Mit der Idee, dass innovative Bildungsangebote die Attraktivität einer Gemeinde erheblich steigern können, schrieb das kleine Gloggnitz in Niederösterreich 2015 einen Wettbewerb für ein neues Schulzentrum aus. In den letzten Jahrzehnten ging nämlich die Einwohnerzahl des einst industriell geprägten Ortes kontinuierlich zurück. Gloggnitz liegt rund 80 Kilometer südlich von Wien, vor allem Bergbau wurde hier einst betrieben. Nun könnte die Fertigstellung des Schulzentrums wichtige Impulse bringen. Das Projekt stammt von Dietmar Feichtinger Architectes (Montreuil / Wien), die Anfang 2016 mit einem Clusterkonzept den Wettbewerb gewinnen konnten.
Das ungewöhnliche Gebäude gibt sich von außen zunächst mal zurückhaltend: Ein rechteckiges Volumen mit einer Fassade aus vertikalen Holzlamellen sitzt auf einem transparenten Sockel. Zwei Bestandsgebäude wurden abgerissen, um dem Schulzentrum eine gute Präsenz im Ortskern von Gloggnitz zu sichern. Im Inneren sind um einen offenen Raum drei unterschiedliche weiterführende Schultypen versammelt. Das Angebot umfasst unter anderem 26 reguläre Klassen- und Arbeitsräume, zwei Sporthallen, eine Kletterhalle, eine Musikschule, eine Lehrwerkstatt und eine Schulküche. Das voluminöse Schulzentrum steht auch Sportvereinen und der Erwachsenenbildung offen. Das transparente Erdgeschoss als Geste der Offenheit gegenüber der Gemeinde ist also nicht nur symbolisch zu verstehen.
Der Haupteingang liegt an einem öffentlichen Vorplatz. Sobald man das Gebäude betritt, kommen auch seine räumlichen Besonderheiten zum Vorschein. Als pädagogischen Schwerpunkt wählte man nämlich „Sport und Bewegung für alle Kinder“. Folgerichtig besetzen die mit Oberlichtkuppeln versehenen Sportbereiche das Zentrum des quadratischen Grundrisses. Rund um die Turnhallen, die sich über zwei Ebenen auch ins Untergeschoss erstrecken, sind im Erdgeschoss alle speziellen Unterrichtsräume wie etwa der Musiksaal oder die Lehrwerkstätte angeordnet. Im Obergeschoss gruppieren sich die Unterrichtsräume aller Schultypen um eine gemeinsame Dachterrasse. Unterricht im Freien ist ebenso möglich wie die Öffnung der Räume zu einem innenliegenden „Markplatz“, womit die Architekt*innen das Clusterprinzip aufgreifen. Ein zweites kleineres Obergeschoss zum Vorplatz hin ist dem Lehrkörper und der Direktion vorbehalten. Eine separate Dachterrasse ermöglicht hier luftige Entspannung im Schulalltag.
Wie die Architekt*innen schreiben, glich die Eröffnung des Zentrums einem Volksfest. Der Neubau wird hoffentlich langfristig zu einem neuen Mittelpunkt des Ortes werden und ländlichen Gemeinden, die mit ähnlichen Problemen kämpfen als Paradebeispiel dienen. (mg)
Fotos: Hertha Hurnaus und David Boureau
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joscic | 18.06.2020 09:19 UhrZiemlich gut
Es ist zwar kein Cluster aber ziemlich schön gegen den ästhetischen Strich gebürstet und damit durchaus geistiges Kind der 70er. Gefällt mir jedenfalls viel besser als der Ortbetonklotz in Stuttgart von vor 3 Tagen hier.
@1: Lass dem Franzosen sein Sauerkraut, vielleicht ist es ja ein Elsässer!