RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Campuserweiterung_von_David_Kohn_Architects_9879146.html

02.04.2025

Zurück zur Meldung

Neuer Schwung für Oxford

Campuserweiterung von David Kohn Architects


Meldung einblenden

Der Begriff „Quad“ – kurz für Quadrangle – bezeichnet zunächst mal nur ein architektonisches Geviert. Im angelsächsischen Sprachraum steht er inzwischen aber synonym für die großen quadratischen Höfe vieler altehrwürdiger Universitäten. Meist flankiert von Fakultätsgebäuden sind sie für das Hochschulleben von zentraler Bedeutung. Die Universität von Oxford nimmt für sich in Anspruch, den weltweit ältesten, im Jahr 1379 angelegten Great Quad zu besitzen. Auch der erste zu einer Seite offene Quad sei hier am New College Ende des 17. Jahrhunderts angelegt worden. Es ist diese Geschichte der Quads, an die nun auch die jüngste Erweiterung des New College anknüpft. Sie wurde Mitte 2024 eröffnet, die Entwürfe stammen von David Kohn Architects (London), die 2015 den entsprechenden Einladungswettbewerb gewonnen hatten.

Das 72-Millionen-Pfund-Projekt Gradel Quadrangles wurde nach dem privaten Hauptsponsor benannt. Die Architekt*innen haben drei neue Häuser in die bestehende Bebauung mit vor allem Arts-and-Crafts-Gebäuden eingepasst: Zur Straße steht ein schmales Torhaus mit einem auffallend groß und geschwungen ausgeschnittenen Torbogen. Dahinter folgt das Warham House, ein 21,5 Meter hoher und ebenfalls expressiv geschwungener, schmaler Turmbau, der ein ferner Verwandtschaft des Potsdamer Einsteinturms sein könnte. Schließlich das Wohnhaus namens Main Quad, das in seinem Volumen und der abwechslungsreichen Dachlandschaft die Schwünge der anderen beiden Gebäude fortsetzt. Es umfasst 94 Zimmer, Seminarräume, einen Lesesaal, Speiseraum sowie ein Auditorium mit 105 Plätzen. Jedes Zimmer verfügt über ein eigenes Bad. Küche und Wohnzimmer teilen sich vier oder sechs Zimmer.

Die expressive Formensprache folgt in Erkern und Eingängen, die auf die umstehenden Arts-and-Crafts-Gebäude reagieren, sowie in den rautenförmig gemusterten Kalksteinfassaden mit den auffälligen, roten Sägezahnbändern unter den welligen Dachkanten. An verschiedenen Stellen finden sich Wasserspeier und Grotesken an den Dachkanten, die vom Klimawandel bedrohte Tiere wie das Tannenzapfentier oder den Eisbären darstellen. Der Künstler Monster Chetwynd und der Steinmetz Fergus Wessel wollen damit zum Nachdenken darüber anregen, ob diese Tierarten noch existieren, wenn es Oxford nicht mehr gibt. Für die Dachfiguren konnten Sponsoren Patenschaften übernehmen. Das außergewöhnliche, aus Stahl geschnittene Tor im Pförtnerhaus zur Straße stammt von der Bildhauerin Eva Rothschild, die in Gold und Schwarz ein fast sakrales Bild aus durchlässigen und geschlossenen Flächen entworfen hat.

Kein Ensemble in Oxford gab sich bisher so schwungvoll wie dieses. Mit den umstehenden Gebäuden bilden die Gardel Quadrangles nun drei neue, nach Süden offene, kurvenreiche Höfe – von denen David Kohns Büro betont, dass sie immer noch prinzipiell Quadrate seien und damit die Traditionen der Schule fortschreiben würden. Die staatliche Denkmalpflege Historic England, die intensiv in den Entwurf eingebunden war, lässt sich geradezu euphorisch zitieren. Dies sei „ganz anders als alles, was es bislang in Oxford gibt“ und würde als „innovatives, verspieltes und schönes Gebäude allen, die es erleben, Freude bereiten und den architektonischen Reichtum der Stadt vermehren“. Da möchte man von hier aus keinesfalls widersprechen. (fh)

Fotos: Will Pryce


Video:


Im Video führen Miles Young und Michael Burden, Warden und Dean des New College, durch das Erweiterungsprojekt. David Kohn kommt ebenfalls zu Wort. © New College Oxford

Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
BauNetz-Maps


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

Thomas S. | 03.04.2025 17:08 Uhr

in Ansätzen

Eigentlich möchte ich es gut finden, weil Nr.10 schon schrieb, abweichend von der Moderne. Versuche zu ergründen, warum es nur in Ansätzen gelingt.

Vielleicht sind es ein paar Elemente zuviel die Unbehagen bereiten. Das Dach von Future Systems, die Po-Falten an den Gebäude-Enden, ist es Tartan auf den Wegen, oder gar Kunstrasen am Spielplatz?, die an nur zwei Stellen hervortretenden Metallfassaden (nur der Farbton?) und der seltsam konkave Abschluss des Turmes. Würde da nochmal ein Buch von z.B. Olbrich in die Hand nehmen.

Das ist ja auch die Krux der organischen Architektur, das moderne, saubere Kisten halt viel einfacher zu beherschen sind.

