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22.07.2022

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Thinktank Bauakademie

Bundesstiftung bereitet Realisierungswettbewerb vor


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Es ist deutlich stiller geworden um die Bundesstiftung Bauakademie, seit die Farce um den ersten Gründungsdirektor Florian Pronold mit dessen Rücktritt vor Amtsbeginn beendet wurde und stattdessen der Bauökonom Guido Spars zum 1. September 2021 das Amt antrat. Die Stille ist aber produktiv: Hinter den Kulissen wird intensiv am Aufbau der neuen Bundesstiftung und deren inhaltlicher Ausrichtung gearbeitet sowie die Ausschreibung des Architekturwettbewerbs vorbereitet. Denn die „Wiedererrichtung“ der Schinkel’schen Bauakademie, wie sie laut Stiftungssatzung eines der vordringlichsten Ziele der neuen Bundesstiftung ist, beginnt natürlich nicht erst bei der Grundsteinlegung, sondern bei den Formulierungen des Wettbewerbs: Wird dort eine vollständig originalgetreue Rekonstruktion der historischen Fassade fest vorgeschrieben oder werden auch größere geistige und gestalterische Freiheiten möglich sein?

An der Intensität, mit der die So-viel-Schinkel-wie-möglich-Debatte in den letzten Jahren geführt wurde, ist abzulesen, wie sehr nun wohl auch um diese Wettbewerbsformulierungen gestritten werden wird. Die Bundesstiftung Bauakademie hat dazu eine Expert*innenkommission als „Thinktank Wettbewerb“ berufen, die sich im August, September und Oktober an vier Tagen treffen wird, um dann möglichst griffige Handlungsempfehlungen für die Ausschreibung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) auszusprechen. Die Frage muss ja gestellt werden, wie der Wunsch der Bundesregierung nach einem höchst zeitgenössischen Ausstellungs-, Forschungs- und Veranstaltungsgebäude mit den historischen Vorlagen und den erhaltenen Fragmenten der Originalfassaden der Bauakademie in Einklang gebracht werden können.

Die personelle Zusammensetzung der 17-köpfigen Kommission ist insofern interessant und lädt, da sie nur zum geringsten Teil aus den „üblichen Verdächtigen“ des Berliner Stadtmitterekonstruktionsdiskurses besteht, zu gewissen Rückschlüssen ein. Da sind auf der einen Seite jene, die sich vermutlich eher für eine möglichst weitgehende Rekonstruktion der Fassaden stark machen werden wie die Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, der Architekturhistoriker und -soziologe Harald Bodenschatz oder der Schinkel-Experte aus dem Stadtmuseum Berlin, Jan Mende. Diese sind jedoch keinesfalls in der Mehrheit. Denn ein deutlich stärkeres Gewicht haben die Stimmen, die für Nachhaltigkeit und zirkuläres Bauen stehen wie zum Beispiel die Urban-Mining-Spezialistin Annette Hillebrandt von der Universität Wuppertal, Elisabeth Broermann von Architects for Future Deutschland, der Berliner Holz- und Lehmbauspezialist Eike Roswag-Klinge oder Annabelle von Reutern von einer Fachberatungsfirma für Baustoffrecycling. Auch Stimmen wie die von Theresa Keilhacker (Architektenkammer Berlin), Jan Krause (Hochschule Bochum) und dem Chef des Berliner Landesdenkmalamts, Christoph Rauhut, werden sich wohl eher für einen Wettbewerb aussprechen, bei dem progressivere Lösungsansätze nicht von vornherein ausgeschlossen werden.  

In den Handlungsempfehlungen, die am Ende des Thinktanks stehen werden, sollen explizit auch „Zielmarken des nachhaltigen Bauens, z.B. zur Lebenszykluskostenbetrachtung, zum ressourcenschonenden Materialeinsatz, zu digitalisierten Planungs-, Bau- und Nutzungsprozessen sowie zur Rekonstruktion enthalten“ sein, so die Bundesstiftung. Und weiter: „Als Labor für die Zukunft des Planens und Bauens ist die Bauakademie nachhaltig-klimagerechten Bauweisen und interdisziplinären Forschungsansätzen verpflichtet. Diese Prinzipien wird die Bauakademie auch auf die Planung ihres künftigen Gebäudes am Schinkelplatz übertragen.“ Über die „Verpflichtung zu einem respektvollen Umgang mit der historischen Bauakademie“ hinaus müsse der Neubau auch „eine räumlich-bauliche Demonstration der Werte und Ziele der Bundesstiftung Bauakademie ermöglichen.“ Für Diskussionsstoff ist also reichlich gesorgt. Mit der Auslobung des Architekturwettbewerbs ist im Frühjahr 2023 zu rechnen.

Beteiligung der Öffentlichkeit: Parallel zu den Expert*innen-Workshops des Thinktanks lädt die Bundesstiftung außerdem alle Interessierten ein, an einer „Werkstatt Bauakademie“ teilzunehmen, die sich mit den gleichen Fragen beschäftigen wird. Ergebnisse und Statements sollen direkten Einfluss auf die Diskussionen des Thinktanks haben. Interessierte können sich dazu bis zum 5. August unter werkstatt@bundesstiftung-bauakademie.de anmelden.

