Mitten in der Bochumer Innenstadt gegenüber vom Rathaus steht seit mehreren Jahren ein riesiges Gebäude weitgehend leer. Das 1931 eröffnete Hauptpostamt, später Telekom-Gebäude, rund 6.000 Quadratmetern umfassend. Gemeinsam mit dem Rathaus bildet der Bau aus rotem Ziegel ein wichtiges städtebauliches Ensemble für Bochum. Die Stadt bezeichnet es gar als „zeitgeschichtliches Dokument der Großstadtwerdung während der Hochzeit der Schwerindustrie“.
Historische Architektur, mitten in der Stadt, leer. Ein Problem, das viele Städte kennen. Wenn langjährige Mieter*innen die Innenstadt verlassen, bleiben fürs Stadtbild markante, aber eben leergezogene Hüllen stehen. Was also tun?
In Bochum entschied sich die Stadt für einen nichtoffenen Realisierungswettbewerb. Unter dem Titel „Haus des Wissens“ soll der viergeschossige Bau mit erweitertem Dach zu einem Ort des Lernens umgebaut werden. Mit Zentralbibliothek, Volkshochschule und dem Sitz des Bochumer Hochschulverbands. Der Innenhof, aktuell ein Parkplatz, unter dem sich ein Luftschutzbunker befindet, soll überdacht und eine 2.000 Quadratmeter große Markthalle mit rund 60 Ständen werden. Für eine solche Halle hatten sich die Bochumer 2017 auf einer Bürgerkonferenz ausgesprochen. Vorbild seien die Markthallen in Kopenhagen und Rotterdam und die Bibliothek in Almere.
15 Büros reichten ihre Entwürfe ein, darunter ADEPT (Kopenhagen), hg merz (Stuttgart), Kuehn Malvezzi (Berlin) sowie Bez+Kock (Stuttgart). Einstimmig zum Sieger kürte die Jury unter Vorsitz des Architekten Till Schneider den Entwurf von Cross Architecture.
Während die drei letztgenannten den Altbau erhöhen, überformen oder das Dach transparent ausbauen wollen, tastet der 1. Preis die äußere Kontur des Bestands nicht an. Stattdessen, so das Juryurteil, werde aus der Firstlinie zum Blockinneren ein Baukörper entwickelt, der die klassischen Kategorien von Geschossteilung und linearen Raumfolgen neu denke. Der sogenannte Open Space – der rund 5.000 Quadratmeter große, künftige Mittelpunkt des L-förmigen Baus – und die Markthalle seien über ein großzügiges Foyer optimal verknüpft, so die Jury weiter. Kritik gibt es dagegen an der Qualität des Außenraums im Blockinneren, die hochwertige Dachterrasse würde diese Schwäche aber kompensieren.
Neben dem Open Space, in dem die wissensbasierten Nutzungen organisiert sind, soll es weitere 4.500 Quadratmeter an Büro- und Seminarräumen sowie Werkstätten und Lagerflächen geben. 90 Millionen Euro soll der Umbau kosten, die Stadt hat das Telekom-Haus dazu 2018 bereits erworben. Schließlich ist der Umbau Teil einer Gesamtstrategie, die Bochumer Innenstadt wiederzubeleben, auch das
Musikforum von Bez+Kock gehört dazu. Eröffnet werden soll das Haus des Wissens Ende 2023.
(kat)
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