien räumliche Vielfalt schüfen und die Belichtung bei teilweise tiefen Grundrissen erleichterten. Das neue Tragwerk überhöhe die Eingangssituation und wirke durch den Rücksprung der unteren Ebenen einladend in den städtischen Raum. Anerkennung fand auch die Fassade, die die Hamburger Kontorhaustypologie aufgreift: Sie differenziere zwischen den verschiedenen Nutzungen Wohnen und Gewerbe, eine Abbildung der erhaltenen Geschosse zur Straße hin wäre jedoch wünschenswert. Weiteren Nachbesserungsbedarf sah das Preisgericht in puncto Statik und Barrierefreiheit.
Die Genossenschaft, der unter anderem die Patriotische Gesellschaft von 1765 und die Evangelische Akademie der Nordkirche angehören, scheint mit dem Projekt einen Nerv zu treffen. So äußert sich Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing zum Wettbewerbsgewinn: „[...E]in großes Wohnhaus mitten in der Stadt [...] Wohnen steht im Zentrum des Projektes und ist kein untergeordneter Bestandteil. Es wäre wünschenswert, wenn der Gröninger Hof Schule macht und Phantasie für andere Orte in der Stadt erzeugt.“ Jurymitglied Jörg Leeser ergänzt: „Es ist in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen, ein Wohn- und Lebenshaus als Meilenstein für die Entwicklung der Innenstädte.“ Es stimmt jedoch nachdenklich, dass es erst immensen Aufwand von Seiten der Bürgerschaft benötigt, um die Politik zur gemeinwohlorientierten Umnutzung von Leerstand in den Innenstädten anzustoßen.
Rund 80 von der Investitions- und Förderbank Hamburg geförderte Wohnungen sollen am Gröninger Hof entstehen, davon fünf Einheiten mit WA-Bindung und zwei rollstuhlgerechte Wohnungen. Angepeilt sind Mieten von 6,80 bis 12,60 pro Quadratmeter, hinzu kommen ein Solibeitrag sowie eine Eigenleistung von 600 Euro pro Quadratmeter. Die Vergabe erfolgt laut Satzung nach Gehaltskategorien, Raumbedarf und antidiskriminierend innerhalb der Genossenschaft. Im Sockelgeschoss ist eine kleinteilige gewerbliche und kulturelle Nutzung vorgesehen, für den Betrieb der Concierge-Lounge, dem zentralen öffentlichen Treffpunkt, soll mit dem sozialen Träger Alsterdorf kooperiert werden.
Derzeit informiert die Genossenschaft in einer im seit Ende 2020 stillgelegten Parkhaus eingerichteten Werkstatt über ihre Pläne und Aktivitäten und wirbt sowohl um Finanzierungspartner als auch neue Mitglieder. Der Pflichtanteil zum Eintritt liegt bei 1.000 Euro. 28 Millionen soll der Umbau kosten.
Zum Thema:
www.groeninger-hof.de
Am Dienstag, 26. Oktober 2021 veranstaltet das KAP Forum für Architektur & Stadtentwicklung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe eine Podiumsdiskussion zum Gröninger Hof. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, Anmeldung und Info unter www.kap-forum.de/neuesbauen
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1. Preis: Duplex Architekten (Zürich)
2. Preis: blauraum Architekten (Hamburg)
3. Preis: Atelier Kempe Thill (Rotterdam)
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