Glücksritter unter sich: Will Alsop und Jan Störmer lernten sich Ende der 80er Jahre beim Hamburger Bauforum kennen, und von dort führte der Weg zum damaligen Oberbaudirektor der Stadt, Egbert Kossak. Man wolle künftig zusammenarbeiten und darum gemeinsam zu einem Wettbewerb eingeladen werden, sagten sie. Das schließlich aus diesem Selbstbewusstsein resultierende Fährterminal, das in Zusammenarbeit mit der Planungsgruppe me di um (später me di um Architekten) entworfen und umgesetzt wurde, gehörte zu den ersten Projekten, mit denen sich Hamburg als Architekturstadt an der Elbe neu erfand. In ihrem gemeinsamen Büro entstanden in den nächsten zehn Jahren bekannte Projekte wie die Department-Verwaltung in Marseille oder die Peckham Library in London, die mit dem Stirling Prize ausgezeichnet wurde.
Das glücksritterhafte, das Will Alsop – bei aller seriöseren Architektenarbeit – durchaus im positiven Sinne auszeichnet, zieht sich eigentlich durch seine gesamte Karriere. Bereits mit 23 Jahren konnte er als Student der AA im Wettbewerb für das Centre Pompidou den 2. Platz gewinnen, und immer wieder gelang es ihm später, durch unerwartete Wendungen und große Überzeugungskraft seine Geschäfte nach schwierigen Phasen wieder in Schwung zu bringen. Dazu zählten auch – wie Guardian-Autor Oliver Wainwright es in seinem Nachruf auf den 1947 geborenen Alsop beschreibt – jene zeitweilige Spezialisierung auf spektakuläre Erneuerungsvisionen für englische Städte im postindustriellen Niedergang. Dabei half ihm sicherlich seine Inszenierung als kontroverser Charakter der britischen Architekturszene, die er aber um eine mitreißende Lust an der Architektur ergänzte. Dass Spaß etwas sei, das ernst genommen werden müsse, war in gewisser Weise auch sein gestalterisches Motto, so Alsop selbst in einem Interview.
Für ihn folgte aus dieser Haltung – die er während seiner vierjährigen Arbeit für Cedric Price bestimmt vertieft haben dürfte – ein undogmatischer Zugang zur Architektur, der ihm eine große stilistische Varianz erlaubte. War das Fährterminal eher Hightech, beschrieb Alsop umgekehrt sein erstes wichtiges eigenes, unrealisiertes Projekt von Anfang der Achtzigerjahre als entschieden postmodern. Und in Marseille gelang ihm dann zusammen mit Störmer eine zeichenhafte Setzung aus blauem Glas, die sich allen Kategorisierungen entzog. Spätere Projekte wie die Peckham Library, das Colorium in Düsseldorf oder das Design Centre von Toronto zeugten schließlich von einem modernen, oft bunten Optimismus, wie man ihn sonst eher aus den Niederlanden kennt. Oft genug beklagte er sich dahingehend auch über die britische Auftragslandschaft, die solche unkonventionellen Projekte allzu selten zulasse.
Einige seiner ambitioniertesten Ideen und Projekte – darunter am prominentesten seine Wolke für Liverpool – scheiterten allerdings nicht zuletzt an Budgetfragen, was umgekehrt auch die ökonomische Grundlage seiner eigenen Unternehmungen – Störmer und Alsop hatten sich um 2000 getrennt und danach folgten unterschiedliche neue Konstellationen – immer wieder zum Wackeln brachte. Für Alsop mag dies aber gar nicht mal so schlimm gewesen sein, betonte er doch immer wieder, dass Ideen nicht unbedingt realisiert werden müssen, um Einfluss zu nehmen. Trotzdem dürfte es für ihn – der 2009 kurzeitig seinen Rücktritt als Architekt zu Gunsten seiner zweiten Leidenschaft, der Malerei erklärt hatte – eine Befriedigung gewesen sein, dass es gerade in den letzten Jahren wieder gut lief. In Toronto, wo er vor kurzem zwei U-Bahn-Stationen fertigstellen konnte, aber nicht zuletzt in China fanden sich nun Auftraggeber, die seine spektakulären Entwürfe nicht nur auf dem Papier zu schätzen wussten, sondern sie – beispielsweise in Shanghai – auch finanzieren konnten. Nach kurzer Krankheit ist Will Alsop am vergangenen Wochenende im Alter von 70 Jahren gestorben. (sb)
Zum Thema:
Drei jüngere Projekte von Will Alsop im BauNetz: Ein spektakulärer Wohnungsbau in Manchester, ein Museum in West Bromwich und eine Cricket-Tribüne in Leeds.
Anmerkung der Redaktion: Der Wettbewerb zum Fährterminal wurde von Will Alsop zusammen mit der Planungsgruppe me di um bearbeitet, bei der Jan Störmer damals noch Partner war. Nach seinem Austritt aus dem Büro begann seine Kollaboration mit Alsop, während das Fährterminal selbst in Zusammenarbeit mit dem nun umfirmierten Büro me di um Architekten Jentz Popp Wiesner fertiggestellt wurde. Ebenfalls beteiligt war außerdem Holger Jaedicke als zuständiger Projektleiter im Büro Alsop & Lyall.
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That's the way it goes. | 14.05.2018 18:05 UhrEverything from the ground to 10 metres and higher should float and not touch the ground The ground should be given to people and gardens, not buildings.
Will Alsop war ein extrem inspirierender Mensch. Seine Bilder und Projekte werden immer inspirierend bleiben. Bauten wie die Peckham Library oder das Sharp Centre for Design sind ein kraftvolles Vermächtnis und werden Menschen immer inspirieren.
Worte wurden zu Bildern, Bilder zu Architektur. Wie nur ganz wenigen gelang es ihm zuzuhören, mit Worten die Phantasie zu wecken und aus Bildern Architektur werden zu lassen.
Das alles auf eine menschliche, lockere und doch verbindliche Art. An meine Zeit als Student und Diplomand, in der ich mit ihm arbeiten durfte, werde ich immer gerne und mit größtem Respekt zurückblicken.
RIP Will