Neulich wurde gefeiert: Bei David Chipperfield Architects fand eine kombinierte Housewarming Party und Buchpräsentation statt. Offiziell angewärmt wurde die seit dem Frühjahr 2013 abgeschlossene Erweiterung mit Kantine des Berliner Büros, vorgestellt die nach vielen Einzelpublikationen erste Werkmonografie des Londoner Architekten. „David Chipperfield Architects“ – so der schlichte Titel.
„Wir sind ständig schuldig, indem wir gleichzeitig zu viel und zu wenig von der Architektur erwarten.“ David Chipperfield selbst stellt dem (rein englischsprachigen) Buch eine Einführung voran, in der er in angenehm klaren und knappen Worten seine Haltung als Architekt schildert. Das kulminiert in den Feststellungen, dass Architektur keine isolierte Praxis sei und dass ungeachtet des „oberflächlichen und ungeduldigen“ Drucks, der heute herrsche, die Architekten das richtige Verhältnis zu den unvermeidbaren Mächten finden müssten: Geld und Verwaltung.
Die Autoren der drei weiteren Beiträge greifen diesen Punkt auf. An der Beschreibung konkreter Beispiele machen sie die Hauptmotivation von David Chipperfield Architects fest, ohne die Imitation historischer Stile immer die (Bau-)Geschichte des jeweiligen Orts einzubeziehen, sie modern zu interpretieren und sie sogar fortzuschreiben.
In seinem Essay „Simple, Ordinary, Complex“ geht der Mailänder Fulvio Irace zu den Anfängen des ersten Büros zurück, das Chipperfield nach der Mitarbeit bei Rogers und Foster 1985 in London gründete – und mit seiner Haltung, aus dem Alltäglichen etwas Besonderes zu machen, erst einmal gegen den Strom des damaligen Zeitgeistes der Aufmerksamkeit heischenden Architektur schwamm. Kontinentaleuropa, vor allem Italien und Deutschland, boten zunächst mehr Möglichkeiten, Innovation und Tradition zu eigenständigen Bauten zu vereinen.
Mit „A German Perspective“ betrachtet Tagesspiegel-Redakteur Bernhard Schulz die Beispiele aus dem Œuvre, die hierzulande entstanden sind. Er spielt die Chipperfield-Charakteristika an einer frühen Dahlemer Villa, dem Literaturmuseum in Marbach als modernem Tempel, der Erweiterung des Essener Museum Folkwang, das sich entgegen jedem Bilbao-Effekt der ausgestellten Kunst unterordnet, und – natürlich – am „Masterpiece“ Neues Museum durch.
Als „A Disciplined Heart“ bezeichnet der spanische Architekt, Professor und Kritiker Luis Fernández-Galiano David Chipperfield und zieht den Vergleich mit Charles Dickens' Bemühen, Sensibilität und Strenge in Einklang zu bringen.
Den Hauptteil des Buchs füllen 45 Beispiele aus dem Werk Chipperfields. Sie reichen von frühen kleinen Bauten wie Privathäusern über Büros, Labore, Kaufhäuser zu Hotels und auffallend vielen Museen. Die Werkliste zeigt auch: Ob es sich um ein kleines Gebäude oder um städtebauliches Ausmaß handelt, die Leidenschaft von David Chipperfield, sich jeder Aufgabe individuell und handwerklich zu nähern, hat nicht nachgelassen. (Christina Gräwe)
David Chipperfield Architects
Herausgegeben von Rik Nys
Verlag Walther König, Köln 2013
Broschiert, 381 Seiten, 250 Abbildungen, Pläne
Englisch
58 Euro
www.buchhandlung-walther-koenig.de