Gerade erst lobte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) erstmals den Westfälischen Preis für Baukultur aus und sucht nach qualitätvoller Alltagsarchitektur (siehe BauNetz-Meldung vom 16. Dezember 2009), da wirft ein interner Vorgang ein ganz anderes Licht auf die Baukultur-Ambitionen im eigenen Haus.
Denn wie jüngst bekannt wurde, plant der LWL, der auch als Obere Denkmalschutzbehörde fungiert, auf seinem eigenen Areal in Münster den Bau einer großräumigen Parkpalette für 180 Stellplätze und beabsichtigt, hierfür eine denkmalwerte Autogarage (Baujahr: 1950/51) von Werner March, dem Architekten des Berliner Olympiastadions, abzureißen.
Hierbei handelt es sich um eine mehrteilige Anlage, die aus einem Randgebäude mit zwei Pavillons sowie einem langgestreckten Mittelgebäude mit Pilzstützen an seinen Schmalseiten besteht.
Bereits 1987 bewertete die städtische Denkmalbehörde dieses Bauwerk als „letztes Tankstellengebäude seiner Art im Stadtgebiet“. Auch für den Bauhistoriker und March-Experten Wolfgang Schäche (Berlin) stellt diese dynamisch geformte Autogarage eines der letzten raren Beispiele moderner Wiederaufbauarchitektur dar. Bereits von 1936 bis 1940 entwickelte March für Braunschweig, Hannover und Magdeburg verschiedene Autobahntankstellen-Typen, die jedoch allesamt spätestens in den 1980er-Jahren abgerissen worden sind. Zwei ähnliche Tankstellen von Friedrich Tamms existieren noch in Fürstenwalde (Brandenburg) und Stettin (Polen).
March hatte von 1945 bis 1953 seinen ersten Wohnsitz in Minden. Von dort plante er auch für Münster. Die Tankstelle stellt hierbei ein Nebengebäude des Landeshauses dar, dem heutigen LWL-Hauptsitz, das ebenfalls von ihm stammt. Auch die gegenüberliegende Landesbank erhielt ihre Neubauten ab 1950 durch March, von denen etliche jüngst ebenfalls einem Neubau weichen mussten. Das nun bedrohte Autogaragen-Ensemble liegt in einem stillen Winkel der Innenstadt zwischen Promenade und Altem Hörster Friedhof an einer für Fußgänger und Radfahrer attraktiven Wegeverbindung.
Stefan Rethfeld und Jan Rinke, die für Münster den kommentierten Monatskalender architektur stadt ms herausgeben, betonen, der Abriss käme einer Realsatire gleich: „Gerade eine Denkmalbehörde sollte Vorbild sein im Finden qualitätvoller Lösungen und Umnutzungskonzepte von denkmalwerten Bestandsbauten“.
Wir hatten über die Gefährdung der Tankstelle in Münster bereits kurz in der BauNetzWOCHE#157 berichtet. Inzwischen gibt es auf den Internet-Seiten des Westdeutschen Rundfunks ein sehenswertes Video zum Thema.
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Hausmann | 22.01.2010 20:46 UhrModerne im Nebel.
Was bezweckt das Denkmalschutzbashing in diesem wie anderen, ähnlichen Fällen wie Stuttgarter Hauptbahnhof, Niedersächsischer Landtag usw.?
Wer sich einmal ernsthaft mit der Verwaltungsstruktur des staatlichen Denkmalschutzes beschäftigt hat, wird feststellen, dass diese sehr häufig in wesentlich größere Verwaltungseinheiten - Landesverwaltungsämter, Regierungspräsidien, Landschaftsverbände eingebunden sind, die vieles mehr tun als ausschließlich Denkmalschutz zu betreiben. Auch eigenständige Landesämter sind zweifelsohne in die Hierarchiestruktur der Landesverwaltung eingebunden. Dass die Verwaltungsdenkmalpflege in prekären Vorgängen schnell den Mund verboten bekommt, ist Alltag.
So ärgerlich all die durch staatliche Institutionen gefährdeten modernen und vormodernen Denkmale sind - dieses nun zum Anlaß zu nehmen, sich am Denkmalschutz abzuarbeiten zeugt darum bestenfalls von Unwissenheit, schlimmstenfalls von einer gezielten Irreführung.
Überschrift wie Inhalt des Artikels und Kommentar 1 schwingen diese tumbe Keule, die weder dem Denkmalschutz noch den Gebäuden selbst irgendwie helfen. Es ist angeraten, auf die zu zielen, die wirklich verantwortlich für die Abbrüche sind, auch wenn es mehr Mühe macht, diese zu benennen.