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19.07.2019

Pro und Contra der Dichteobergrenzen

Diskussion um geplante Änderungen im Städtebaurecht


Endlich. Deutschlands Planerelite streitet öffentlich um Änderungen im Städtebaurecht. Dass die Baunutzungsverordnung refomiert werden muss, darüber sind sich alle einig, über das Wie nicht. Zur Flexibilisierung der Dichteobergrenzen hat die Bundesarchitektenkammer der Baulandkommission der Bundesregierung ein Diskussionspapier vorgelegt. Es ist nicht die einzige Wortmeldung, mit der sich Politiker nach der Sommerpause auseinander setzen müssen.

Von Friederike Meyer


Im Mai veröffentlichte das an der TU Dortmund angesiedelte Deutsche Institut für Stadtbaukunst im Anschluss an die jährlich stattfindende Tagung zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt die „Düsseldorfer Erklärung“. Darin plädieren die Initiatoren Barbara Ettinger-Brinckmann, Christoph Mäckler, Reiner Nagel, Wolfgang Sonne, Jörn Walter und Peter Zlonicky und weitere 132 Unterzeichner unter anderem für ein „prinzipielles Entfallen der Dichteobergrenzen im § 17 BauNVO der Baunutzungsverordnung“. „Mit der Einführung des „urbanen Gebietes“, so heißt es in der Düsseldorfer Erklärung, „ist die Dichte-Obergrenze mit einer GRZ von 0,8 und einer GFZ von 3,0 für dieses Quartier zwar angehoben worden, für alle anderen derzeit in Planung befindlichen Baugebiete aber bestehen noch immer die Obergrenzen des § 17 BauNVO (Allgemeine Wohngebiete GFZ 1,2). Dies steht den Anforderungen des gemischten vielfältigen Stadtquartiers der Europäischen Stadt diametral entgegen.“

Darauf gibt es Widerspruch. In ihrem Anfang Juli veröffentlichten Papier „Gegen die Düsseldorfer Deregulierung“ appellieren die 51 Unterzeichner, allesamt Hochschullehrer*innen dieses Landes, „an die Entscheidungsträger von Bund, Ländern und Kommunen, die Düsseldorfer Erklärung kritisch zu hinterfragen.“ Die „Düsseldorfer Erklärung zum Städtebaurecht“ vom Mai 2019 ziele auf sogenannte „schöne, lebensfähige“ Stadtquartiere und setze dabei auf Deregulierung, heißt es in dem Papier. Die Verfasser hätten übersehen, dass dies das Gemeinwohl und die Vielfalt unserer Städte unterwandere, und dass der Rückgang kommunaler Steuerung am Ende einen Qualitätsverlust unserer Stadtquartiere zur Folge haben würde.

Rede und Gegenrede erinnern in Teilen an das Jahr 2014, als die Kölner Erklärung und das Papier 100% Stadt eine Kontroverse auslösten. Damals hatten teils die gleichen Planer um Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne, Peter Zlonicky und Jörn Walter in der Kölner Erklärung die „armseligen Stadträume“ beklagt und „die mangelhafte städtebauliche Ausbildung an den Universitäten“. Die 26 unterzeichnenden Gegenredner, unter anderem Maren Harnack, Stefan Rettich, Iris Reuther, Martin zur Nedden und Tim Rienits, plädierten unter anderem für zeitgenössiche Leitbilder, Teilhabe und ein Ernstnehmen des Klimawandels. „Während in der Kölner Erklärung die Dirigentenhand des Stadtgestalters eingefordert wird, sieht die 100% Stadt-Seite hier den Rückschritt in ein unzeitgemäßes Chefmodell (‚Die Zeit des Gottvatermodells ist vorbei’),“ schrieb die Bauwelt damals und versammelte weitere Statements auf ihren Seiten.

Die vier Papiere zeigen zweierlei. Erstens: Sie sind weit mehr als ein Schlagabtausch zwischen konservativ marktliberalen und progressiv akademischen Lagern der Planerszene, sondern ernsthafte Debattenbeiträge, die der Berufsstand dringend braucht. Diese gehen quer durch die privatwirtschaftlichen, politischen oder akademischen Rollen der Unterzeichner*innen. Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, etwa unterschrieb 2014 das Papier „100% Stadt“ und mitinitiierte 2019 die „Düsseldorfer Erklärung“. Die Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk unterzeichnet die „Düsseldorfer Erklärung“, ihre Vorgängerin Christiane Thalgott das Papier „Gegen die Düsseldorfer Deregulierung". Zweitens: Das Städtebaurecht ist eine äußerst – in diesem Zusammenhang passt das inflationär verwendete Wort – komplexe Angelegenheit, deren Änderung der Bund wohlüberlegt entscheiden muss. Die Debatte muss deshalb laut und sachlich weitergehen – auch auf Baunetz.de.


Kommentare:
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Die Unterzeichner der Düsseldorfer Erklärung machen ihren Wunsch nach einer gemischten, vielfältigen europäischen Stadt an höheren Dichteobergrenzen fest – und viele von ihnen haben auch schon 2014 in Köln eine Kultur des Städtebaus angemahnt.

Die Unterzeichner der Düsseldorfer Erklärung machen ihren Wunsch nach einer gemischten, vielfältigen europäischen Stadt an höheren Dichteobergrenzen fest – und viele von ihnen haben auch schon 2014 in Köln eine Kultur des Städtebaus angemahnt.

Gegner sehen in den Forderungen nach mehr Dichte in der Düsseldorfer Erklärung eine Deregulierung der Stadt. Hier: Blick auf das Bankenviertel in Frankfurt.

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In Berlin scheint der Städtebau an manch einer Stelle sehr gut reguliert zu sein.

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Und in Münchens gut konservierter Innenstadt hat sich auch die historische Änderung von Dichteobergrenzen nicht bemerkbar gemacht – äußerlich zumindest.

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