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14.12.2023

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Sozialer Treffpunkt am Leo

Café in Berlin-Wedding von sophie & hans


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Der Leopoldplatz in Berlin-Wedding gilt als sozialer Brennpunkt. Seit langem versucht der Bezirk, mit einem Café auf dem Platz die Situation zu verbessern. Im Juli eröffnete ein fein durchgestalteter Neubau aus hellem Holz, der auf den ersten Blick so gar nicht zum rauen Platz passt. Das täuscht, meint unser Autor, der sich das Treiben rund um das neue Café Leo genauer angesehen hat.

Von Gregor Harbusch


Wer den Wedding erleben will, muss zum Leopoldplatz. Rau geht es hier zu, es ist dreckig und arm. Aber auch voll von großstädtischem, ethnisch und kulturell heterogenem Leben. Der seltsam langgezogene Platz ist zweifelsfrei das Herz des Arbeiterbezirks, in dem die Gentrifizierung noch weit weniger vorangeschritten ist als in vergleichbaren, ehemals eher armen Ortsteilen wie Kreuzberg, Neukölln, Friedrichshain und auch Moabit.

Im Juli eröffnete auf dem Platz der Neubau des Café Leo. Es ist ein kleiner, fein durchgestalteter Pavillon aus hellem Lärchenholz, entworfen vom jungen Berliner Büro sophie & hans. Die Gentrifizierungsfrage liegt da auf der Hand. Aber auch die Frage nach der architektonischen Angemessenheit eines solchen Häuschens.

Tatsächlich geht dem Neubau ein veritabler lokalpolitischer Streit voran. Die Vorgeschichte reicht bis 2009/10 zurück. Damals spitzten sich laut Angaben des Bezirks Drogenkonsum, Alkoholismus und Nutzungskonflikte auf dem Platz derart zu, dass entschieden wurde, im Rahmen eines Präventionskonzepts einen niedrigschwelligen gastronomischen Ort einzurichten, der eine gewisse soziale Kontrolle ausübt. Geführt wurde es von Hüseyin Ünlü.

Rechtlich war der Betrieb lange nur über Ausnahmegenehmigungen zulässig, bis 2016 erstmals ein Interessebekundungsverfahren durchgeführt wurde, das Ünlü für sich entscheiden konnte. Als vier Jahre später wieder ausgeschrieben wurde, war Ünlü nicht mehr erfolgreich. Auch Proteste der Nachbarschaft und Unterstützung der oppositionellen Linken halfen nicht. Der Zuschlag ging an den gemeinnützigen sozialen Träger Wendepunkt, der berlinweit tätig ist und auf dem ExRotaprint-Gelände in der Nähe des Leopoldplatzes seinen Sitz hat.

Das im Sommer eröffnete Café Leo von Wendepunkt ist nicht nur ein gastronomischer Betrieb mit dem üblichen Angebot, sondern bietet auch günstige Produkte an: Der Filterkaffee kostet 1,20 Euro, ein Hot Dog gibt es für 1,50 Euro. Angeboten wird außerdem sogenannter aufgeschobener Kaffee, das bedeutet, dass man beim Kauf eines Kaffees einen zweiten bezahlt, der dann später zum Beispiel an einen Obdachlosen ausgegeben wird, der darum bittet. Soziale Veranstaltungen und ein Antragsservice in verschiedenen Sprachen, der beim Ausfüllen von Formularen hilft, sind ebenfalls Teil des Konzepts.

Die Architektur setzt die gewünschte Offenheit und Niedrigschwelligkeit des gastronomischen und sozialen Angebots geradezu kongenial um. Schlicht und doch anspruchsvoll gestaltet öffnet sich das Haus mit durchgehenden Fensterfronten in alle Richtungen. Im Inneren wird der Platzbelag einfach durchgezogen, die Türen sind schwellenlos im wahrsten Sinne des Wortes. Ziel sei es gewesen, einen Pavillon zu errichten, der eine maximale Nähe zum Platzraum herstelle, betont Architekt Hans-Christian Buhl. Ganz bewusst wollte man kein „Gebäude“ schaffen. Und in der Tat fühlt sich der Raum eher wie ein Imbiss, Kiosk oder Späti an. Eher zugig als heimelig.

Betreiberkonzept und Architektur scheinen zu funktionieren. Tatsächlich wird der Neubau nicht nur von einer bürgerlich-urbanen Klientel angenommen, sondern auch von den weniger privilegierten Menschen, für die der Leopoldplatz ein wichtiger Alltagsort im öffentlichen Stadtraum ist. Der Respekt gegenüber dem Haus zeigt sich auch darin, dass es bisher nicht Opfer von Vandalismus wurde. Nachts läuft am Haus „Schummerbeleuchtung“, so dass es nicht im Schatten liegt. Abgesehen von ein paar kleineren Graffitis, die entfernt werden mussten, zeigt sich das Haus fast so unberührt wie am ersten Tag.

