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24.07.2019

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Buchtipp: A Simple Pool

Drei Bücher über Álvaro Sizas Frühwerk


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Es gibt Architekten, zu deren Werk scheint bereits alles ausführlichst und mehrfach entdeckt, veröffentlicht und besprochen zu sein. Was gäbe es etwa zu den frühen Werken von Álvaro Siza noch hinzuzufügen, was in den einschlägigen Standardwerken nicht bereits besprochen ist? Drei aktuelle Bücher wagen drei sehr unterschiedliche Versuche, die es wert sind, gemeinsam beleuchtet zu werden – und dass sie dabei hauptsächlich um eines von Sizas Meisterwerken kreisen, nämlich das 1966 eröffnete Gezeiten-Schwimmbad an der rauen Atlantikküste vor Porto, macht sie überdies zu einer guten Sommerlektüre.

Frampton als Stichwortlieferant
Die jüngste der drei Publikationen stammt vom IIT in Chicago, erscheint aber in Europa bei Actar A. Das hübsche, schlanke Büchlein ist auf der einen Seite mit „Alvaro Siza Vieira“ betitelt, auf der Rückseite mit „A Pool in the Sea“ – dazu sehen wir wilden Wellenschlag. Dies ist allerdings missverständlich, handelt es sich doch im Grunde um einen locker protokollierten Reisebericht einer Pilgerfahrt, bei der das Schwimmbad in Matosinhos keineswegs im Vordergrund steht. Vielmehr starteten 2016 Wiel Arets, Vedran Mimica und Kenneth Frampton vom IIT, um Siza in dessen Atelier zu besuchen und dann gemeinsam zu fünf seiner frühen Werke quer durch Portugal zu reisen. Kern des Buchs ist ein lockeres Gespräch mit Siza zu allen möglichen Themen (Methode, Topographie, Treppen, Monster, Einheitlichkeit); zu jedem Thema gibt es allerdings nur eine Frage und eine Antwort. Das ist heiter und gelegentlich auch schlau, entbehrt aber auch jeder Tiefe, und Frampton bleibt Stichwortlieferant, nicht Diskussionspartner. Das ist schade und liefert nicht unbedingt neue Erkenntnisse – was allerdings durch die Fotografien von Vincent Mentzel voll und ganz ausgeglichen wird, der nicht nur Siza auf der Reise immer wieder wundervoll porträtiert, sondern der auch zeigt, wie wunderbar dessen Bauten im Alltag genutzt werden und dass sie in Würde gealtert sind.

Die Wucht der Bilder
Auch bei der zweitjüngsten Publikation sind es die Bilder, die überzeugen. Das liegt mit daran, dass es hier keinen Text gibt. Das kleine Büchlein von Divisare zeigt (leider!) auch keinen einzigen Plan, sondern konzentriert sich alleine auf die Bilder von Nicolò Galeazzi. Die sind allerdings von einer so klaren, ruhigen Wucht, dass man meint, den Atlantik rauschen zu hören und das Salz in der Luft zu schmecken. Näher kommt man einem eigenen Besuch des Schwimmbads nicht. Wer das Buch haben möchte, sollte unbedingt eine Mail an den wiedereröffneten Online-Shop von Divisare schreiben – denn die 100 Exemplare der ersten Auflage sind längst vergriffen. Herausgeber Lloyd Marcus Andresen äußerte uns gegenüber, dass eine Neuauflage sicher schneller erscheinen würde, wenn es eine spürbare Nachfrage gäbe ...

Was Sie schon immer über Piscina na Praia de Leça wissen wollten

Wer aber wirklich detailliertes Wissen über die Geschichte und den Bau dieses poetischen Bauwerks erlangen möchte, der kommt um das folgende Buch nicht herum. In Lissabon gibt es eine ganz unabhängig davon sehr empfehlenswerte Architekturbuchhandlung namens Livraria A+a, die gelegentlich auch selbst Bücher herausbringt. Der Anspruch ist hoch, und das sieht man dem Buch auch an: Handskizzen, Baupläne, Fotos von den Bauarbeiten und den Badegästen in den 1960er und 1970er Jahren sowie ein Set aktueller Aufnahmen von Nuno Cera. Dazu ausführliche, kluge Texte von Michel Touissant und Diogo Seixas Lopes zum Projekt selbst, zur Einordnung in Sizas Gesamtwerk von Pedro de Almeida und ausführlich vom Landschaftsarchitekten João Gomes da Silva zu Geschichte und Topografie dieses Küstenstreifens. Dazu ist das Buch außergewöhnlich präzise und liebevoll gestaltet. Nur die beiliegende DVD erscheint etwas überflüssig, das Filmmaterial mit heranrauschenden, über Felsen und Betonwände gleichermaßen brechenden Wellen darf nur als ein netter Bonus gesehen werden.

Letztlich ersetzen alle drei Bücher auch zusammen nicht den persönlichen Besuch vor Ort, den Weg von der Straße hinab in die schlichten, geschwärzten Umkleiden, das blinzelnde Hinaustreten in die Sonne und den Salzwind der Atlantikküste und den rauen Beton unter den eigenen, nackten Füßen. Nein, das Beste ist wohl, sich mit allen drei Büchern am Piscina des Marés in den Sand zu legen. Noch ist es Sommer!

Text: Florian Heilmeyer




Álvaro Siza Vieira: A Pool in the Sea
Wiel Arets, Kenneth Frampton und Vincent Mentzel (Hg.)
Englisch
92 Seiten
Actar A, Barcelona, 2018
ISBN 978-1-948765-03-9
22 Euro

Leça Swimming Pool, Álvaro Siza
Nicolò Galeazzi
Englisch
44 Seiten
Divisare Books, Rome, 2018
ISSN 2532-523X
8 Euro

Álvaro Siza: Piscina na Praia de Leça – a pool on the beach

104 Seiten
Portugiesisch und Englisch
Livraria A+a Books, Lissabon, 2016
ISBN 9789899846234
37,50 Euro


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Cover Álvaro Siza Vieira: A Pool in the Sea

Cover Álvaro Siza Vieira: A Pool in the Sea

Aus dem Buch Leça Swimming Pool, Álvaro Siza; Foto: Nicolò Galeazzi

Aus dem Buch Leça Swimming Pool, Álvaro Siza; Foto: Nicolò Galeazzi

Cover Álvaro Siza: Piscina na Praia de Leça – a pool on the beach

Cover Álvaro Siza: Piscina na Praia de Leça – a pool on the beach

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