12

Da staunen | 03.04.2025 14:40 Uhr

und

meckern die deutschen Architekten und haben ganz verpasst, dass es im Ausland schon lange andere Trends gibt als die ewige Verfeinerung der Moderne….

David Kohn ist schon länger unterwegs..... (auch schon mal was von Thomas Kröger gehört?)

Leute aufwachen: nicht nur in England ist eine reflektierte Postmoderne Teil des Mainstreams. Schaut mal nach Belgien, Holland, Spanien……

11

Anton Schedlbauer | 03.04.2025 12:14 Uhr

tja

Der liebe Gott wird sich schon was dabei gedacht haben, als er England vom Festland abgetrennt hat.

10

solong | 03.04.2025 11:49 Uhr

... gruselig ...

mit verlauf von den proportionen ... und vor allem von der ... düsteren stimmung die das gebäude trägt ... fürchte da haben die erschaffenden ... etwas zu sehr "harry potter" verinnerlicht ... obwohl, passt natrülich zu dem "abschottungsgedanken" der engländer ...

9

Andrea Palladio | 03.04.2025 09:37 Uhr

Postmoderne

Ein erfrischendes Zeichen gegen die grassierende Unsitte, Architektur auf stumpfe Berechnungen und falsch verstandene Nachhaltigkeit zu reduzieren, wenngleich ästhetisch natürlich fragwürdig.

8

NEIN! nicht noch ein acrhitekt | 03.04.2025 09:28 Uhr

@ peter

Ich hätte gerne Ihren Entwurf gesehen, der die Probleme von England auf dieser Parzelle angeht. Ich hätte gedacht das Problem das die Architekten hier zu lösen hatten wäre die Einfügung des recht grossen Volumens in den anspruchsvollen historischen Kontext? Aber vielleicht hätten sie mit etwas mehr Verhandlungsgeschick noch ein paar Sozialwohnungen und eine grüne Wasserstoffabrik rausschlagen können... Wer weiss? Peter hätte das sicher gekonnt. Habe mal "Peter Architekten" gegooglet. Ich glaube ich habe Sie gefunden.

7

peter | 03.04.2025 00:30 Uhr

postmoderne 2.0

interessante kombi aus ein bisschen steiner, mehr hundertwasser, "irgendwie witzig" und "echt schrecklich". in summe drehe ich aber den daumen nach unten, vor allem aus städtebaulichen gründen.

ein irrer technischer und finanzieller aufwand für ein im grunde (d.h. im grundriss) ganz normales, wenn nicht mäßiges gebäude.

als ob wir (bzw. die englische jetztzeit) keine anderen probleme hätten als irgendwelche aus sandstein gefrästen und mit silikon ans attikagesims gepappten tierköpfe. völlig dekadente veran(-/un-)staltung für die oberen zehntausend.

bitte nicht mehr davon.

6

Neuer Schwung | 02.04.2025 20:29 Uhr

Hmm

Komische Architektur! In England wird leider auch viel rum geschurkt :-)

5

Arcseyler | 02.04.2025 18:31 Uhr

.de

Komisch dass gerade das flächig grafische der Fassade alles rettet und diszipliniert. Ansonsten wirkt dagegen die umstehende Neogotik in Kontinuität richtig strukturiert modern. Eine Steinmoderne.

4

Baumeister | 02.04.2025 17:05 Uhr

Großartig


...Architektur ist mehr als nur Ökologie und Ökonomie.

3

Much Ado | 02.04.2025 16:30 Uhr

About Nothing

Bedauerlicherweise ist es letzendlich doch nur eine Lochfassade geworden...

Bei dem ganzen Aufwand -Dach, Deko, etc.- kommt das dann doch recht banal herüber...

Schade!

2

Hinrich Schoppe | 02.04.2025 15:58 Uhr

Die spinnen...

... die Engländer.

"Gott sei´s gedankt!" möchte ich ausrufen.
Das ist so sagenhaft spleenig, dass sich nur Engländer so etwas trauen. Und das in Übereinkunft mit den Denkmälern, die offenbar ihre wahre Freude ob des lustvollen Angleichens und Zitierens hatten.

Schade, dass so etwas bei uns kaum möglich ist.

Bei uns regiert entweder Pragmatismus, schiere Not (und sei sie nur gefühlt), Paragraphengehorsam und wenn es ganz schlimm kommt, der Sucht nach einem Stararchitektenentwurf, der klischeehaft die die Finanzen und Nerven ruiniert.

Ach ja.

Also machtmal weiter so. Dadrüben auf Eurer Insel.

Danke.

1

Lars K | 02.04.2025 15:36 Uhr

Das mag ich!

Made my day. Genau die richtige Architektur für einen solchen Frühlingstag. Heute mach ich mal beschwingt früher Schluss. Danke Baunetz! Und danke David Kohn! Wieso habe ich von dem Büro noch nie gehört? Meeeeehr davon.

 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Die Eingabe einer E-Mail-Adresse ist zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist jedoch nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.




Alle Meldungen

<

03.04.2025

Denkmalpflege und Architektur

Ausstellung in Basel

02.04.2025

Bezahlbar wohnen am Stadtgut Hellersdorf

DMSW und Arnold und Gladisch in Berlin

>
BauNetzwoche
DDR-Postmoderne
BauNetz Wissen
Chicken Heroes
baunetz interior|design
Mehr als heiße Luft
BauNetz Ausschreibungen
Ausschreibung der Woche
vgwort