Bauwerke sind lebende Organismen, wie das von Friedrich von Gärtner errichtete Blindeninstitut wieder einmal beweist. Das zwischen 1833 und 1835 von einem der bedeutendsten Baumeister Bayerns unter Ludwig I. geplanten Teil des Ensembles Ludwigstraße mit Odeonsplatz erfuhr schon in den 1960iger Jahren eine Rundumerneuerung zur universitären Nutzung durch die LMU München. Im Jahr 2013 beschloss das Staatlichen Bauamt München 2 die Zusammenführung von zehn der ursprünglich auf sechs Liegenschaften verteilten Instituts- und Fachbereichsbiliotheken der Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften hinter der denkmalgeschützen Fassade zum Philologicum. Mit einer systematischen Erfassung aller Medien sollte auch das Angebot an verschiedenartigen Arbeitsplätzen und zeitgemäßen Services erweitert werden – und der Bau damit also sein drittes Innenleben erhalten. Den dafür im Jahr 2014 ausgeschriebenen internationalen Architekturwettbewerb konnte das in Bregenz ansässige Büro Cukrowicz Nachbaur für sich entscheiden, das während der Bauphase als erstgereihtes im Wettbewerb um das Konzerthaus München im Jahr 2017 für so manche weiteren Schlagzeilen sorgte.
Der Neubau schreibt sich wie selbstverständlich in die Gebäudestruktur ein: Unter Aufnahme ihrer Geschosshöhe enstanden in den äußeren Bereichen Lese- und Arbeitszonen mit einer Raumhöhe von über fünf Metern, entsprechend ihrer Dreigliedrigkeit unterteilt in abgeschlossene Bereiche für stilles oder kollaboratives Arbeiten, sowie einen zentralen Lesebereich. Der Dreigliedrigkeit entspricht auch dem Aufbau des Gebäudekerns aus zwei Erschließungszonen und einem Mittelfeld mit Regalen zur Freihandaufstellung, sowie jeweils auf einem Galeriegeschoss Einzel- und Gruppenkabinen. Bis in den Dachraum stehen nun insgesamt 740 Lese- und Arbeitsplätzen, auf 14 Laufkilometern 430.000 Medieneinheiten in 80 verschiedenen Sprachen, sowie je ein Raum für Familien und Sehbehinderte zur Verfügung.
Nach außen hin zeigt sich der Neubau zwischen den beiden historischen Eckrisaliten der Hoffassade mit seiner schlichten Glasfassade und ihren vorgelagerten vertikalen Lamellen, welche laut Cukrowicz Nachbaur als abstraktes Bild eines Bücherregals auf die dahinterliegende Nutzung verweise. In ihrer Zurückhaltung kontrastiert sie den in seinen neuen Lebensabschnitt überführten und bis zu den Gibelfiguren der beiden Rundbogenportale an der Ludwigstraße denkmalgerecht sanierten Bestand.
(hn)
Fotos: Adolf Bereuter
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Bo ist ein kurzer Name | 22.01.2021 09:42 UhrHmm...
Fassade RCR, Innenraum Max Dudler...
Trotzdem gut gemacht..