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09.02.2022

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Zwischen Hauptbahnhof und Stachus

David Chipperfield Architects gewinnen in München


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München poliert sein Zentrum massiv auf. Zwischen Hauptbahnhof und Stachus wird anstelle einer Kaufhauserweiterung aus den 1970er Jahren ein gläserner „Erlebnistempel“ entstehen. Aus einem Ideen- und Realisierungswettbewerb ging das Büro David Chipperfield Architects gemeinsam mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten als Gewinner hervor. Auftraggeber ist die Signa Real Estate.

Von Sabina Strambu

Die Schützenstraße schafft eine kurze, aber wichtige Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Stachus. Momentan ist sie aber vor allem eine einzige Baustellenschneise. Zunächst gibt es da den Kopfbau des Hauptbahnhofs, der kürzlich abgerissen wurde und nach Plänen von Auer Weber Architekten (München, Stuttgart) derzeit neu hochgezogen wird. Gegenüber lief vergangenen Sommer die Kernsanierung eines denkmalgeschützten Kaufhausgebäudes an, das 1905 nach Entwürfen des Münchner Architekten Max Littmann entstand und nun vom frisch umfirmierten Büro allmannwappner (München) herausgeputzt wird.

Hinter dem als Warenhaus Hermann Tietz bekannten Gebäude zieht sich der lange Block der besagten Kaufhauserweiterung aus den 1970er Jahren hin, die ab 2023 weichen wird. An dieser Stelle werden wohl David Chipperfield Architects (London, Berlin) und Atelier Loidl (Berlin) nach der aktuellen Wettbewerbsentscheidung bauen. Gekrönt wird die Baustellenparade zum Stachus hin durch den Neubau des Hotels Königshof nach Plänen von Nieto Sobejano Arquitectos (Madrid, Berlin). All das spielt sich auf knapp 300 Metern ab, die weitgehend als Fußgängerzone ausgewiesen und bislang eher graue Fußmatte denn repräsentatives Vorzimmer der eigentlichen Konsummeile jenseits des Stachus sind.

Vom Bahnhofsvorplatz, der nunmehr autofrei werden soll, bis hin zum Hotelneubau, der die Gemüter seit der Wettbewerbsentscheidung erhitzt, wird hier bald einiges anders aussehen. Nun wurde auch das Geheimnis um das letzte fehlende Glied in der Baustellenkette gelüftet. Anstelle der Kaufhauserweiterung samt angrenzender Blockbebauung zwischen Schützen- und Prielmayerstraße entsteht ein großformatiger Gebäudekomplex für Einzelhandel, Freizeit, Büros und Gastronomie. Alleinige Eigentümerin des von den Kaufhausgebäuden besetzten Areals ist seit 2017 die Signa Real Estate rund um den österreichischen Immobilienunternehmer René Benko.

Seit Anfang 2021 ließ sich erahnen, was für die Neubebauung des trapezförmigen Grundstücks vorgesehen ist. Das Büro allmannwappner (zu dem Zeitpunkt noch Allmann Sattler Wappner) wurde mit einer Vorstudie betraut, aus der auch die Vorgaben für den Realisierungswettbewerb entstanden. So waren etwa Gliederung und Durchgangssituationen vordefiniert sowie offensichtlich eine intensive Landschaftsplanung gefordert, um den vom Bauherrn avisierten Zielen „Nachhaltigkeit, Mobilität und Klimaschutz“ so nahe wie möglich zu kommen. Die Auswahl und Einladung der elf teilnehmenden Büros erfolgte in Abstimmung mit der Stadt München.

