Gestern hat in Hannover die LIGNA eröffnet – die internationale Leitmesse für Forst- und Holzwirtschaft. Längst ist es Tradition, dass auf einer solchen Veranstaltung nicht nur die üblichen, eindrucksvollen Maschinen und Anlagen zu sehen sind, die für die Holzverarbeitung notwendig sind, sondern dass auch ein renommierter Architekturpreis vergeben wird, der deutlich macht, welchen Stellenwert das ästhetisch und konstruktiv anspruchsvolle Bauen mit Holz derzeit hat.
Mit dem Deutschen Holzbaupreis wurde heute auf der LIGNA die wichtigste nationale Auszeichnung für das Bauen mit Holz vergeben. Der Preis wird seit 2003 alle zwei Jahre verliehen. Eine Fachjury bewertete mehr als 200 Arbeiten, die von Neubauten über Gebäudesanierungen bis zu Produktentwicklungen reichen. Dementsprechend wird der Preis in drei Kategorien ausgelobt: Neubau, Bauen im Bestand sowie Komponenten/Konzepte. Die Jury entschied diesmal jedoch, zwei Neubauten und zwei konzeptionelle Arbeiten auszuzeichnen. Hinzu kamen sieben Anerkennungen. Die Auseinandersetzung mit dem Bestand blieb ausgespart. Insgesamt wurden Preisgelder in Höhe von 20.000 Euro vergeben.
Ausgezeichnet wurden folgende vier Projekte:
- Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf, Hermann Kaufmann ZT und Florian Nagler Architekten, ARGE Diedorf (München)
- Sporthalle in Haiming, Almannai Fischer Architekten (München) und Harald Fuchshuber (Altötting)
- Aktivhaus-Serie 700 in Winnenden, Werner Sobek (Stuttgart)
- Stuttgarter Holzbrücke, Konzeptstudie, Materialprüfanstalt Universität Stuttgart, Schaffitzel Holzbau (Schwäbisch-Hall), Knippers Helbig Ingenieure (Stuttgart), Cheret Bozic Architekten (Stuttgart)
Mit dem Schulbau in Diedorf bei Augsburg – die bislang größte deutsche Plusenergieschule in Holz – konnten
Florian Nagler Architekten als Teil einer ARGE ihre Erfolgsserie beim Holzbaupreis fortsetzen, denn drei Mal in Folge wurde das Münchner Büro nun bereits ausgezeichnet. Ebenfalls in Bayern gelegen – ist das Zufall oder schlägt sich hier eine besondere Sensibilität nieder? – ist die bereits häufig publizierte Sporthalle von
Almannai Fischer Architekten und
Harald Fuchshuber in der 2400-Seelen-Gemeinde Haiming, die eindrucksvoll zeigt, was auch mit überschaubarem Budget machbar ist.
Die beiden konzeptionellen Arbeiten spiegeln erstens tagesaktuelle Herausforderungen und zweitens klassische Konstruktionsaufgaben der Ingenieursbaukunst wider. Die modular organisierte Aktivhaus-Serie 700 entstand als Antwort auf die Herausforderungen der aktuellen Flüchtlingsbewegungen. Eine erste Realisierung in Winnenden macht das von
Werner Sobeck entwickelte System greifbar. Die Jury lobt: „Die vollmodulare, industriell gefertigte Aktivhausserie zeichnet sich durch eine herausragende Konzeption, durchdachte minimalistische Gestaltung und flexible Nutzungsmöglichkeiten aus.“
Die Ergebnisse einer echten interdisziplinären Teamarbeit kann man beim Konzept „Stuttgarter Holzbrücke“ bewundern. Die
Materialprüfanstalt der Universität Stuttgart, die
Schaffitzel Holzbau GmbH aus Schwäbisch-Hall,
Knippers Helbig Ingenieure aus Stuttgart und
Cheret Bozic Architekten, ebenfalls aus Stuttgart, sind für das Konzept einer Fuß- und Radwegbrücke verantwortlich, an der der Jury vor allem gefiel, dass auch „die wichtigen Aspekte des konstruktiven Holzschutzes bis hin zu einem qualitätssichernden Monitoring für ein frei bewittertes Holzbauwerk berücksichtigt“ wurden.
Alle vier Auszeichnungen gingen dieses Mal nach Süddeutschland. Heißt das, gute Holzarchitektur entsteht in Bayern, cleveres Engineering in Stuttgart? Die nächste Runde in zwei Jahren wird zeigen, ob sich dieser Trend bestätigt.
(gh)
Fotos: Zooey Braun, Carolin Hirschfeld, Sebastian Schels / PK Odessa, ARGE + FMPA Stuttgart
Baunetz ist Medienpartner des Deutschen Holzbaupreises.