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13.07.2010

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Sehnsucht (drei): Wolfgang Bachmann

Die BauNetz-Kolumne vor der Biennale


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Am 29. August 2010 öffnet die 12. Architekturbiennale in Venedig ihre Pforten, das Thema des deutschen Beitrags lautet „Sehnsucht“. Wir lassen jede Woche einen Autoren über Sehnsucht und Architektur schreiben, heute Wolfgang Bachmann, der die Tüllgardinen der Sehnsucht unter die Lupe nimmt:

Architektur und Sehnsucht. Warum nicht? Oder: Besser nicht?

Man könnte Architektur auch mit Leidenschaft verbinden, ebenso mit Frieden, Harmonie, Glück, Ordnung, Herrschaft, Lüge, Tod. Man kann alles mit allem zusammenbringen, das ist die Methode des postmodernen Diskurses. Feuilletonistisches Cross-Selling. Zählt bei den Berufsverbänden zum beliebten Zugabenteil, man will ja nicht immer nur über die HOAI oder das Wettbewerbswesen räsonieren, das Volk soll auch unterhalten werden. Also sucht man den offenen kulturellen Dialog, gerade Architektur als die populäre öffentlichste Kunst profitiert von dieser Orientierung. Hat man ihren schöpferischen Vertretern nicht immer ein weites musisches Talent unterstellt, die Nähe zur Philosophie, zur Geschichte und Literatur, zur Musik und Malerei – oder wenigstens zu Küche und Keller? In Zeiten wie diesen, wo die Investoren immer unverschämter werden, das Publikum ignoranter, die Bauphysik undurchsichtiger, wo Gesetze und Ausführungsverordnungen die letzten kreativen Freiheitsgrade beschneiden, da besinnt man sich auf die Baukultur mit ihren kapriziösen Facetten. Architektur und... Seele. Genau, das hatten wir noch nicht.
  
Viel ist nicht zu verlieren, manchmal geht es schief. Dann gibt man den fremden Disziplinen die Schuld: Na, ja, ein Psychologe beim Sommerfest der Delegierten. Hat er ja ganz nett gemacht, dieser Sofapraktiker, aber nun müssen wir mit dem Staatssekretär reden. Die Fördermittel dürfen nicht weiter reduziert werden. Die öffentlichen Aufträge liegen brach, der Wohnungsbau ist am Ende. Schluss mit lustig!
Dann führt uns die Sehnsucht nicht zur Architektur? Mädchenträume, Trockenblumen, Tüllgardinen. Aphorismen fürs Poesiealbum. Man sollte sich auf ernste Dinge mit funkelndem Spott und brillantem Witz einlassen, aber den oberflächlichen Flitter nicht mit der Aufklärung verwechseln.

Wolfgang Bachmann
ist Chefredakteur der Zeitschrift „Baumeister“.

Zuvor haben hier die „Walverwandtschaften München Zürich Boston“ (Sehnsucht eins) und der niederländische Architekturhistoriker und -kritiker Bart Lootsma (Sehnsucht zwei) geschrieben.


Zum Thema:

www.sehnsucht-biennale.de

Download der BAUNETZWOCHE#178 „Sehnsucht“


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Romanze | 20.07.2010 10:41 Uhr

Popanze

Genau so verstehe ichs. Aufklärung statt Verklärung. Ich verstehe den Text von Herrn Bachmann besser als die Kommentare: ja, Architektur ist Grenzwissenschaft, aber sie kann dennoch konkret und fassbar bleiben und muss nicht in den Salons der Luftblasenschwafler verrauchen und verrauschen.
Warum ist Sehnsucht eigentlich "deutsch"? Nur wegen Goethe und Fontane oder haben "wir" da noch irgendein copyright drauf? Haben Spanier, Mexikaner, Chinesen keine Sehnsucht? ich bitte euch. Dort gibt es bestimmt 17 verschiedene Wörternuancen für Sehnsucht....

4

BCH | 18.07.2010 12:50 Uhr

3, 2, 1

Lesehilfe: Das Baunetz wollte keinen Kommentar zu dem uns noch unbekannten Biennale-Beitrag, sondern parallel und vorauseilend einen Mini-Text zum selben Thema. Also keine Kritik an den Walverwandtschaften! Mich erinnerte diese Begriffsverbindung an die ehemaligen Godesburger BDA-Gespräche, die auch über den Wassern schwebten (was ja ganz nett war). Hanns Dieter Hüsch hat solche Balanceakte gerne karikiert ("Milch und Musik"). Ich betrachtete das in meinem Beitrag als unterhaltsamen Zugabenteil und habe stattdessen vorgeschlagen, sich mit den Schwarzbrotthemen interdisziplinär, scharfsinnig, ironisch, forsch und populär auseinanderzusetzen. Das ist gerade nicht der Fall, wenn ich mich an die A5-Podiumsdiskussion gestern Abend mit Hans Kollhoff erinnere.
@ellybis: "Grenzwissenschaften", eine Anspielung auf (Fach-)Medium. Wir wollten diese Auszeichnung nicht als Eigenlob mitteilen, daher der leise Spott.

3

Christian Buda | 14.07.2010 14:45 Uhr

Bachmann'scher Kauderwelsch

herr bachmann würde wohl gerne auch in der 'fas' sein kauderwelsch veröffentlicht sehen - jott sei dank nich - dieser verklärende pseudo-intellektuelle diskurs macht nicht satt und noch weniger hungrig. ich glaube, herr bachmann stört sich am meisten am selbigen wunderschönen deutschen wort 'sehnsucht' - wobei er die kulturhistorische bedeutung im sinne der 'deutschen romatik' und der damit einhergehenden 'aufklärung' nicht zu kennen vorgibt. nichtsdestotrotz hätte er recht, wenn er keine 'verklärung' sondern 'aufklärung' fordern würde. dies liegt jedoch vielleicht auch an den sogenannten 'kuratoren' ...

2

ellybis | 14.07.2010 11:45 Uhr

SehnSucht

Ich erinnere Sie an Ihre Seite Eins im Heft B7, dort heißt es: "gehörte Architektur nicht schon immer zu den Grenzwissenschaften".
Sehnsucht, ein typisch "deutsches" Gefühl.
Was wollen Sie uns eigentlich mit Ihrem Kommentar sagen?

1

alberto | 14.07.2010 11:15 Uhr

Sehnsucht Wolfgang B.

Lieber Wolfgang,
nun lassen sie dich über die Sehnsucht schreiben, wo du m.E. der einzige bist, der keine hat oder sie uns nicht mitteilt. Gib uns doch Geschichte und gib uns Zukunft. Beide benötigen wir so sehr. Du bist doch einer der wenigen, die schreibend Aufbau betreiben könnten. Aber du tust es nicht! Was alles Unschönes am Bau läuft, ist historisch und empirisch ein Dauerbrenner. Also bekannt. Das zu beweinen nützt uns doch nichts. Architektur und das Volk waren doch seit ihrer Entstehung ein Widerspruch. Aber vielleicht geht's ja doch irgendwie!
Wolfgang, legt die Guide Lines aus und die Messlatte hoch, auf zur WB-Architektur, wir brauchen Orientierung und nicht Prügel, das macht die ohnehin nicht leichte Aufgabe der Architektur doch nur noch schwerer. Wer sollte es sonst können, wenn nicht du!
Herzliche Grüße und einen Schluck Elbwasser zur Kühlung sende ich Dir. Dein Volker Roscher

 
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