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09.02.2023
Neuwahl in Berlin 2023
Die Parteien zur Planungspolitik
Ein gutes Jahr nach der Regierungsbildung in Berlin wird am kommenden Sonntag, den 12. Februar nochmal neu gewählt. Was versprechen die Parteien für die Stadtentwicklung der deutschen Hauptstadt? Woran halten die Koalitionsparteien Bündnis90/Die Grünen, Die Linke und SPD fest? Was kritisiert die Opposition aus AfD, FDP und CDU? Ein Überblick.
Von Maximilian Hinz und Sophie Marthe
Stadt- und Wohnungspolitik nehmen im Wahlkampf einen wichtigen, wenn nicht entscheidenden Platz ein. In der Berliner Presse werden die Zahl der neu zu bauenden Wohnungen, die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne, die Friedrichstraße und die A100 besprochen. Andere planungsrelevante Themen kommen dabei nicht zum Tragen. BauNetz hat gezielt danach gefragt.
Qualität im Wohnungsbau
Angesichts von 100.000 fehlenden Wohnungen in Berlin ist bezahlbarer Wohnraum das zentrale Thema in der aktuellen Baupolitik. Wie wollen die Berliner Parteien die gestalterische Qualität der benötigten Bauten sichern? In ihren Antworten finden sich gestalterische Präferenzen und Hinweise darauf, wen die Parteien in der Verantwortung sehen.
Die FDP kritisiert das bauliche Wirken der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Stattdessen plädiert sie für mehr Architektur- und Städtebauwettbewerbe und verweist auf die fort- und ausbildende Verantwortung der Kammern und Hochschulen. Die AfD schaut in die Vergangenheit und tritt für den „Erhalt des städtebaulichen Erbes“ ein. Als nachahmungswürdig hebt sie das Hansaviertel und die Bauten der IBA ’87 hervor, während sie das Märkische Viertel als „heruntergemeterte, austauschbare Großsiedlung“ abstraft. Auf ähnlicher Wellenlänge scheint da die CDU zu liegen, wenn sie die „Gestaltung der namenlosen Stadtbrache zwischen Alexanderplatz und Humboldtforum“ und die Wiederherstellung der „Historischen Mitte“ als vorderste Zukunftsprojekte ausweist. Als Ursachen für fehlende Qualität benennen die Christdemokraten unter anderem die vom Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung vorgegebenen Quoten bezahlbaren Wohnraums für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.
Die Grünen hingegen legen einen Schwerpunkt auf klimagerechtes Bauen und erwähnen unter anderem eine Holzbauquote für kommunale Unternehmen. Alle drei Koalitionsparteien sprechen sich ebenfalls für mehr Wettbewerbe und faire Verfahren aus. Sowohl Grüne als auch Linke kritisieren aber das derzeitige Vorgehen der Senatsbauverwaltung unter Führung der regierenden SPD. Die setzt unterdessen weiterhin auf die kooperative Baulandentwicklung, enge Zusammenarbeit mit den Landeseigenen und das öffentliche Baukollegium.
Freiraum
Der Bedarf an Neubau und Infrastruktur erzeugt einen hohen Nutzungsdruck und Interessenkonflikte in den urbanen Freiräumen. Zwischen 2016 und 2021 wurden in Berlin circa 550 Hektar neu versiegelt. Mit welchen Maßnahmen wollen die Parteien klimaresiliente Freiräume schaffen und fördern?
SPD, Linke und Grüne verweisen im Wesentlichen auf den bestehenden Koalitionsvertrag, den sie 2021 gemeinsam geschlossen haben. Deutlich wird jedoch bei den zwei letzteren, dass die Priorisierung der formulierten Ziele voneinander abweicht: Die Grünen fordern ein Netto-Null bei der Flächenversiegelung ab 2030 und wollen die Umsetzung der Charta Stadtgrün vorantreiben. Die Linken legen den Fokus auf einen qualifizierten Freiflächenplan und die Begrünung von Dach- und Fassadenflächen. Eine Forderung, die auch von der CDU gestellt wird. Weiterhin teilen CDU und Linke das Anliegen, bestehende und zum Teil brach-gefallene Gebäude und Flächen wie Supermärkte, Parkplätze und Bürogebäude nachzuverdichten und umzunutzen.