Fotos: Andreas Gehrke


Zum Thema:

Webseite der Bundesstiftung Bauakademie


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Kommentare
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5

Antje Bruno (Denk_RaumStadt) | 29.07.2022 13:45 Uhr

Bauakademie

Bei aller Wertschätzung für den baukulturellen Wert und die radikale Modernität der historischen Bauakademie sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass es sich um ein verlorenes Baudenkmal handelt. Dass die Institution als „Labor für die Zukunft des Planens und Bauens“ mit dem Fokus auf die Herausforderungen unserer Zeit wiederbelebt werden soll, ist eine positive Wendung in dem seit 1990 andauernden Prozess. Auch die Anlehnung an Schinkel ist unter diesem Aspekt mehr als legitim – denn Schinkels Bauschule war nicht nur architektonisch-konzeptionell innovativ, sie war auch in der Materialwahl hochgradig nachhaltig. Gefertigt als Sichtmauerwerk aus Backsteinen, mit dem regionalen Baustoff Ton, unterstützte Schinkel die brandenburgische Ziegelindustrie und verlangte dieser neue Qualitätsstandards ab.
Die Gestaltung der äußeren Hülle des Neubaus sollte zu der Institution, die es beherbergen wird, passen. Ist es vorstellbar, dass der Neubau der Bauakademie, der unter dem Motto "die Zukunft bauen" erfolgt, als eine historische Rekonstruktion errichtet wird? Was damals innovativ und revolutionär war, sollte ins hier und jetzt übersetzt werden. Der historische Bau, der geschützt hätte werden müssen, ist und bleibt verloren. Die Replik eines verlorenen Bauwerks kann keine Zukunftsorientierung symbolisieren. Denn es handelt sich bei diesem Gebäude um einen bedeutungsaufgeladenen Symbolbau in der historischen Mitte Berlins.

4

lutzinger | 25.07.2022 15:18 Uhr

läuft

Läuft es angesichts der illustren Thinktank-Runde auf eine Bauakademie hinaus, die zu 95% aus CNC-gefrästem Bauschutt errichtet wird, verziert mit den originalfragmenten der Schinkelfassade? Schinkel+Schutt? Also ich würde dann unbedingt hingehen und (mindestens) einmal staunen wollen.

3

Peter K | 25.07.2022 12:50 Uhr

Rekonstruktion

Die Bauakademie von K.F.Schinkel gehört zu den epochalen Architekturen der letzten beiden Jahrhunderte. Ihre Rekonstruktion bis ins baukonstruktive Detail, soweit möglich, wäre deshalb ein unschätzbarer kultureller Gewinn. Sie wäre mitnichten vergleichbar mit dem Wiederaufbau der fragwürdigen Architektur des Berliner Schlosses, bei dem auch gesellschaftspolitische Gründe eine Rolle gespielt haben mögen. Sondern eine Rekonstruktion der Bauakademie wäre vergleichbar etwa mit derjenigen des Barcelona-Pavillions von L. Mies van der Rohe. Ein interprtierender Wiederaufbau der Bauakademie, bei dem größere Teile abgewandelt und neu entworfen würden, wäre dagegen geradezu anmassend. Schinkels Name würde benutzt, um einen zeitgenössischen Entwurf zu adeln. Und er wäre zum Verständnis des ganzheitlich entworfenen Originals weitgehend uninteressant. Sie ist auch nicht Teil eines Ensembles wie etwa die Dessauer Meisterhäuser. Wenn man eine Rekonstruktion nicht möchte, sollte man so ehrlich und konsequent sein und an dem Ort eine neue Architektur entwerfen mit den aktuellen städtebaulichen Vorgaben. Und wenn wir denn eine neue Bauakademie benötigen, vielleicht sogar gleich einen neuen, geeigneten Ort suchen. Auf die Marke 'Schinkel' zu setzen und seine Bauakademie weitgehend auf die Form einer Hülle zu reduzieren ohne die ursprüngliche Ganzheitlichkeit des genialen Entwurfs wiederherzustellen, ist eine vertane Chance, baukulturell wertlos und letztlich auch geschmacklos.

2

Lars K | 23.07.2022 16:47 Uhr

Wenn einer...

Wenn einer nicht mehr weiter weiß, dann gründet er nen Arbeitskreis. Wozu bitte braucht es ein vielköpfiges Gremium bei euch in Berlin? Das BBR sollte doch einfach wissen, wie man einen offenen Wettbewerb regelkonform ausschreibt. Nein, Gremien braucht man einzig und alleine um die Verantwortung abschieben zu können oder um die eigenen Entscheidungen besser legetimieren zu können. Was von den beiden Möglichkeiten wird es also hier sein? Und wo steckt Klara Geywitz?

1

spacearc | 22.07.2022 20:45 Uhr

...

de..Schon aus Eigeninteresse nur ein offener Wettbewerb. Eine Bau"AKADEMIE" erfordert das.
Keine Bewerbungsschwellen.

Barrierefrei Herr Spars.

 
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So sieht die Bauakademie derzeit aus: ein hoher Bauzaun, dahinter links der kleine Veranstaltungsraum und rechts die Musterecke von 2002.

So sieht die Bauakademie derzeit aus: ein hoher Bauzaun, dahinter links der kleine Veranstaltungsraum und rechts die Musterecke von 2002.

Ein bei den Ausgrabungen gesichertes Fragment aus den Originalfassaden der Bauakademie

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Zwischen Bauakademie-Attrappe und Berliner Dom: Guido Spars, Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie

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Die Bauakademie von oben: links der Schloss-Neubau, rechts das Außenministerium und im Hintergrund das Staatsratsgebäude

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