Das Café Leo ist ein temporäres Gebäude. Das sollte man beim Blick auf das helle Holz bedenken. Die projektierte Nutzungszeit des Hauses liege bei maximal zehn Jahren, sagt Buhl. Gerade im Küchenbereich habe man Verschleißteile eingepreist, etwa eine Arbeitsplatte aus Holz, was akustisch sehr viel angenehmer sei als Metall. Eigentümerin ist Wendepunkt. Für eine Nutzfläche von 33 Quadratmetern investierte der Träger 200.000 Euro netto für die Kostengruppen 300 und 400. Billig ist das nicht. Aber warum sollte es an einem schwierigen städtischen Ort und für benachteiligte Menschen keine gute Architektur geben, die nicht nur gestalterisch überrascht, sondern auch wirklich einlädt?


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

arcseyler | 16.12.2023 17:46 Uhr

.....

Berlins Reichtum ist der öffentliche Raum, der hier durch den Pavillon aktiviert wird.

9

Hirsch | 15.12.2023 17:19 Uhr

@6 Susanne

Wenn ein Gebäude X-verschiedene Funktionen gleichzeitig erfüllen soll, macht es in der Regel nichts wirklich gut. Insbesondere, wenn es ein so kleines wie dieses Café hier ist. So ists schon genau richtig

8

solong | 15.12.2023 09:42 Uhr

baukosten

... zeigt sehr schön die marktlage im bauwesen ... völlig überzogene kosten ... 200.000,- netto KG 300 + 400 für 33 m2 ... für eine bessere baracke ... absurd ... von der architektur und detailierten durcharbeitung ansonsten natürlich sehr lobenswert ....

7

Fritz | 15.12.2023 09:00 Uhr

Fein

ein sehr schönes, feinfühliges Objekt. Wunderbar gestaltet mit Sinn für Material Ort und Nutzung. Ein Projekt welches den Ort schöner macht. Tolle Details - in jeder Hinsicht ganz ganz toll!! Respekt an die Architekten/Innen. Ich bin begeistert!!!

6

Susanne | 15.12.2023 04:58 Uhr

Cafe Leo

Wenn man nicht draußen sitzen kann ist das Platzangebot drinnen eher gering, das verstehe ich nicht wenn man auch noch Hilfe anbieten will und vielleicht auch eine Art Wärmestube für nicht so bemittelte sein könnte, die sich die durchaus vorhandenen Alternativen im Umfeld nicht leisten können/wollen, schade.

5

Sven | 14.12.2023 16:34 Uhr

das ist nicht billig...

Das ist mit über 6.000,-EUR/m2 Netto sogar arg teuer.! Da wird Nachahmung schwer möglich sein für den Kioskbetreiber vom Nachbarkiez.

4

Hirsch | 14.12.2023 16:06 Uhr

Top

Sehr schöne Verbesserung der bisherigen Situation!

3

romanescp | 14.12.2023 15:58 Uhr

Man hats nicht leicht

Ja, das ist ein feinsinnig gestaltetes Stadtmöbel und ein freundlicher Ort in einer ansonsten eher rauhen Umgebung. Eine gelingende Intervention.
Berlin, die große graue Ignorante, zeigt sich jedoch schon auf den Fotos in kaum zu übertreffener Selbstironie, wenn man es nicht Selbstsarkasmus nennen will: Auf Hüfthöhe abgesägte Bäume, offenbar kerngesund. Diese Stümpfe bleiben dann gerne mehrere Jahre so stehen, vielleicht als Mahnmal, vielleicht als Ausdruck bezirksamtlicher Kapitulation, vielleicht als nonchalanter Hinweis darauf, dass man davon ausgeht, immer noch genug Stadtgrün zu haben, jedenfalls mehr als Paris und Tel Aviv. Auf alle Fälle aber als unfreiwillig-fragwürdiger Kontext für einen Holzbau.
Der sympathische, angenehm wenig auftrumpfende Holzpavillon ist bedauerlicherweise permanentem Graffitti-Druck ausgesetzt. Heilig is nüschte.

2

auch ne | 14.12.2023 15:58 Uhr

wutz

"Das Café Leo ist ein temporäres Gebäude. Das sollte man beim Blick auf das helle Holz bedenken. Die projektierte Nutzungszeit des Hauses liege bei maximal zehn Jahren, sagt Buhl"

hahaha, der is gut!

TEMPORÄR

mal davon abgesehen dass JETZT schon poster drankleben, von innen veranstaltungskarten- und kleber, graffiti....
leider perlen vor die säu! nicht abschätzig, nur beobachtend...

1

peter | 14.12.2023 15:33 Uhr

mehr davon!

wenn 400.000.000 euro für ministerien vorhanden sind, dann auch 200.000 für solche projekte.

 
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