Bis auf die FDP sind sich in Bezug auf einen notwendigen Schutz von Kleingärten im Stadtgebiet alle einig, auch wenn über das Wie gestritten wird. Die FDP zieht die Schaffung von Wohnraum und sozialer Infrastruktur vor und bringt dafür ein Flächenmanagement ein, das Ausgleichsflächen für Kleingärten außerhalb der Stadt vorsieht. Darüber hinaus ergänzt die FDP den generellen Hinweis auf Bebauungspläne zur Sicherung eines „guten Wohnumfeldes“.
(Um)Bauordnung
Seit geraumer Zeit fordern unter anderem Architects for Future und die Bundesarchitektenkammer die Novellierung der Bauordnung im Sinne einer Umbauordnung. Wie stehen die Parteien dazu?
CDU, FDP und AfD möchten die Bauordnung vor allem entschlacken. Laut Union wurde diese von der regierenden Koalition nochmals weiter überfrachtet – beispielsweise durch Richtlinien für Begrünung oder Barrierefreiheit. Nach AfD und FDP ist eine explizite Umbauordnung nicht nötig, die CDU steht angepassten Regelungen im Bestand offen gegenüber. Sie schreibt dem Um- und Ausbau ein enormes Potenzial zur Beruhigung des Wohnungsmarktes zu. Während die AfD beides – Bestands- wie Neubauprojekte – von „hemmenden Vorschriften“ befreien will, heißt es bei der FDP, durch Umbau entstünde keine einzige neue Wohnung.
Linke und Grüne sehen in der Bauordnung ein Instrument in Landesverantwortung, mit dem man den Klimazielen näherkommen könne. Die Idee einer Umbauordnung begrüßen daher beide, die Grünen wollen sie mit der nächsten Novelle der Landesbauordnung auch umsetzen. Derartige Bemühungen, das Baurecht klimagerechter zu gestalten, seien jedoch bisher durch die zuständige Senatsverwaltung gehemmt worden, so die Linke. Sie freue sich daher auf einen dortigen „Personalwechsel der politischen Leitung“.
Personalmangel in der Stadtverwaltung
Laut Personalstandsbericht von 2022 werden bis 2031 altersbedingt voraussichtlich circa 40.000 Beschäftigte aus dem Dienst (Haupt- und Bezirksverwaltung) ausscheiden. Das ist ein knappes Drittel. In der Gruppe, in die auch die Aufgabenbereiche Bauen und Planen fallen, sind davon knapp 44 Prozent der heute Angestellten betroffen. Wie wollen die Parteien dem Personalmangel in der Stadtverwaltung begegnen?
Die FDP bezeichnet die Vorstellung, alle Stellen qualifiziert wiederbesetzen zu können, als illusorisch und möchte eine Verschlankung der Verwaltung unter anderem durch die Einführung künstlicher Intelligenz erreichen. Auch die Forderung der CDU, „reduntante Aufgaben möglichst zu automatisieren“ ist ähnlich gelagert.
AfD und CDU setzen außerdem zur Beschleunigung von Genehmigungsprozessen auf rechtliche Fiktionen, wodurch Anträge nach dem Ablauf einer gesetzten Bearbeitungsfrist automatisch als vollständig, und Genehmigungen als erteilt gelten. Die CDU schlägt zur Bearbeitung von Baugenehmigungen ergänzend den Einsatz externer sogenannter Prüfarchitekt*innen vor.
Mit mehr oder weniger Ideen zur Umsetzung sind sich alle einig, dass das Arbeiten in der Verwaltung attraktiver gestaltet werden muss. SPD und CDU ergänzen in diesem Zusammenhang noch die Forderung nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
SPD, Grüne und Linke legen außerdem einen Fokus auf das Thema Ausbildung. Vorgeschlagen werden unter anderem duale Studienprogramme, die Schaffung von mehr Studienplätzen oder Ausbildungsprogramme für Quereinsteiger.
Neben den bereits im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien stehen 27 weitere sogenannte Kleinparteien zur Wahl. Darunter die Tierschutzpartei, die Partei, die Basis, Volt oder die Klimaliste. Wer in den Programmen der „Etablierten“ nicht fündig wird, kann in das planungspolitische Angebot der „Kleinen“ schauen.
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