Die jüngste Geschichte der von Frei Otto und Carlfried Mutschler zur Bundesgartenschau 1975 in Mannheim konzipierten Multifunktionshalle füllt bereits mehrere BauNetz-Meldungen: beginnend 2016 mit dem drohenden Abriss, über Ideen und Inititativen zur Weiternutzung, bis hin zum endgültigen Beschluss der Revitalisierung. Dazwischen wurden Fotos und Modelle des „Raumwunders“ online und bei der Venedig-Biennale ausgestellt sowie ein offener Ideenwettbewerb unter dem Titel „Democratic Umbrella“ durchgeführt. Dieser endete im Frühling 2019 mit drei ersten Plätzen. Nun geht die Nutzungs- und Umbauplanung in die nächste Runde: Von den drei Preisträgern aus dem Wettbewerb wurde ein Team mit der Ausarbeitung eines sogenannten Starter-Kits für eine ganzjährig nutzbare „Erstausstattung“ der Halle beauftragt, und zwar die Rotterdamer Architektengemeinschaft COFO Architects und PEÑA architecture.
Vorausgegangen war ein Workshopverfahren im Sommer 2019, in dem die drei erstplatzierten Entwürfe weiterentwickelt wurden. Im Herbst gab es erneut eine Jurysitzung unter Leitung von DAM-Direktor Peter Cachola Schmal, die schlussendlich das Konzept mit dem Titel Hallen Allee von COFO und PEÑA als das „mit dem größten Entwicklungspotential und der höchsten architektonischen Qualität“ für die Beauftragung auswählte. Nun liegt das überarbeitete Planmaterial der Niederländer vor. In dessen Mittelpunkt steht eine als „Herzschlagader“ bezeichnete Allee, die – vom Stadtzentrum durch den Herzogenriedpark führend – verschiedene Stationen und Aktivitäten, die „Democratic Umbrellas“, aufnehmen soll.
Die Multihalle selbst wird durch eine klimatische Öffnung nur noch Wind- und Witterungsschutzhülle sein, als beheizbare Innenräume sind lediglich das vorhandene Restaurant, die unter der derzeitigen halbkreisförmigen Tribüne liegenden Büros und der Raum unter der künftigen Bühne vorgesehen. Die räumliche Organisation wird an vier „Hauptkatalysatoren urbanen Lebens“ ausgerichtet: Zelt/Platz, Plattform/Tribüne, Platte/Atrium und Dach/Bühne. Der Innenausbau – derzeit als Mindestausstattung konzipiert, die bei Bedarf erweitert werden kann – soll schrittweise über mehrere Jahre erfolgen, um einen Aneignungsprozess durch die Mannheimer zu ermöglichen. Bei der künftigen ganzjährigen Bespielung ist von Festivals und Aufführungen über Konferenzen und Workshops bis zu Ausstellungen vieles möglich.
Dass die Halle nun statt dem Abriss einer Sanierung und Neubelebung entgegenblickt, ist mehreren engagierten Akteuren zu verdanken, insbesondere dem von der Architektenkammer Baden-Württemberg ins Leben gerufenenen Verein zum Erhalt des Bauwerks, aber auch dem Möbelhersteller Wilkhahn. Dieser richtete 2018, anlässlich des 30. Geburtstages der von Frei Otto entworfenen Produktionshallen am Unternehmensstandort in Bad Münder, ein hochkarätig besetztes Symposium zu Ottos ideellem Erbe aus. Sämtliche Rednerhonorare und Einnahmen gingen an den Verein Multihalle. Dazu kommen rund 4,7 Millionen Euro aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ des Bundes sowie 9,2 Millionen von der Stadt. Ziel ist die Umsetzung des Projektes parallel zur Sanierung des Daches bis zur BUGA 2023. (da)
Auf Karte zeigen:
Google Maps