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04.10.2021
Planet Germany in Dubai
Deutscher Pavillon auf der World Expo 2020 von LAVA
Mit einem Jahr pandemiebedingter Verspätung hat am 1. Oktober in Dubai die World Expo 2020 eröffnet. Im Vergleich zur Expo in Mailand 2015 ist das Gelände von Dubai mit über 400 Hektar doppelt so groß. 192 Nationen nehmen mit eigenen Pavillons teil. Der Deutsche Pavillon „Campus Germany“ setzt auf Formengewitter und visuelle Reize.
Von Christian Brensing
Die World Expo 2020 Dubai ist ein Projekt von Nationen und Firmen, gefühlt vergleichbar mit dem Aufwand einer Weltraummission. Über Sinn und Zweck lässt sich wie immer trefflich streiten, denn Weltausstellungen scheinen oft genauso weit von den Belangen der Erde entfernt wie Raumschiffe im All. Die Vereinigten Arabischen Emirate jedenfalls definieren sich als Drehscheibe der Welt, wo interkulturelle und wirtschaftliche Ströme zusammenfließen. In diesem Sinne ist die World Expo 2020 Dubai das Konzentrat dieser Ambitionen.
Im Vergleich zur letzten Weltausstellung in Mailand 2015 ist das Expo Gelände von Dubai mit 438 Hektar doppelt so groß. Der Deutsche Pavillon steht an prominenter Stelle. An der zentralen Al Wasl Plaza und neben dem Pavillon der gastgebenden Vereinigten Arabischen Emirate von Santiago Calatrava Architects & Engineers buhlt das von LAVA Laboratory for Visionary Architecture (Sydney, Stuttgart, Berlin) entworfene Gebäude um Aufmerksamkeit. Mit 4.800 Quadratmetern BGF ist es, neben Frankreich und Saudi-Arabien, einer der größten Länderpavillons. Den Spagat zwischen Repräsentanz, Faszination und Botschaft erläutert Tobias Wallisser von LAVA wie folgt: „Es gibt zwei Typologien von Pavillons. Die eine ist eine Ausstellungshalle mit Wunderkammer, sprich vielen Exponaten, die andere ein Auditorium mit speziell aufbereiteten medialen Botschaften. Wir haben uns für eine Mischung aus beiden entschieden.“
LAVA sind für die Architektur und das räumliche Konzept verantwortlich. Als Generalunternehmer fungieren facts and fiction (inhaltliches Konzept sowie Ausstellungs- und Mediengestaltung) und Nüssli Adunic (bauliche Ausführung). Während die Architekt*innen erstmalig im Planungsteam einer World Expo vertreten sind, waren die beiden Generalunternehmer unter anderem schon an den World Expos in Shanghai 2010 und Mailand 2015 beteiligt. Diese Organisationsstruktur verrät einiges über den Stellenwert der Architektur beim deutschen Beitrag dieser Expo, was sich nicht zuletzt im selbstbewusst-robusten Erscheinungsbild des deutschen Pavillons spiegelt. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die Organisation liegt bei der Koelnmesse GmbH.
Die Mehrzahl der Länderpavillons reflektiert das Expo-Motto „Connecting Minds, Creating the Future“ im besten Fall künstlerisch-spielerisch. Verglichen mit der kommerziellen Oberflächlichkeit vieler Beiträge gelingt es „Campus Germany“, einige brennende Fragen unserer Zeit in den Fokus zu nehmen. Architektur und Durchwegung schaffen eine abwechslungsreiche Plattform für unterschiedlichste Aktionen, die räumlich und inhaltlich als „Curriculum“ inszeniert sind. Die Besucher*innen „immatrikulieren“ sich mit einer persönlichen Karte und erhalten interaktiven Zugang zu den Exponaten in drei Labs, die sich den Themen Energie, Stadt der Zukunft und Biodiversität widmen.
Als recyclingfähige Stahlkonstruktion mit Fassaden aus Sandwichpaneelen, Glas und PTFE-Membranen soll das gesamte Bauwerk am Ende der Weltausstellung nach dem 31. März 2022 zu über 90 Prozent rückgebaut werden. Der weitgehend stützenfreie Pavillon definiert sich über individuelle, kubische Baukörper, in den sich unter anderem die Labs befinden, die die Lasten abtragen. Das räumliche Erlebnis spielt sich zwischen dem aus Vektorfeldern konzipierten Sockel und dem Dach ab, dessen Feldlinien in Form von weißen Metallstangen dargestellt werden. Das Tragwerk wurde von schlaich bergermann partner sbp geplant. Für das Klimakonzept zeichnet Transsolar Klimatechnik verantwortlich.
Da Weltausstellungen heutzutage in erster Linie mediengerecht inszeniert werden und vor allem auf den kalkulierten Knalleffekt der „Bilder“ auf Social Media setzen, sollte man sich auf deutscher Seite auch fragen, wie sich das ganze noch farbenfroher feiern ließe, und ob es dazu neben der Architektur nicht auch noch anderer Professionalität bedarf.
Fotos: Christian Keller
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