RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Schaulager_Boijmans_Van_Beuningen_von_MVRDV_7418058.html

25.09.2020

Spiegelei in Rotterdam

Schaulager Boijmans Van Beuningen von MVRDV


Alles im Zeitplan: Kaum fünf Jahre nach dem offiziellen Startschuss haben MVRDV in ihrer Heimatstadt Rotterdam das Depot Boijmans Van Beuningen fertiggestellt. Das Gebäude ist eine Erweiterung des berühmten Museums Boijmans Van Beuningen, dessen denkmalgeschützter Altbau bereits 2003 um einen modernen Anbau ergänzt wurde, das aber bereits seit Jahren instandsetzungsbedürftig ist. Seit Februar diesen Jahres ist amtlich, dass Mecanoo aus dem nahen Delft die Renovierung übernehmen, die sich voraussichtlich bis 2026 hinziehen wird. Währenddessen wird die gesamte Sammlung im neuen Depot untergebracht. Der Clou: Alle Kunstwerke sind dort jederzeit einseh- und vorzeigbar.

Der eiförmige Bau besticht durch seine Spiegelfassade aus insgesamt 1.664 Paneelen. Er ist 39,50 Meter hoch und besitzt damit exakt die gleiche Höhe wie der Turm des 1935 eröffneten Altbaus von Ad van der Steur. Die Grundfläche des Depots nimmt im Durchmesser 40 Meter ein, nach oben hin verbreitert sich der Bau wie eine Schüssel: auf Dachhöhe beträgt der Durchmesser 60 Meter. Hier findet ein Garten mit Birken Platz. Sowohl die insgesamt 6.609 Quadratmeter große, spiegelnde Hülle als auch der minimierte Fußabbdruck auf dem Boden sollen – den Architekt*innen zufolge – dem umgebenden Park die Hauptrolle im Museumsensemble zusprechen. Klingt bescheiden – was bei einer derart spektakulären Form schicklich erscheint.

Man mag sich bei dem Neubau an die hochglanzpolierte Großskulptur Cloud Gate in Chicago von Anish Kapoor erinnert fühlen. Nur dass sich bei MVRDV eben noch 151.000 Kunstwerke hinter den Spiegeln verstecken. Auf so viele Objekte ist die Kunstsammlung des Museums nämlich in den letzten 170 Jahren angewachsen. Mehr als 63.000 davon sind Gemälde, Fotografien, Filme, vorindustrielle Gestaltungs- und Designobjekte, zeitgenössische Installationen und Skulpturen, hinzu kommen 88.000 Drucke und Zeichnungen. Während Museen üblicherweise nicht mal ein Zehntel ihrer Sammlungen ausstellen – die restlichen 90 Prozent sind in dunklen, gesicherten Depots untergebracht – geht Rotterdam mit dem Neubau einen anderen Weg und macht alle Werke öffentlich zugänglich. Nicht der Kurator oder die Kuratorin entscheidet, was zu sehen ist, sondern die Besucher*innen selbst. Nur bei fragilen Arbeiten ist im Vorfeld eine Anmeldung notwendig. 1.900 Quadratmeter des Hauses werden an Privatsammler*innen, Firmensammlungen oder anderen Museen vermietet, deren Kunst damit ebenfalls zugänglich gemacht wird.

Die Besucher*innen gelangen über fünf große Zickzack-Treppen im zentralen gläsernen Treppenhaus auf die fünf Etagen des Hauses. Ihre wild anmutende Platzierung ist von den Stichen Piranesis inspiriert, wie sich schon beim Baustellenbesuch gut erkennen ließ. Die Kunstwerke werden auf gut 15.000 Quadratmetern Grundfläche so effizient wie möglich gelagert: entweder in Regalen, an Ziehwänden aufgehängt oder in Vitrinen. Um optimale Bedingungen für die unterschiedlichen Objekte zu gewährleisten wurden fünf verschiedene Klimazonen eingerichtet. Dem zwangsweise hohen Energieverbrauch versucht das Gebäude mit einigen technischen Einrichtungen gegenzusteuern. Dazu zählen ein geothermischer Wärmetauscher, Photovoltaik, ein innovatives System zur Klimaregelung sowie ein Regenwasserspeicher, der Wasser für den Dachgarten und die Toilettenanlagen liefert.

Das Dach, auf dem 75 Birken stehen, ist über einen Expressaufzug direkt und unabhängig von einem Ticket erreichbar. Es erweitert damit den öffentlichen Raum der Stadt gewissermaßen um einen weiteren kleinen Park. Hier finden die Besucher*innen einen kreuzförmigen Pavillon, in dem ein Restaurant liegt und der auch als Veranstaltungsraum genutzt werden kann. Vor allem aber kann man einen Panoramablick auf Rotterdam genießen, das mit dieser Ikone zweifelsohne um ein weiteres spektakuläres Wahrzeichen reicher ist. Nach der Fertigstellung der Innenräume soll der Bau im Herbst 2021 offiziell eröffnet werden. (stu)

Fotos: Ossip van Duivenbode, Rob Glastra


Video:


Auf der Baustelle des Depot Boijmans Van Beuningen: Die erste Tür wird eingesetzt. from Museum Boijmans Van Beuningen on Vimeo.



Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare:
Kommentare (6) lesen / Meldung kommentieren


Alle Meldungen

<

28.09.2020

Stubenarrest

Online-Vorträge aus Münster

25.09.2020

Firmensitz mit Outlet

Dietrich Untertrifaller Architekten bei Graz

>
vgwort