Man kann sich gut vorstellen, dass das ewige Hin und Her beim Hochhauskomplex De Rotterdam seinem Architekten Rem Koolhaas keinen Verdruss, sondern vor allem heimliche Freude bereitet hat. Denn von Anfang an, seit 1997, war das Projekt vor allem ein Spiegel der Kräfte des Marktes, die sich nun doch noch in insgesamt 162.000 Quadratmetern an Wohn-, Büro- und Hotelnutzungen sowie einigen öffentlichen Programmen materialisiert haben. Und zwar nicht trotz, sondern wegen der Krise, da erst durch sie die Baukosten niedrig genug waren, um das jetzt fertig gestellte Projekt zumindest auf dem Papier rentabel erscheinen zu lassen.
Eigentlich reicht das Projekt sogar in die frühen achtziger Jahre zurück, als OMA von der Stadt mit einer Studie für Wohnhochhäuser ebenfalls an der Maas beauftragt wurde. Die Idee war eine Reihe verspringender und angeschrägter Volumen, die das Stadtbild aus dem vorbeifahrenden Auto um eine „kinetische Erfahrung“ bereichern sollten. Die Zeichnungen von damals sind längst in der Sammlung des MoMA gelandet, doch Fragmente dieser Idee sind nun, beim Weg über UN Studios Erasmusbrücke, im De Rotterdam zu wiederzufinden.
Der Name des Gebäudes, das auf der Halbinsel Kop van Zuid neben Nachbarn von Foster, Siza, Mecanoo und Piano steht, verweist außerdem auf einen zweiten wichtigen Einfluss. Die De Rotterdam war das Flaggschiff der Holland-Amerika-Linie, die über Jahrzehnte hinweg Zehntausende nach New York brachte, dessen Hochhäuser Koolhaas dann bekanntlich später ausgiebig studierte. Eine wichtige Erkenntnis dieser Studien war das Prinzip der Lobotomie, der Trennung der äußeren Erscheinung eines Gebäudes von seinen banal gestapelten Geschossflächen, die dafür jedes beliebige Programm aufnehmen können. Und viel mehr gibt es eigentlich auch zum neuen Hochhaus nicht zu sagen, was aber im Kontext von Delirious New York auch als Kompliment zu verstehen ist.
Spannend beim De Rotterdam ist dann allerdings doch, dass es sich eben nicht nur um ein Hochhaus, sondern um derer drei handelt. Der Komplex ist also nicht nur, wie von den Architekten betont, eine vertikale, sondern auch eine horizontale Stadt, die vom gemeinsamen dreißig Meter hohen Sockel mit seiner Reihung von Lobbys, Restaurants, Bars und anderen Freizeitaktivitäten profitiert.
Mit freistehenden Volumen wäre eine solche Verdichtung nicht möglich gewesen, was De Rotterdam eben auch zu einem spezifisch europäischen Hochhaus jenseits der knappen Grundstücke des amerikanischen Straßenrasters macht. Dass die Fassaden dabei fast so banal wirken wie die der in Delirious New York als Beispiel für den Niedergang des Manhattanismus angeführten XYZ-Building, kann man da fast schon als weiteren Kommentar zum europäisch-amerikanischen Hochhausdialog sehen.
Hauptnutzerin der Büroflächen ist übrigens die Stadt Rotterdam, wobei nur deren Mietzusicherung das Projekt überhaupt erst möglich gemacht hat. Als letzte Pointe war es am Ende also doch ein weiteres Mal die öffentliche Hand, die ein privates Projekt gerettet hat. Ganz so, wie in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft, die doch eigentlich immer behauptet, der Einfluss des Staates müsse reduziert werden. (Stephan Becker)
Fotos: Ossip van Duivenbode, Michel van de Kar, Charlie Koolhaas und Philippe Ruault
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auch ein | 25.11.2013 15:22 Uhrarchitekt
man hat versucht, natürliches licht reinzubekommen.
mit dem nachteil, dass sich jetzt jeder von einem zum anderen "Turm" auf höchstens 10m luftlinie ins zimmer schaut..........
das wird eine lamellenorgie