Nun steht fest, dass David Chipperfield Architects nach Ansicht der Jury „durch starke Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen des Standortes“ am meisten überzeugte. Im Preisgericht saßen neben Vertreter*innen des Bauherrn, des Stadtrats und Bezirksausschusses auch Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Landschaftsarchitektin und Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Andrea Gebhard, die Architekten Johannes Ernst und Zvonko Turkali sowie DAM-Direktor Peter Cachola Schmal. Die Juryleitung übernahm Ludwig Wappner. Zum Ergebnis erläutert er: „Die Architektur mit einem stark gegliederten Baukörper reagiert auf die Kleinteiligkeit der Gebäude in der Schützenstraße genauso wie auf die Großstrukturen der Prielmayerstraße. Zudem besticht der Entwurf mit zum Straßenraum hin geöffneten Höfen.“ Ebenso imponierte der Jury, dass zahlreiche Terrassen und Dachflächen eine umfangreiche Begrünung zuließen sowie, dass über zwei Passagen eine Verbindung bis hin zum Alten Botanischen Garten entsteht. Die grünen Terrassen – so das Versprechen – sollen zum öffentlichen Raum werden, auch jenseits der Nutzergruppen aus Büros oder Gastronomie.

Der Gewinnerentwurf sieht ein durchgehendes Erdgeschoss in Form einer Pfeilerhalle vor. Zu beiden Straßenseiten bilden Pfeilerarkaden die Schnittstelle zu Kultur, Einzelhandel und Gastronomie. Nach oben verschlankt sich die Struktur. Die Obergeschosse, in denen vorwiegend Büros Platz finden, sollen als Holz-Hybridkonstruktion ausgeführt werden, mit einer Fassade aus grün eloxierten Aluminiumprofilen. Im massiven Untergeschoss sind Ladenzeilen und zwei Parkebenen vorgesehen. Der ambitoinierte Zeitplan geht von einer Fertigstellung bis Ende 2026 aus, für die Baukosten rechnet der Bauherr mit einem „hohen dreistelligen Millionenbetrag“.

Die jahrelang residierende Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof wird folglich ihre Verkaufsfläche reduzieren und später nur noch im Bestandsbau verbleiben. Die dreigeschossige Gebäudebrücke oberhalb der Luitpoldstraße entfällt und legt den Straßenraum wieder frei. Das Gewinnerbüro erklärt: „Als Architekten sind wir uns bewusst, dass die Stadt von der Qualität privater Bauprojekte abhängt, die der Stadt etwas zurückgeben.“ Das Team rund um Chipperfield freue sich darauf, „an diesem Projekt zu arbeiten, dass das Potenzial hat, eine starke öffentlich-soziale Dimension zu schaffen, die die Qualität, den Wohlstand und die Komplexität der Stadt stärkt.“

Auch auf Bauherrenseite scheint der Faktor Öffentlichkeit sehr wichtig. Eine Art Bürgertelefon ist freigeschaltet, und eine Website informiert über die aktuelle „Entwicklung an der Schützenstraße“. Hier können Interessierte bereits länger ihre „Ideen, Meinungen, Wünsche und Bedenken“ äußern. Zudem haust in einem der nun leerstehenden Ladenlokale seit vergangenem Jahr ein Informationszentrum. An dessen Eingangstür steht: „Informieren Mitreden Mitgestalten“. Es soll bald wieder aufmachen, nun nach Ergebnisbekanntgabe des nichtoffenen Wettbewerbs.

Alle Preisträger*innen:

1. Preis: David Chipperfield Architects (Berlin) mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten (Berlin)
2. Preis: BIG Partners Limited (London) mit realgrün Landschaftsarchitekten, Gesellschaft von Landschaftsarchitekten und Stadtplanern (München)
3. Preis: Snøhetta (Oslo/Innsbruck) mit Keller Damm Kollegen  Landschaftsarchitekten Stadtplaner (München)

Die weiteren Wettbewerbsteilnehmer*innen:


  • 03 Architekten (München) mit grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner (Freising)
  • Cobe A/S (Nordhavn) mit nowak.müller Landschaftsarchitekten (München)
  • GRAFT Gesellschaft von Architekten (Berlin) mit KRE_TA Kretschmer Tauscher Sander Landschaftsarchitekten (Berlin)
  • ingenhoven architects (Düsseldorf) mit Topotek 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten (Berlin)
  • Max Dudler (Berlin) mit Hager Partner (Berlin)
  • MVRDV (Rotterdam) mit Wamsler Rohloff Wirzmüller FreiRaumArchitekten Stadtplaner (Regensburg)
  • OLIV Thomas Sutor Architekt (München) mit Pangratz + Keil Landschaftsarchitekten (München)
  • UNStudio/Van Berkel & Bos U.N. Studio (Amsterdam) mit toponauten landschaftsarchitekturGesellschaft (Freising)


Zum Thema:

Die Entwürfe werden vom 17. bis 24. Februar 2022 im Oberpollinger, Neuhauser Straße 18, 80331 München im 5. Stock für die Öffentlichkeit ausgestellt.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

9

STPH | 11.02.2022 16:56 Uhr

...

Auch hier fasst Raster Raum und je größer und offener, um so mehr wird es Ausgangspunkt des ganzen, der Umgebung.

8

tiffys | 10.02.2022 21:40 Uhr

circus der belanglosigkeiten

...was auch immer hier los war und ist.
was soll denn werden?

...das pini haus und der stachus:
urbanität.
schaut man zurück auf diesen stadtknoten dann
lässt sich erkennen: stadttor, dreh und angelpunkt, dichte, das entstehen der urbanität. später dann im wachstum und beginn der moderne, geschäftsleben, fassaden voll reklame, immer mehr, immer prägender - dem ort und der intensität irgendwie gerecht werden; der aufmerksamkeit der menschenströme etwas "abgewinnen". großstadt wie sie sich in unseren köpfen eingeschrieben hat...

hier nun die überschreibung.
eine überschreibung ins abseits.

die stadtplanung hatte hier offenbar nur das baurecht und die maßstäbe in der schublade, der architekt liefert rohling und gewand.
so wie es nun aussieht hat signa hier gut gerechnet, standort+volumen und einen feinen schneider das gewand nähen lassen.

hier war doch die chance:
öffnen, extovertiert, intensität, unvernunft, grell, kleinteilig in größe, aufmerksamkeitssuchend, anlockend, werbend, besonders...

ein klumpen desintresse...



7

peter cachola schmal | 10.02.2022 15:49 Uhr

Mathias

bitte lesen Sie den gesamten bericht, da stand am ende, dass insgesamt 11 arbeiten der jury präsentiert wurden, nur die 3 preisträger wurden bisher veröffentlich. nächste woche wird das gesamte ergebnis in münchen ausgestellt. unter den arbeiten gab es auch entwürfe mit 3 verschiedenen baukörpern. chipperfields arbeit hat die jury jedoch am meisten überzeugt. das offene EG wird sicher funktionieren, die anbindung an die untere verbindungsebene stachus - hertie- hauptbahnhof wird sicher auch angenommen werden. und die oberen baukörper reagierten am sensibelsten auf die umgebungsbauten, die meisten konkurrenten schlugen dagegen innenhöfe vor, um die belichtung für die obergeschossigen arbeitsplätze zu lösen. chipperfield wies darauf hin, dass nur etwa 150 meter weiter nördlich im alten botanischen garten der glaspalast von august von voit von 1853 bis 1931 stand. an ihn erinnert die glaskonstruktion der holzobergeschosse, die mit grünem metall geschützt werden - ich finde, münchen kann sich auf ein gestalterisch hervorragendes bauwerk an dieser stelle freuen, das hoffentlich belebend wirken wird - der heutige zustand ist schon recht deprimierend

6

Mathias | 10.02.2022 09:35 Uhr

Bitterer Nachgeschmack

Aus den nur drei eingereichten Entwürfen ist der Gewinner sicher der beste. Die Gestaltung von Erdgeschoss und Fassade gefällt mir, ich denke, der Bau wird eine hohe Wertigkeit haben (alles andere wäre in der Lage auch peinlich). Als einziger Entwurf werden attraktive Sichtbeziehungen erzeugt. Und wie man an anderer Stelle lesen konnte, soll offenbar das gesamte Erdgeschoss geöffnet werden, was für spannede Durchwegungen und eine hoffentlich intensive öffentliche Nutzung sorgen wird. Belebung kann der Ort brauchen.

Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Auch wenn Großstrukturen zwischen Haufptbahnhof und Stachus keine Seltenheit sind (Nachbarn sind Justizpalast, Bayer. Verfassungsgericht, Elisenhof), befürchte ich, dass entlang der Schützen- und Prielmayerstraße Monotonie einkehrt, wie heute auch. Der Vorentwurf hat dies mit einzelnen Baukörpern und abwechlungsreicher Fassade gefälliger gelöst. Klar, der Gewinnerentwurf ist ökonomischer, insofern passt der Vorwurf der Investorenarchitektur.

5

Ebert | 10.02.2022 08:26 Uhr

Neuer Karstadt am Stachus

Quadratisch, Investoren-hörig, billig, aller Welts-"Entwurf", langweilig, peinlich für Signa, ein Gebäude wie alle anderen.
Schade für München und unser aller gebauten Umwelt.

4

Hans | 10.02.2022 08:18 Uhr

Neuer Karstadt am Stachus

Langweilige Architektur. Fällt den Architekten denn nichts anderes mehr ein als die Fassaden auf die Geschossen zu rastern?
Gibt es fast genauso bereits mehrfach im Werksviertel
in München, um die Villa Rhenania an der Friedenstraße., zu sehen.
Oder hat Herr Chipperfield hier abgeschaut?
Da haben die Architekten nun die Möglichkeit hier in exponierter Großstadtlage einen hochwertigen Städtebaulichen Entwurf zu gestalten und es kommt 08/15 - Investoren-"Architektur" dabei raus. Sehr bedauerlich für die Münchener, das der wirklich große Architektur-Wurf hier fehlt und wir nun mit diesem Kasten leben werden müssen.

3

Fischer | 09.02.2022 16:55 Uhr

Auch München...

...versaut sein architektonisches Erbe nachhaltig.

2

Spengler Herbert | 09.02.2022 16:38 Uhr

O du lieber Gott

Alle Arbeiten strotzen vor Gestaltungsunwille.
Irgendwelche dürftigen Gerippe, die dann mit "nachhaltigem" Grünzeug garniert werden.

Kein Eingang | kein Portal | kein Dach | keine Aussage
Reine Floskeln einer Gestaltung, über die keiner nachdenkt.

Ob diese Architektur die Probleme am botanischen Garten lösen wird...oder einen sanften Übergang zwischen Hbf und Stachus ausbildet, sei ebenso dahin gestellt. Allerweltsarchitektur wie Sie in Hamburg-Berlin-München oder London eben stehen kann.

Regionalbezug = 0

1

peter | 09.02.2022 15:36 Uhr

na, was für ein zufall, dass ausgerechnet

chipperfield diesen signa-wettbewerb gewinnt. ;)

 
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1. Preis: David Chipperfield Architects mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten / Blick in die Schützenstraße zwischen Pini-Haus und dem geplanten Neubau

1. Preis: David Chipperfield Architects mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten / Blick in die Schützenstraße zwischen Pini-Haus und dem geplanten Neubau

2. Preis: BIG Bjarke Ingels Group mit realgrün Landschaftsarchitekten

2. Preis: BIG Bjarke Ingels Group mit realgrün Landschaftsarchitekten

3. Preis: Snøhetta mit Keller Damm Kollegen Landschaftsarchitekten Stadtplaner / Blick auf den Entwurf mit Justizpalast im Hintergrund

3. Preis: Snøhetta mit Keller Damm Kollegen Landschaftsarchitekten Stadtplaner / Blick auf den Entwurf mit Justizpalast im Hintergrund

1. Preis: David Chipperfield Architects mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten / Vogelperspektive Gesamtareal

1. Preis: David Chipperfield Architects mit Atelier Loidl Landschaftsarchitekten / Vogelperspektive Gesamtareal

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