Sie gilt als das gebaute Manifest für Josef Franks Auffassung vom „Haus als Weg und Platz“. Am kommenden Wochenende wird die Villa Beer (1929–1931) in Wiens 13. Bezirk geöffnet. „Alles Frank!“ sind der Samstag und Sonntag übertitelt: Mit Hausbesichtigungen, Salongesprächen und Spaziergängen bietet das Architekturzentrum Wien eine einmalige Gelegenheit, das Haus mit all seinen Besonderheiten kennenzulernen.
Als Josef Frank (1885–1967) die 800 Quadratmeter große Villa zusammen mit Oskar Wlach (1881–1963) Ende der Zwanzigerjahre für den Gummischuhsohlen-Fabrikanten Julius Beer realisierte, war er zur gleichen Zeit auch Gesamtleiter des Projekts Werkbundsiedlung in Hietzing. Mit seiner Firma Haus und Garten hatte er schon viele Jahre verschiedene Bau- und Einrichtungsprojekte realisiert. Frank proklamierte eine Art undogmatischer Leichtigkeit, die ihm alles erlaubte, was keiner Ordnung, keinem Stil entsprach: Neben quadratischen Fenstern sitzen Rundfenster unterschiedlicher Größe, die Eingangstüren gleichen einander ebenfalls weder in Form noch Größe, die Erker, Balkone und Terrassen haben jeweils eine eigene Tiefe, und wer in der Villa Beer Symmetrien sucht, wird allzu oft genau das Gegenteil entdecken.
Heute gilt die Villa Beer in der Wenzgasse 12 neben den berühmten Bauten von Mies van der Rohe oder Le Corbusier als wichtiger Bau der europäischen Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts – für Friedrich Achleitner ist sie „das wohl bedeutendste Beispiel Wiener Wohnkultur der Zwischenkriegszeit“. Dieses sollte das Ehepaar Beer leider nur kurze Zeit bewohnen: 1940 flohen Julius und Margarethe Beer nach New York. Auch Josef Frank hatte zu dieser Zeit Wien längst verlassen – er war 1933 zu seiner Frau nach Stockholm emigriert.
Das Architekturzentrum Wien erstellte 2005 im Zuge der Kaufverhandlungen ein museales Nutzungskonzept für die Josef Frank Villa als Veranstaltungs- und Ausstellungsort – mit dem Ziel, das leerstehende Haus dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Alles Frank!“ ist dazu ein erster Schritt.
Zu den Salongesprächen am Samstag- und Sonntagabend sprechen u.a. Herman Czech, Kurator der Ausstellung „Josef Frank: Against Design“, der Architekt Christian Knechtl, Adolf Krischanitz und Tulga Beyerle, Direktorin des Kunstgewerbemuseums in Dresden. Die Moderation hat Az W-Direktor Dietmar Steiner.
Termin: Samstag, 2. April, und Sonntag, 3. April 2016, 11–21 Uhr
Ort: Wenzgasse 12, 1130 Wien, Österreich
Zum Thema:
www.azw.at
Auf Karte zeigen:
Google Maps