Wem der Jakobsweg auf den letzten Metern zu beschwerlich wird, hat fortan die Möglichkeit, per Überlandbus direkt am Hauptbahnhof in der galizischen Hauptstadt Santiago de Compostela anzukommen. Dort wurde nach Plänen des international agierenden und in Bilbao ansässigen Architektur-, Ingenieur- und Beratungsunternehmens IDOM ein Busbahnhof errichtet. Er eröffnet die Perspektive von der Stadt auf die Landschaft, weckt mit seiner geschwungenen, beleuchteten Dachkante Assoziationen an Tankstellenarchitekturen der 1950er Jahre und markiert das Unterwegssein und Ankommen in der Pilgerstadt – was bekanntlich eine lange Geschichte hat.
Mit dem Anschluss von Santiago de Compostela an das Eisenbahnnetz wurde die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts auch per Bahn erreichbar. 1943 eröffnete der Hauptbahnhof im Süden des Zentrums. Seither begrenzte sein Gleisbett und ein Höhengefälle in dieser Richtung den historischen Kern Santiagos. Diese Trennung hatte aber nicht nur Nachteile: Im Schatten dieser baulichen Barriere blieb das Ufer des Sars als Naturerbe und Parque de las Brañas erhalten.
Der Umbau des Bahnhofes (2017-2021) nach Plänen von estudio Herreros (Madrid) zum intermodalen Verkehrsknoten sollte auch die Trennung von Innenstadt und Stadtrand aufheben: Seither überwindet ein Fußgängerübergang das Gleisbett und den Höhenunterschied von über 20 Metern zwischen der im Norden gelegenen Rúa Horreo und der neuen Platzanlage Clara Campoamor. Doch nicht nur die südliche Nachbarschaft wurde damit an die Innenstadt angebunden.
Auch der zweigeschossige Busbahnhof ist für die Passagiere über die Fußgängerbrücke zugänglich. Hier liegen ein Café mit Aussichtsterrasse sowie Service- und Verwaltungsbereiche. Das auskragende Dach sorgt für Verschattung nach Südwesten und im Nordosten mit zusätzlichen Oberlichtern für indirektes Tageslicht in den Büros. Über im Gebäudekern angeordnete Treppen und Lifte sind von hier aus die Haltebuchten für den Stadt- und Überlandverkehr zugänglich. Die Stadtbusse im Süden sind längs angeordnet, um Wartende vor Regen zu schützen.
Auch das auskragende Dach aus Metallprofilen mit seiner hinterleuchteten ETFE-Verkleidung an der Südseite soll vor Regen und direkter Sonneneinstrahlung schützen. Durch die Verschattung erübrige sich, wie die Planer*innen schreiben, die Nutzung der Klimaanlage über „viele Tage im Jahr“. Die Baukosten werden mit 7,6 Millionen Euro angegeben. (jvm)
Fotos: Aitor Ortiz
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