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03.08.2020
Lernen in der Industrieruine
Campus in Shenzhen von O-office
2010 gab es dann erste staatliche Versuche, das Gelände als „ID Town“ neu zu vermarkten: als Ort für Ateliers und kommerzielle Kunstgalerien. Mit O-office Architects (Guangzhou) wurden eine Galerie, eine Handvoll Studios sowie ein Gästehaus für Kunstinteressierte in die Altbauten gesetzt. Diese Umnutzung erwies sich allerdings als zäh. Mit der Mingde Academy kommt nun der erste große private Nutzer auf das Gelände: Ihr Campus beansprucht zwölf Gebäude und mit 43.000 Quadratmetern auch einen Großteil des Geländes. Den Entwurf übernahmen erneut O-office.
Aus ihren Untersuchungen wussten sie bereits, dass die Mehrheit der vorhandenen Gebäude für einen Umbau strukturell stabil genug war. Ein zweiter Vorteil bestand darin, dass ein Teil der Arbeiter schon auf dem Gelände gewohnt hatten. Ein Wohnheim, eine Kantine und ein Sportplatz existierten also bereits, auch wenn diese für die Ansprüche der Akademie noch einmal erheblich überarbeitet werden mussten.
„Die Gestaltung“, schreiben die Architekt*innen, „haben wir nicht aus dem Umbau einzelner Gebäude entwickelt, sondern aus dem Zusammenhang der Gebäude mit der Landschaft.“ Sie legten das Zentrum des studentischen Lebens in den Norden, wo drei Wohnhäuser, das Gemeinschaftshaus mit Speisesaal sowie das Gebäude für etwa 85 Lehrer*innen und Verwaltungsangestellte um den „Home Plaza“ entstanden. Das ehemalige Gästehaus der „ID Town“ wurde zu einem Schlafsaal der neuen Akademie.
Vom Zentrum ausgehend verläuft die sogenannte Wald-Promenade übers Gelände, die als teilweise aufgeständerter Fußweg über und durch die bewahrte Spontanvegetation realisiert wurde. Die Route führt in einem weiten Bogen nach Westen und Süden, an diversen Plätzen und Gärten vorbei – Mind Garden, Greek Garden mit Amphitheater, Folding Garden – bis zur Bibliothek, den Sportplätzen, dem Wissenschafts- und schließlich zum zentralen Unterrichtsgebäude, das den südlichen Abschluss bildet.
Die Gebäude selbst wurden wie leergeräumte Regale in ihrer Tragstruktur erhalten, innen und außen jedoch neue Schichten hinzugefügt: Balkone und Loggien aus Stahlblech, große Fenster mit dunklen Stahlrahmen sowie offene Treppenhäuser und Laubengänge. In den hohen Räumen des alten Kraftwerks entstand eine Struktur aus Bücherregalen, die als Lese- und Arbeitsräume dienen. Das Wissenschaftsgebäude im einstigen Lagerhaus wurde mithilfe einer Split-Level-Konstruktion neu strukturiert, aufs Dach kam ein Lerngarten. Und auch das Dach des großen Lagerhauses, das zum Unterrichtshaus umgebaut wurde, wird jetzt genutzt: mit weiteren Sportplätzen.
Kräftige Farben sollen die Orientierung auf dem Campus, der für insgesamt 300 Student*innen auslegt ist, erleichtern. Schon jetzt wird jedoch über eine Erweiterung nachgedacht. Bis zu 600 Menschen könnten dann hier wohnen und lernen — das wären fast genauso viele, wie einst in Druckerei und Färberei arbeiteten. (fh)
Fotos: Siming Wu, Chao Zhang
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Der „Home Plaza“ vor dem Gemeinschaftshaus ist der zentrale Eingang und Empfang der neuen Akademie.
Eines der insgesamt drei Wohnhäuser für die Student*innen.
Die Gebäude wurden in ihrer Tragstruktur erhalten und um Treppenhäuser, Loggien und Balkone ergänzt.
Lehrende und Angestellten der Mingde Academy leben ebenfalls auf dem Campus.
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