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06.08.2012

Reduce Reuse Recycle (5): Donatella Fioretti

Die BauNetz-Kolumne vor der Biennale


Am 29. August 2012 wird die 13. Architekturbiennale in Venedig eröffnet. Das Thema des deutschen Beitrags „Reduce Reuse Recycle – Ressource Architektur“ stammt von Muck Petzet. Wir nutzen die Gelegenheit und lassen unsere Autoren rund um das „Wenigerbauen“ schreiben. Die Berliner Architektin und Hochschullehrerin Donatella Fioretti, geboren in Italien, baut mit ihrem Büro Bruno Fioretti Marquez das Dessauer Meisterhaus von Gropius in einer bewusst „unscharfen“ Nachbildung wieder auf. Sie hat sich architekturtheoretisch mit dem deutschen Biennale-Konzept auseinandergesetzt.

Reduce Reuse Recycle

Der allgemeine Diskurs über das Umbauen/Weiterbauen ist von diffusem Dogmatismus sowie von zahlreichen und zum Teil gegensätzlichen Vorurteilen geprägt. Das Spektrum der Strategien reicht dabei von „philologischer“ Rekonstruktion – einer kulturellen Praxis also, die von der Idee bestimmt ist, dass es immer möglich sei, die historische Uhr zurückzudrehen – bis zur Hardcore-Konservierung, die die vollständige Erhaltung der historischen Substanz aufgrund ihres unverzichtbaren dokumentarischen Werts postuliert.

Mit Schlüsselbegriffen aus der Abfallwirtschaft wird im aktuellen Beitrag zur Biennale der Umgang mit der „Ressource Architektur“ hinterfragt. Die Prägnanz der Analogie ist dabei mit einem moralischen Subtext („Wir sollten weniger bauen“) gefärbt.

Mit dem „Letter of intent“ des Beitrags kann man nur einverstanden sein, vor allem mit der Notwendigkeit, unseren Blick gegenüber dem Bestand zu schärfen, und mit der Aufforderung einer unverkrampften Auseinandersetzung mit der vorhandenen Bausubstanz. Allerdings wird es erst in der Ausstellung möglich sein, die Prägnanz des Ansatzes zu nachzuvollziehen.

Anhand der bislang wenigen Informationen könnte man sich fragen, ob der schlagwortartige Charakter dieser Begriffe, ob diese radikale Vereinfachung uns tatsächlich helfen kann, das Phänomen des Umbauens/Weiterbauens besser zu verstehen und das Verständnis dieses komplexen Themas zu schärfen.

Es ist – vor allem im Kontext des alltäglichen Bauens – recht einfach, sich Situationen vorzustellen, in denen „der geringste Eingriff manchmal der beste ist, und gar keine Veränderung die allerbeste sein kann“, wie Muck Petzet postuliert. Schwieriger ist es dagegen, einer moralisierenden Instanz und der Erhebung einer möglichen Strategie zum allgemeingültigen Gesetz zuzustimmen.

Fragwürdig ist auch der vorgeschlagene metaphorische Umgang mit dem Begriff Recycling als Begründung für die Wiederverwendung von architektonischen Formen und als Legitimation für die Rekonstruktion von verlorenen Bauwerken. Man schuldet hier eine präzisere Aussage, um eine Banalisierung dieses Konzeptes zu vermeiden.

Man könnte das Umbauen/ Weiterbauen als ein Schachspiel mit einem hartnäckigen Gegner verstehen: Der Widerstand des Bestands zwingt uns, formale Automatismen zu überwinden. Statt allgemeingültige Regeln zu setzen, muss man ständig neue konzeptuelle Werkzeuge entwickeln, um das Verständnis des Spiels zu erweitern. Die Setzung ist abhängig von dem Bauwerk, das vor uns steht, und lässt sich nicht a priori entscheiden.

Die Zeit hat der Bausubstanz eine komplexe Textur verliehen. Die Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Material ist ein wichtiger Ausgangspunkt für das Projekt, nicht hauptsächlich wegen seiner historischen Bedeutung, aber vor allem aufgrund des Potentials seiner sinnlichen und haptischen Eigenschaften.

Donatella Fioretti

Die erste Kolumne von Wolfgang Kil berichtet von wiedergenutzten Nachkriegspavillons an Warschauer S-Bahn-Stationen, Christian Welzbacher führt uns zu den Kühen und den Smithsons, Gerhard Matzig denkt über die furchtbare Wahrheit des „Less is more“ nach, und Ursula Baus sieht das Umbauen als beste deutsche Nachkriegstradition.


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