Eine Volksschule im österreichischen Brand erhält den Constructive Alps 2017, den Architekturpreis für nachhaltiges Sanieren und Bauen in den Alpen. Die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein hatten ihn gemeinsam ausgelobt, er wurde zum vierten Mal vergeben. Unter den 261 eingegangenen Bewerbungen vergab die Jury unter Vorsitz von Köbi Gantenbein (Chefredakteur der Zeitschrift Hochparterre) vier Hauptpreise und sieben Anerkennungen.
- 1. Platz: Volksschule in Brand (Österreich); Bauherr: Gemeinde Brand; ARGE Spagolla Zottele Mallin Architekten (Bludenz)
- 2. Platz: Schaukäserei Kaslab’n Nockberge in Radenthein/Kärnten (Österreich); Bauherr: Genossenschaft Kaslab’n Nockberge (Radenthein); Hohengasser Wirnsberger Architekten (Spittal an der Drau)
- 2. Platz: MPreis St. Martin in Tennengau (Österreich); Bauherr: Mpreis Warenvertriebs GmbH; LP architektur (Altenmarkt im Pongau)
- 3. Platz: Casa sociale di Caltron in Cles (Italien); Bauherr: Comune di Cles; Mirko Franzoso (Cles)
- Anerkennung: Alp Glivers (Schweiz); Bauherr: Corporaziun d’alps Sumvitg; Gujan + Pally (Curaglia)
- Anerkennung: Bundesstrafgericht Bellinzona (Schweiz); Bauherrin: Schweizerische Eidgenossenschaft; Bearth & Deplazes (Chur) und Durisch + Nolli (Massagno)
- Anerkennung: Cabane Rambert (Schweiz); Bauherrschaft: Club Alpin Suisse; Bonnard Woeffray (Monthey)
- Anerkennung: Stammhaus Egger (Österreich); Bauherr: Fritz Egger; architekturwerkstatt (Breitenbach am Inn)
- Anerkennung: Maison du Lac d’Aiguebelette (Frankreich); Bauherr: Communauté de Communes du Lac d’Aiguebelette; Fabriques Architectures Paysages (Fourneaux)
- Anerkennung: Propstei St. Gerold (Österreich); Bauherr: Kloster Einsiedeln; Hermann Kaufmann (Schwarzach)
- Anerkennung: Raiffeisen Arena Crap Gries (Schweiz); Bauherr: US Schluein Ilanz; Jan Berni und Georg Krähenbühl (Ilanz)
Alles komme bei der Volksschule mit Kindergarten zusammen, die mit dem 1. Preis geehrt wurde, von den tiefen Energiezahlen bis zur hohen Raumqualität im Inneren, urteilte die Jury. Die Architekten zögen das ganze Register der Nachhaltigkeit, indem sie konsequent das Lokale bestärkten. Der Holzbau stricke den Ort sorgfältig weiter und setze auf die regionale Bauwirtschaft, heißt es in der Begründung weiter.
Die Schaukäserei Kaslab’n in Kärnten und der
MPreis-Supermarkt in St. Martin am Tennengebirge bei Salzburg erhalten je einen 2. Preis. Der Supermarkt beweise, dass auch gewöhnliche Ladengebäude außergewöhnlich gestaltet sein können. Eine profane Nutzung sei keine Ausrede, die Architektur zu vergessen, so die Jury. Bei der Schaukäserei verwiesen die Juroren darauf, dass sie den Ortskern verdichte und einen Platz schaffe, der zum Selbstbewusstsein des Orts beiträgt. Die Architektur sei angenehm unaufgeregt. Die genossenschaftliche Organisation zeige, wie die bergbäuerliche Arbeit dank vereinter Kräfte neue Früchte trägt.
Den menschenverbindenden Aspekt und den Entstehungsprozess lobte die Jury beim dritten Preisträger, dem
Gemeinschaftszentrum von Caltron in den Dolomiten. Der Architekt sei jung, die Planung sei im Dialog mit allen geschehen, die Unternehmer kämen aus der Region. Das schaffe Zuversicht.
Kommentar
Geht es um regionales Wirtschaften, die Liebe zur Heimat und eine dementsprechend gelebte Baukultur, ist die Alpenregion ein Vorbild in Europa. Einige Ortschaften haben Tourismuseinnahmen nicht zuletzt deshalb, weil sie sich maßvoll in die Zukunft entwickeln und dabei die klassischen Werte wie Nachbarschaft und Naturverbundenheit achten. Einzelne Bauprojekte können der Anstoß für ein ganzes Tal oder eine ganze Region sein. Der Preis Constructive Alps hilft, sie bekannt zu machen.
Er will einen Beitrag leisten zur Umsetzung der Alpenkonvention, einem völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz der Alpen. Seine sowohl ökologischen und ökonomischen wie auch sozialen und kulturellen Kriterien der nachhaltigen Entwicklung betrachten Architektur weit über das Formale hinaus. Das ehrt den Preis und das ehrt seine Preisträger. Es ehrt aber auch seine Auslober, die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein, die das lokale Denken global auszeichnen, indem sie über ihre eigenen Landesgrenzen hinausschauen.
Im Jahr 2010 hatte Liechtenstein den alpenweiten Architekturpreis erstmals ausgeschrieben, damals noch unter dem Titel „Konstruktiv – Liechtenstein-Preis für nachhaltiges Bauen und Sanieren in den Alpen“. Seitdem wurden insgesamt 38 Projekte prämiert. Bisher war kein einziges Projekt aus Deutschland unter den Preisträgern. Und das, obwohl eine Eurac-Statistik im Jahr 2008 rund 1,3 Millionen Menschen hierzulande zur Alpenbevölkerung zählte. Was ist da los im Süden?
(fm)
Zum Thema:
Eine Sonderausgabe der Schweizer Architekturzeitschrift Hochparterre stellt die Siegerprojekte und alle nominierten Bauten vor.
Das Alpine Museum der Schweiz in Bern zeigt alle prämierten und nominierten Projekte. Die Ausstellung ist bis 25. Februar 2018 zu sehen und wandert anschließend durch die Alpenregion.
Mehr zum Preis: www.constructivealps.net