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10.01.2024
Wohnen wie Louis Ferdinand
Denkmalgerechte Erweiterung in Bremen von Felix Brinkhege
Der Bremer Ortsteil Borgfeld wird auf Grund seiner Lage an der Wümme und deren Landschaft mit Deichen, Niederungen und Feuchtwiesen gelegentlich auch als Dorf in der Stadt bezeichnet. Hier entstand bis 2022 auf dem Parkgrundstück des denkmalgeschützten Wümmehofs ein Projekt des Mehrgenerationenwohnens. Entworfen und geplant hat die drei, mit Rücksicht auf den Bestand eingefügten Häuser der Bremer Architekt Felix Brinkhege.
Der Wümmehof wurde 1938/39 nach Plänen des Bremer Architekten Friedrich Schumacher – jüngerer Cousin des gleichnamigen Hamburger Oberbaudirektors und Vertreters des Backsteinexpressionismus Fritz Schumacher – für einen Bremer Kaufmann im konservativen Landhausstil errichtet. In Teilen erhalten blieben die 1909 fertiggestellten Parkanlagen des Bremer Gartenarchitekten Friedrich Gildemeister. Das rund 10.000 Quadratmeter große Areal mit altem Eichenbestand ist eingebettet zwischen Deich und Naturschutzgebiet und wird an der nordöstlichen Schmalseite durch den Fluss Wümme begrenzt.
Bemerkenswert ist das seit 2013 unter Schutz gestellte Gesamtensemble nicht nur architektonisch, sondern auch als Ort der Zeitgeschichte. Das aus Haupthaus und Pförtnergebäude bestehende Anwesen war ab 1950–94 Wohnsitz von Prinz Louis Ferdinand von Preußen, Enkel des letzten deutschen Kaisers. 2014 verkaufte die Familie Hohenzollern den Wümmehof an die Bremer Immobilienunternehmer Anton Brinkhege und Thomas Stefes. Anschließend wurde das historische Ensemble in Abstimmung mit dem Bremer Amt für Denkmalpflege im Inneren neu aufgeteilt und saniert. Darüber hinaus konzipierte man die schonende Erweiterung und Umnutzung des Ortes für gemeinschaftliches Wohnen, ohne wesentlich in die Parkanlage einzugreifen oder das Grundstück zu teilen – also ohne Carports oder Zäune.
Stattdessen blieb der Bereich zwischen Haupthaus und Wümme ebenso unberührt wie der alte Baumbestand im vorderen Grundstücksbereich. Dazwischen platzierten die Architekt*innen vier Wohneinheiten, ein Doppelhaus und zwei freistehende Häuser mit Flächen zwischen 100 und 130 Quadratmetern. Da das Grundstück vor dem Deich und innerhalb des Überschwemmungsgebiets der Wümmewiesen liegt und regelmäßig überflutet wird, sind die Häuser nicht unterkellert, sondern stehen zum Schutz vor Hochwasser auf kleinen Warften. Um den ländlichen Charakter des Ensembles zu wahren, erinnert die Formensprache der Neubauten an landwirtschaftliche Typologien des ehemaligen Bestands.
Auch die Materialien sind von lokalen Traditionen inspiriert. Die karbonisierten Holzfassaden der beiden „Scheunenhäuser“ haben ihr Vorbild in den Verfahren der Torfstecher zur Haltbarmachung von Bohlen im Moor. Die Fassaden des dritten Hauses bestehen aus einer Mischung unterschiedlicher, mit Torf gebrannter Klinker. Die großen, festverglasten Fenster stehen auf auskragenden Stahlwinkeln, um innen eine ausreichende Tiefe für Sitz- und Liegemöglichkeiten zu schaffen. Die Innenräume sind von Böden, Vertäfelungen und Einbaumöbeln in Eiche sowie Sichtbeton geprägt. Die Alt- und Neubauten bilden zusammen eine geschützte Hofsituation. Park und Flusszugang samt Steg und Bootshaus werden von den Bewohner*innen gemeinschaftlich genutzt und gepflegt. (uav)
Fotos: Felix Brinkhege, Caspar Sessler
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