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14.04.2016
Die Einheitswippe kippt
Denkmal in Berlin wird nicht gebaut
Von Sophie Jung
Der Volksmund hatte schon einen Namen für das Denkmal, ehe es überhaupt gebaut werden konnte: Einheitswippe. So grob nennt man die große schwankende Schale, die Choreografin Sasha Waltz und das Büro Milla & Partner (Stuttgart) seit 2011 geplant haben, vor das Berliner Schloss zu setzen. Seit gestern steht fest: Aus der Wippe wird nichts werden.
Obwohl nie gebaut, hat die Wippe im Vorfeld schon für viele Diskussionen gesorgt. Allein der Wettbewerb, den Kulturstaatsminister Bernd Neumann in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auslobte, sorgte wegen der vielfach kritisierten Einreichungen für Debatten. Nachdem Sasha Waltz zusammen mit Milla & Partner 2011 den Zuschlag erhielt, stieg die Choreografin wieder aus, weil sie durch Auflagen die Wippen-Idee des Denkmals nicht ausreichend zu verwirklichen sah. Bauverzögerungen begleiteten das Projekt – erst verschob man die Fertigstellung von 2013 auf 2016, dann auf 2017 – und schließlich stiegen die Kosten ins Endlose. Zuletzt sprach man von 15 Millionen Euro. Doch eigentlich verlor das Denkmal im Laufe der Komplikationen zunehmend an Rückhalt. „Es gibt keine positive Rezeption, es gibt auch keinen Politiker, es gibt keinen Grund, dieses Denkmal an dieser Stelle so zu bauen, und dann auch noch in dieser Form“, schrieb Architekturkritiker Nikolaus Bernau. Am gestrigen Nachmittag hat der Haushaltsauschuss des Bundestag nun einstimmig beschlossen, die Wippe nicht zu bauen.
Ist der Beschluss nun bedauerlich oder nicht? Die riesige, begehbare Schale sollte ein Zeichen der friedlichen Revolution 1989/1990 sein. In ihrer Innenwand sollten die Schlüsselsätze „Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk“ angebracht werden. Das dynamische Objekt – wirklich eine Schale? Vielleicht doch ein Flügel, ein Blatt oder eine geöffnete Hand? – sollte als erlebbares Symbol für die Gesellschaft je nach Bewegung der Personen auf der Plattform leicht schwanken können. Mit Verlaub, das ist kitschig. Zudem ist der geplante Standort der Wippe in der historischen Berliner Mitte ein sensibles Terrain: Noch ist das barocke Schloss, vor dessen Portal das Denkmal stehen sollte, nicht in seiner vollen Wucht errichtet und nebenan droht ein historisches Original, die Friedrichswerdersche Kirche, einzustürzen. Bei so viel Überlagerung ist ein wenig Leere vor dem Schlossportal gar nicht schlecht. Es kommt also nicht nur ein Gefühl der Befriedigung auf, wenn die Einheitswippe nicht gebaut werden wird, sondern: tatsächliche Erleichterung.
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