Am 16. November fand in Berlin der Kongress für Architekten- und Ingenieursrecht statt. Auf der Agenda stand neben neuester Rechtsprechung des BGH und dem Gebäudetyp E die Novellierung der HOAI. Im Hinblick auf Themen wie Bestandsentwicklung und Zirkuläres Bauen gibt es hier dringenden Handlungsbedarf. Die Veröffentlichung des Berichts steht noch aus, doch der Fachanwalt Heiko Fuchs von der Kanzlei Kapellmann stellte bereits Ergebnisse aus dem Gutachten zur Evaluierung vor. Was können wir erwarten?
Von Sophie Marthe
Seit einem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2019 gilt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure nicht mehr als verbindliches Preisrecht. Dennoch dient sie im Rahmen der herrschenden Vertragsfreiheit nicht nur als Auffangregelung. Sie bietet weiterhin eine wichtige Orientierungshilfe für zu erwartende Planungsleistungen und deren Vergütung. Damit hat die HOAI noch immer einen bedeutenden Einfluss auf die Planungspraxis.
Im Jahr 2021 verankerte die amtierende Regierung die Reform der Honorarordnung in ihrem Koalitionsvertrag. Im November dieses Jahres schloss das Gutachterteam – zu dem unter anderem das Architektur- und Ingenieursbüro agn, die Anwaltskanzlei Kapellmann sowie der Sachverständige Werner Seifert gehörten – die Evaluierung der HOAI-Planungsbereiche ab. Wir werfen einen ersten Blick auf die Ergebnisse.
Der Nachhaltigkeitsbegriff
Der Gebäudesektor steht wegen verpasster Klimaziele und eines hohen Abfallaufkommens in der Kritik. Ein Fokus der HOAI-Novellierung soll deshalb auf der inhaltlichen Überarbeitung der Honorarordnung hinsichtlich Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourcenschonung liegen, berichtet Heiko Fuchs.
In der Konsequenz schlägt das Gutachten vor, Nachhaltigkeit als Planungsziel im Rahmen der Grundleistungen in die HOAI aufzunehmen. Dabei versucht es sich an einer Begriffsdefinition, die den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick nimmt und auf die Teilziele Ressourcenschonung, Klimaschutz und Energieeffizienz verweist. Besondere Nachweisführungen bezüglich der Nachhaltigkeit, beispielsweise für Zertifizierungen, sollen jedoch weiterhin als besondere Leistungen geführt werden.
Bauen im Bestand vs. Neubaunorm
Zweites großes Thema der Reformdiskussion und an den Nachhaltigkeitsdiskurs angeknüpft ist das Bauen im Bestand. Mit einem linearen Aufbau der Leistungsphasen und Planerhonorare, die vorrangig von Baukosten abhängig sind, bevorzugt die HOAI noch immer den Neubau gegenüber Projekten der Bestandsentwicklung oder reduzierten, sparsamen Lösungen im Bau.
Hier gebe es keine guten Nachrichten, denn die HOAI bleibt im Wesentlichen eine Neubaunorm – das stellt Heiko Fuchs seinen weiteren Ausführungen dazu voran. Ein separates Leistungsbild zum Bauen im Bestand wird es auch weiterhin nicht geben. Stattdessen solle auf die Unterscheidung zwischen Umbauten, Modernisierungen oder Instandsetzungen verzichtet werden, so der Anwalt. Es bleibt zu hoffen, dass dies zumindest in Teilen die Arbeit mit dem Bestand erleichtert.
Auch die Regelungen zur Höhe des Umbauzuschlags sollen vereinfacht und künftig entsprechend der Faktoren Integration, Flexibilität, Risiko, Komplexität und Organisation der Maßnahme bemessen werden. Weitere Neuerungen betreffen mitunter Regelungen zur mitzuverarbeitenden Bausubstanz und zu bestandsrelevanten besonderen Leistungen, die überarbeitet und präzisiert wurden.
Digitalisierung in der Planung
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich Digitalisierung. Auch hier besteht Handlungsbedarf, denn gerade wenn es um BIM geht, sind Begrifflichkeit und damit verbundene Leistungen unzureichend geregelt. Eine Auseinandersetzung mit den Themen dürfte auch im Hinblick auf den künftigen Umgang mit KI-Technologien interessant sein.
Die Anpassungsvorschläge der Gutachter*innen sind an der Stelle schnell zusammengefasst: Sie berufen sich auf die Methodenneutralität der HOAI und schlagen vor, die Leistungsbilder von Regelungen zur Digitalisierung zu bereinigen. Stattdessen soll auf einen Regelprozess BIM verwiesen werden, der als Anlage der HOAI beigefügt wird und Grundleistungen sowie besondere Leistungen definiert.
Was steckt noch drin und wie geht es weiter?
Außer den oben genannten Aspekten sieht das Gutachten – an dem sich außer dem Gutachterteam in 70 Sitzungen mehr als 100 Fachleute beteiligten – eine Reihe weiterer Neuerungen vor. Dazu gehören unter anderem der städtebauliche Entwurf als neues Leistungsbild, getrennte Honorarabrechnung bei der Bildung eigenständiger Planungs- und Bauabschnitte oder die Rückführung der Vorplanung auf konzeptionelle Ergebnisse.
Als nächstes wird mit den Ergebnissen aus der Evaluierung der Leistungsbilder ein Honorargutachten angefertigt, das sich mit den konkreten Honorarfolgen der Anpassungen beschäftigt. Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn 2025 endet die Legislaturperiode.
Zum Thema:
Der Kongress zum Architekten- und Ingenieursrecht wird jährlich von der Humboldt-Universität Berlin in Kooperation mit der Bundesarchitektenkammer, der Bundesingenieurskammer und dem AHO organisiert.
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Philipp Dittrich | 04.12.2023 14:14 UhrTafelwerte
Als die HOAI vor fast 50 Jahren eingeführt wurde galten die Tafelwerte der Objektplanung von 50.000 DM bis 50 Mio. DM. Das wurde 1:1 auf Euro umgestellt, so dass bis heute anrechenbare Kosten von 25.000 bis 25 Mio. erfasst sind. In diesem Zeitraum haben sich die Baupreise aber ziemlich exakt vervierfacht. Es ist daher überfällig den Geltungsbereich der Tafeln zu verschieben, bei der Objektplanung z.B. auf 100.000 bis 100 Mio. . Das wäre noch keine Reform, sondern nur eine Indexanpassung, die in der Vergangenheit immer unterblieben ist. Das sollte doch bis 2025 zu schaffen sein!