Okay, mit den eklektischen Blüten des stalinistischen Klassizismus hat sie kaum Gemeinsamkeiten. Aber die Assoziationen zu den pastelligen Kreationen eines Zuckerbäckers liegen dennoch nah bei der Bäckerei mit Café in Odessa. Insbesondere die kunstvollen Törtchen, denen in Wes Andersons „The Grand Budapest Hotel“ eine Schlüsselrolle zukommt, fallen beim Betrachten der Projektfotos ein. Kein Wunder: Interior-Designerin Lera Bromina und Architekt Artem Trigubchak (beide Kiew), nennen eben diesen Film als Inspirationsquelle – ebenso wie die „Bar Luce“, die der detailverliebt mit Texturen, Farben und Maßstäben spielende Filmregisseur für die Mailänder Fondazione Prada gestaltete.

Im Breadway – so amerikanisch angehaucht heißt das Bäckereifachgeschäft im Zentrum der ukrainischen Hafenstadt – gibt es neben dem Fetischobjekt Sauerteigbrot vorwiegend Hörnchen zu kaufen. Auf die kann man sich im zentralen, rosaplüschigen Warteraum-im-Raum vorfreuen, ehe man sie im dunkelblauen Tresenbereich abholt. Verzehrt werden die Backwaren dann vor grau gefliester Wand an runden Tischen, deren Schlichtheit mit den markanten Farben und den  grotesk hohen Rückenlehnen der samtgepolsterten Sitzbänke kontrastiert.

Das farbenfrohe Interieur nutzt nicht die volle Raumhöhe des 85 Quadratmeter großen Ladenlokals aus: Die Decke mit Stuck, Lüftungsrohren und aufputzverlegten Leitungen ist weiß gestrichen, bleibt deutlich wahrnehmbar und wird durch die ausladende, korallfarbene Deckenleuchte noch zusätzlich betont. So wirkt die Bäckerei hochartifiziell, wie eine in den Altbau – und damit vielleicht auch in die vom Konflikt mit Russland zugespitzten politischen Verhältnisse – eingestellte, farbenfrohe Kulisse, in der Besucher den eigenen Lifestyle in Szene setzen können. Welcome to Breadway! (kms)

Fotos: Mikhail Loskutov

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