London nagt an einem neuen Zankapfel: Die bauliche Umgestaltung der Tate Britain durch die Londoner Architekten Caruso St. John sorgt für Streit. Hauptaufgabe der Sanierung ist es, die Ausstellungsräume an heutige Standards der Museumsarchitektur anzupassen. Dabei sollen die Flächen für die Schau der Kunstgegenstände vergrößert, außerdem soll der ehemalige Haupteingang zum nördlichen Themseufer hin wiederbelebt werden. Der um das Kuppelgewölbe laufende Balkon ist seit 1920 für Besucher geschlossen, soll aber künftig für Tate-Mitglieder durch einen Lift erreichbar und begehbar gemacht werden. Außerdem sollen die Unterrichtsräume für Schulklassen erweitert werden. Das überkuppelte Atrium erhält eine spektakuläre Wendeltreppe aus Glas und Stahl – um die jetzt aufgeregt diskutiert wird.
Während ein Sprecher der Tate Britain die Architektenpläne ausdrücklich lobte, findet die Victorian Society (VS) den Entwurf für die spiralförmige Treppe „zu dramatisch und zu pathetisch”. Das 45 Millionen Pfund teure Bauvorhaben, das in acht Monaten umgesetzt werden soll, verletze die wichtigsten Merkmale des denkmalgeschützten Gebäudes, das von Experten als Bau von „besonderer nationaler Bedeutung” eingestuft wird.
Eine Denkmalpflegerin der VS warnte, die Umbaumaßnahmen würden die räumlichen Qualitäten des wichtigsten Galerieteils negativ verändern. Die Gesellschaft, die sich besonders für die Erhaltung von Bauwerken viktorianischen Stils einsetzt, kritisiert außerdem, dass die jetzigen Haupteingangstüren durch raumhohe Bronze-Türen ersetzt werden sollen.
Dem Denkmalpflege-Grundsatz – so wenig wie möglich und so viel wie nötig an einem geschützten Gebäude zu verändern – scheinen die Architekten, die sich durch Ausstellungsarchitektur und Museumssanierung eine Namen gemacht haben, hier tatsächlich nicht gerecht zu werden. Leider veröffentlicht das Büro von Caruso St John derzeit keine Bilder und Informationen über das Projekt.
Ähnlich wie bei dem geplanten Neubau an der Schwester-Galerie Tate Modern ist auch bei der Tate Britain die Finanzierung der Sanierung noch nicht gesichert. Die Tate Modern hofft derzeit, im nächsten Jahr mit dem Bau der von Herzog & de Meuron geplanten Galerie-Pyramide zu beginnen.
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Kinschel | 07.07.2010 18:33 UhrDenkmalpflege-Grundsatz?
Dem Denkmalpflege-Grundsatz so wenig wie möglich und so viel wie nötig an einem geschützten Gebäude zu verändern? ....
Das ist kein Grundsatz.
Denkmalgeschützte Gebäude sind einzelspezifische Bauten. Jeder Bau gehorcht seinen eigenen Gesetzen, Jedes Denk-Mal ist Einzeltypologische zu behandeln.