Am Anfang war es nur ein Verdacht, nun ist klar: Ein Professor am Departement Architektur der ETH Zürich hat gegen die Umgangsregeln der Hochschule verstoßen. Zu diesem Ergebnis ist eine im September 2018 eingeleitete Disziplinaruntersuchung gekommen, die aufgrund des Vorwurfs sexueller Belästigung eingerichtet worden war.
In einer Medienmitteilung der ETH Zürich vom 29. Januar heißt es, der externe unabhängige Untersuchungsführer sei zu dem Schluss gekommen, dass der Professor es versäumt habe, seine beruflichen und persönlichen Beziehungen adäquat zu trennen, weshalb sein Verhalten nicht im Einklang mit dem Compliance Guide der ETH Zürich stehe. Die nun abgeschlossene Untersuchung entlaste den Professor vom Vorwurf sexueller Belästigung. Aufgrund der langen Verfahrensdauer und der damit verbundenen persönlichen und beruflichen Belastung habe sich der betroffene Professor entschieden, die ETH Zürich per Ende Juli 2019 zu verlassen und sich einer neuen Herausforderung zu stellen, heißt es weiter. Die ETH entbinde ihn auf sein Ersuchen bis Ende des Semesters von seiner Lehrtätigkeit, damit er sich vollumfänglich dem Abschluss seiner Forschungsprojekte widmen kann.
Über weitere Details schweigen die Verantwortlichen aus rechtlichen Gründen. Und auch im Vorfeld der Entscheidung der Untersuchung war so gut wie nichts nach außen gedrungen. Viele Fragen bleiben offen. Ist der Vorfall nur die Spitze des Eisberges? Welche weiteren Konsequenzen zieht die Hochschule aus dem Vorfall? Und ja, ist die ETH ein Einzelfall? Sicher ist, an einer Institution, an der junge Menschen auf den künftigen Beruf vorbereitet werden, sollte jeder und jede Lehrende unbedingtes Vorbild sein – auch und vor allem im persönlichen Umgang mit den Studierenden. Wer eine Professur in dieser Beziehung missbraucht, hat an einer Hochschule nichts zu suchen.
Doch was geht, und was geht nicht? Seitdem im März 2018 mit den bekannt gewordenen Belästigungsvorwürfen gegen den Architekten Richard Meier #MeToo in der Architekturwelt angekommen ist, wird diese Frage in der Fachwelt kaum öffentlich erörtert. Ein möglicher Grund: Über unangemessenes Verhalten oder gar über sexuelle Belästigung zu berichten, ist heikel. Gründliche, aufwendige Recherche ist angebracht. Ein einziger Satz, eine unhaltbare Vermutung kann Karrieren zerstören oder schwerwiegende juristische Folgen haben. Das heißt selbstverständlich nicht, dass Vorfälle vergeschwiegen werden dürfen oder dass Menschen aus Angst vor möglichen Karriereknicks mundtod gemacht werden. Denn genau diese Angst ist es, die Machtmissbrauch befördert! Der Fall an der ETH sollte Anlass sein und Mut machen, genau hinzuschauen und im gebotenen Fall angemessen aufzuklären. Die Debatte ist längst eröffnet und wir müssen sie führen. (fm)
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H. Seeger | 18.02.2019 17:39 Uhrkein Vergleich
Die Nutzung, Beschaffung oder den "Diebstahl" von Gegenständen (Sachen) mit einer Belästigung, Bedrohung, Mobbing etc. von Personen gleichzusetzen ist unmöglich. Ein Blick dazu ins Strafgesetzbuch sollte an sich reichen und uns aller Blicke schärfen !